KV Chemische Industrie 2024 : Chemie-Industrie: Warnstreiks nach sechster KV-Runde in dieser Woche

Takeda Zentrale in Wien

Auch bei Takeda soll es in den nächsten Tagen zu Warnstreiks kommen

- © Takeda

Nach der gescheiterten sechsten Verhandlungsrunde für einen neuen Kollektivvertrag in der Chemieindustrie finden diese Woche ein- bis zweistündige Warnstreiks in verschiedenen Unternehmen statt. In Oberösterreich wollen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Takeda, Greiner, Lenzing AG, Lenzing Plastics, Borealis, Tiger Coatings, Politec und Neveon daran teilnehmen, wie der ORF Oberösterreich am Montag online berichtete.

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Die Gewerkschaften PRO-GE und GPA fordern ein Lohn- und Gehaltsplus in Höhe der rollierenden Inflation von 6,33 Prozent für rund 50.000 Beschäftigte in der Chemieindustrie sowie eine gedeckelte Zahlung für Gutverdiener. Der gewerkschaftliche Chefverhandler Alfred Artmäuer (PRO-GE) betonte im Ö1-Mittagsjournal des ORF-Radio am Montag, dass man "kein Reallohnplus" verlange, da die Rahmenbedingungen "nicht so rosig" seien. Artmäuer drohte mit einem unbefristeten Streik, sollte es bei der siebten Verhandlungsrunde am 17. Juni zu keiner Einigung kommen. Laut Berthold Stöger, dem Arbeitgeber-Chefverhandler vom Fachverband der chemischen Industrie Österreichs (FCIO), war man sich in den Verhandlungen mit der Gewerkschaft "schon sehr nahe".

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Streiks bei Böhringer Ingelheim in Wien am Montag

Am Montag fand beim Pharmakonzern Böhringer Ingelheim in Wien ein Warnstreik statt, an dem 600 Beschäftigte teilnahmen, wie die GPA auf APA-Anfrage mitteilte. Für Dienstag ist ein zweistündiger Warnstreik beim börsennotierten Faserhersteller Lenzing am Stammsitz in Oberösterreich geplant. Arbeitnehmervertreter gaben gegenüber "Ö1" an, dass die Produktion jedoch nicht "abgestellt" werde.

Bei den Kollektivvertragsverhandlungen für die etwa 50.000 Beschäftigten der chemischen Industrie endete auch die sechste Verhandlungsrunde ohne Einigung, berichteten die Verhandlungsleiter der Gewerkschaften PRO-GE und GPA, Alfred Artmäuer und Günther Gallistl. Auf Arbeitgeberseite warnte Verhandlungsleiter Berthold Stöger vor einer Deindustrialisierung.

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Die Gewerkschafter kritisierten, dass das Angebot der Arbeitgeber sich nur im Zehntelprozent-Bereich bewegt habe. Die vorgeschlagenen Lohn- und Gehaltserhöhungen lägen weiterhin deutlich unter der durchschnittlichen Inflationsrate der letzten zwölf Monate. "Wie bereits angekündigt, werden wir daher ab morgen die Arbeit in den Betrieben für zweistündige Warnstreiks niederlegen", erklärten die Gewerkschafter.

Nächste KV-Runde am 17. Juni

Die nächste Verhandlungsrunde ist für den 17. Juni angesetzt. "Wir werden selbstverständlich die gewerkschaftlichen Kampfmaßnahmen auch weiter steigern, wenn in der nächsten Runde kein Abschluss zustande kommt", warnten Artmäuer und Gallistl.

Arbeitgebervertreter Stöger vom Fachverband der chemischen Industrie Österreichs (FCIO) zeigte hingegen "so gar kein Verständnis mehr" für die aus seiner Sicht nach wie vor überzogene Forderung der Arbeitnehmervertretung. "Da weigert sich jemand, die Zeichen der Zeit zu erkennen und an die Zukunft der Branche zu denken", so der Wirtschaftsvertreter laut einer Aussendung: "Es braucht von Seiten der Gewerkschaft mehr Verständnis für die dramatisch schlechte wirtschaftliche Situation unserer Branche."

Stögers Appell an die Arbeitnehmervertretung: "Begreift endlich, was auf dem Spiel steht. Weitere Kostennachteile im internationalen Wettbewerb befeuern die Deindustrialisierung, also die Abwanderung produzierender Betriebe aus Österreich. Und wer einmal weg ist, kommt in der Regel nicht mehr zurück."

Neuer KV sollte schon längst Gültigkeit besitzen

Der neue Kollektivvertrag sollte seit über einem Monat in Kraft sein. "Wir haben im Sinne einer funktionierenden Sozialpartnerschaft viel Geduld bewiesen, aber die erreicht auch einmal ihr Ende. Wir erwarten am 17. Juni endlich einen Abschluss", fordern Artmäuer und Gallistl, "Wir haben aber auch keine Angst, den Konflikt zu führen, wenn die Arbeitgeber weiterhin kein ernstzunehmendes Angebot auf den Tisch legen."

Die Arbeitgeber-Verhandler würden auf Justament-Standpunkten beharren und damit den Konflikt bewusst herausfordern, kritisieren Artmäuer und Gallistl. Sie sollten aber den Ärger der Arbeitnehmer:innen nicht unterschätzen, warnen die Gewerkschafter: "Die Beschäftigten und die Betriebsrät:innen sind wirklich sauer auf die Arbeitgeber-Verhandler:innen. Niemand versteht, warum ausgerechnet in der chemischen Industrie nicht möglich sein soll, was in allen anderen Branchen schon Realität ist: nämlich einen Abschluss über der rollierenden Inflation."

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