Pharmakonzern Boehringer Ingelheim baut nicht in NÖ : Boehringer Ingelheim investiert 1,2 Milliarden Euro nicht in Niederösterreich

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Boehringer Ingelheim legt sein 1,2 Milliarden-Euro-Projekt in Niederösterreich auf Eis

- © Boehringer Ingelheim

Der deutsche Pharmakonzern Boehringer Ingelheim wird den Plan, im niederösterreichischen Bruck an der Leitha eine Produktionsstätte zu errichten, nicht umsetzen. Das Unternehmen verwies am Dienstag darauf, dass der erwartete künftige Bedarf an biopharmazeutischen Produktionskapazitäten durch bestehende Standorte abgedeckt sei. Für das Projekt waren Investitionen von 1,2 Milliarden Euro vorgesehen. Der Betrieb hätte 2026 aufgenommen werden sollen. 800 Arbeitsplätze wären geschaffen worden.

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Die Produktpipeline erfordere eine "klare Fokussierung und Priorisierung", hieß es in einer Unternehmensmitteilung. Ziel sei es, bis 2030 rund 25 neue Wirkstoffe auf den Markt zu bringen. "Deren Produktion wird auch die Einführung neuer Herstelltechnologien erforderlich machen. Demgegenüber ist der erwartete künftige Bedarf für Produktionskapazitäten in der Biopharmazie – nicht zuletzt durch die kürzlich in Betrieb genommene Zellkulturanlage in Wien – mit den bestehenden Produktionsanlagen abgedeckt", hieß es weiter.

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Boehringer Ingelheim hat von 2015 bis 2021 eine neue Zellkulturanlage in Wien errichtet

- © Boehringer Ingelheim

Kein Ersatzprojekt geplant

Matthias Sturm, Sprecher von Boehringer Ingelheim RCV, erklärte gegenüber der APA, dass sich das Projekt in Bruck an der Leitha noch in der Planungsphase befinde. Die Produktpipeline habe sich im Zuge eines Evaluierungsprozesses verschoben. Derzeit gebe es keine Pläne für ein Ersatzprojekt. Trotz der aktuellen Entscheidung wurde ein "Bekenntnis zum Standort Österreich" bekräftigt. In den vergangenen zehn Jahren habe Boehringer Ingelheim über eine Milliarde Euro in den Standortausbau investiert, 2024 soll ein Krebsforschungsneubau eröffnet werden.

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In dem biopharmazeutischen Werk in der niederösterreichischen Bezirksstadt, das nach Plänen aus dem Vorjahr BioNex heißen sollte, sollten Medikamente gegen Krebs, Herzinfarkt und Schlaganfall hergestellt werden. Es hätte ein ähnliches Werk werden sollen wie jenes, das Boehringer Ingelheim von 2015 bis 2021 in Wien errichtet. Dort wurden 700 Millionen Euro investiert. Das geplante Werk in Bruck an der Leitha wurde Anfang April 2022 in Anwesenheit der damaligen Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck sowie von Landeshauptmann Johanna Mikl-Leitner (beide ÖVP) und dem Brucker Bürgermeister Gerhard Weil (SPÖ) der Öffentlichkeit als gelungenes Projekt vorgestellt.

Matthias Sturm, Sprecher von Boehringer Ingelheim RCV
© Boehringer Ingelheim RCV

"Äußerst schmerzhafter Warnschuss für den Wirtschaftsstandort Österreich"

Der anfängliche Jubel hat sich inzwischen gelegt. In Niederösterreich hat man "diese Konzernentscheidung mit großem Bedauern zur Kenntnis" genommen, wie es Jochen Danninger, Klubobmann der ÖVP im Landtag und Vorsitzender des Ecoplus-Aufsichtsrates, ausdrückt. Er hatte das einstige Vorzeigeprojekt im Vorjahr noch als damaliger Wirtschaftslandesrat begleitet. Den jetzigen Schritt wertete er als "äußerst schmerzhaften Warnschuss für den Wirtschaftsstandort Österreich".

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Dennoch werde am Biotech Campus Hainburg festgehalten, betonte Mikl-Leitner in einer Aussendung. "Die in der Region ansässigen Biotech-Firmen wie Takeda und Pfizer haben großen Bedarf an Fachkräften im Bereich der Biotechnologie. Daher investieren wir weiterhin in den Campus und setzen den geplanten FH-Lehrgang und das neue Gymnasium um."

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"Maßlos enttäuscht über die Entscheidung des Konzerns" zeigte sich indes Bürgermeister Weil. Schließlich seien die Vorarbeiten dafür ja bereits geleistet worden. Als "eine Katastrophe für den Wirtschaftsstandort Niederösterreich" bezeichnete SPÖ-Landesparteivorsitzender Landesrat Sven Hergovich die Entscheidung des Unternehmens. "Es braucht einen Schulterschluss aller Parteien und Sozialpartner, um ein rasches und möglichst gleichwertiges Alternativinvestment für die Region und damit Arbeitsplätze zu sichern", forderte er.