Ein Jahr für Luftsprünge war schon 2020 nicht. Eher ein Jahr der Akzentuierung. „Mit dem Stillstand der Weltwirtschaft wurden die Schwachstellen in unserem System klar unterstrichen“, schreibt Johann Christof Partnern und Kunden damals im "Brief des CEO".
Lesen Sie hier über Johann Christof im brandaktuellen Ranking der Top-Manager aus der Steiermark!
Die Nachhaltigkeit bestimme den Ausbau des Portfolios. Obgleich man aus Branchen mit sehr hohen Kohlendioxidemissionen komme, habe man seine Vorreiterrolle auch bei denjenigen eingenommen, „die den Klimawandel aktiv entgegensteuern“. Auf die Märkte Indien, Südostasien oder Afrika blicke man entsprechend „erwartungsvoll“. Und durch diverse Projekte - Gesamtvolumen: mehr als 400 Millionen Euro - habe man bei der Umstellung auf umweltfreundliche Technologien schon bisher einiges beigetragen.
So sind die F&E-nahen Projekte im Firmengeflecht von Christof Industries durchwegs imposant: Man forscht an CCU(Carbon Capture Utilization)-Anlagen, Umweltmonitoringsystemen für Großstädte Asiens oder Wasserstofftechnologien. Alleine 2022 haben 48 ESG-Überprüfungen in der Unternehmensgruppe stattgefunden. Neue, innovative Nachhaltigkeitsprojekte sind maßgeblich auch in der in New Change, London domizilierten Christof Global Impact, die Johann Christofs Sohn Oliver leitet, gebündelt.
Ein Transformationsprozess, der nun jäh überschattet wird. Zwar laufe das operative Geschäft der Ende September in die Insolvenz geschlitterten Anlagenbautochter Christof Industries Austria, Teil der 1900 Mitarbeiter großen, auf Anlagenbau, Industrie-Service und Umwelttechnologien spezialisierten Industriegruppe Christof Industries, nach Auskunft des Unternehmens gut.
Doch der Fall Christof zeigt nicht nur, dass die Energiewende mit ihren geringen Kostendeckungsbeiträgen auf dünnem Eis operiert. Dass nun Jobs wackeln, weil im Brot- und Buttergeschäft, dem konventionellen Anlagenerrichtungsgeschäft für Abnehmer aus der Erdöl- oder Metallindustrie, Zahlungsausfälle die Kosten aus dem Ruder laufen haben lassen, schmerzt. Ein Sanierungsverfahren ist eingeleitet, das Unternehmen soll fortgeführt werden. Indes rätseln Branchenvertreter, ob sich Christof Industries mit seinen 24 Units und Knowhow unter anderem bei Biomassekraftwerken, Flüssiggasanlagen, Gaskühlanlagen oder Waste to Energy-Lösungen nicht überhoben hat. „Ich frage mich, wieviele Vorteile es hat, in schwierigem Marktumfeld so derart breit aufgestellt zu sein“, grübelt einer.
Nie mehr eine wichtige News aus der Industrie verpassen? Abonnieren Sie unser Daily Briefing: Was in der Industrie wichtig wird. Täglich um 7 Uhr in ihrer Inbox.
Hier geht’s zur Anmeldung!
Bauchladen?
Wann also wird aus einem "360-Grad-Angebot", auf das Christof Industries stolz verweist, womöglich ein schwer handelbarer Bauchladen? „Davon kann keine Rede sein“, verlautet aus dem Unternehmen. Dieser Ansatz sei ein „Wettbewerbsvorteil für Kunden und uns“. Das über die Jahre erworbene Prozessverständnis hätte - vom einem annähernd gleichen Kundenstamm einmal abgesehen - auch „gemeinsame Standards gebracht“. Ein Vorteil bei der Entwicklung von Strategien und der Abwicklung von Projekten. "Die Schwachstelle in unserem Umfeld der Industrie" sei immer der "Gap zwischen Engineering und Umsetzung" gewesen. Dieser habe sich mit dem ganzheitlichen Ansatz geschlossen. „Wie sollte es aus Sicht des Industriemarktes ohne Gesamtlösungen funktionieren?"