Zulieferer in der Krise : AMS alarmiert: Kommt die nächste Kündigungswelle bei Steyr Automotive?

Hauptsitz Steyr Automotive in Steyr, Oberösterreich

Müssen demnächst weitere Mitarbeiter Steyr Automotive verlassen?

- © Steyr Automotive

„Über den Betriebsrat haben wir erfahren, dass Kündigungen ins Haus stehen und dass das Frühwarnsystem beim Arbeitsmarktservice ausgelöst worden ist“, sagt Wolfgang Gerstmayer, Geschäftsführer der GPA in Oberösterreich. Bei einer Betriebsversammlung Anfang dieser Woche sei der drohende Stellenabbau thematisiert worden: Um wie viele Arbeitsplätze es genau geht, könne er nicht sagen - die Zahlen des AMS seien ihm noch nicht bekannt.

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Laut Gerstmayer laufen bei Steyr Automotive aber bereits Gespräche mit den betroffenen Mitarbeitern. Sie werden darüber informiert, dass sie ihren Arbeitsplatz verlieren werden.

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Volta Trucks insolvent: Was bedeutet das für Steyr Automotive?

Erst im September wurde bekannt, dass Steyr Automotive 260 Beschäftigte beim Frühwarndienst des Arbeitsmarktservice für die Entlassung angemeldet hat. Es müsse weiter an der Senkung der Kostenstruktur gearbeitet werden, betonte das Unternehmen damals. Das Unternehmen, das zum Zeitpunkt der Übernahme durch Siegfried Wolf noch 2.300 Beschäftigte zählte, soll auf 1.400 Beschäftigte reduziert werden, davon sollten ursprünglich rund 700 in der Volta-Fertigung arbeiten. Durch die Insolvenz von Volta vor zwei Wochen stehen nun aber weitere Arbeitsplätze auf dem Spiel. "Die notwendige Anpassung der Kostenstrukturen zwingt uns auch zu einer Reduzierung des Beschäftigtenstandes, insbesondere im Bereich der Angestellten", bestätigte das Unternehmen am Donnerstag Medienberichte. Über Zahlen gab es aber keine genaue Auskunft.

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Im März 2022 stellt Steyr Automotive vorübergehend seine gesamte Produktion ein. Hintergrund seien Lieferschwierigkeiten bei Kabelbäumen aus der Ukraine, so das Unternehmen. Ebenfalls im September liefen die letzten Lkw der Marke MAN vom Band. Als Siegfried Wolf im Sommer 2021 das MAN-Werk rettete, wurde auch ein zweijähriger Übergangsvertrag vereinbart, um für den deutschen Lkw-Hersteller zu fertigen. Eine Art Schonfrist, in der Wolf neue Kunden, Aufträge und eine neue Vision für den Standort gewinnen soll. Bei der Übernahme war die Akquisition neuer Aufträge im Bereich Elektromobilität ein zentrales Element im Zukunftskonzept von Siegfried Wolf für Steyr Automotive.

So ist es gelungen, einen Auftrag für die Serienproduktion des vollelektrischen E-Trucks des schwedischen Start-up-Unternehmens Volta an Land zu ziehen. Eine Kapazität von 14.000 Fahrzeugen pro Jahr wurde für die Produktion der E-Trucks in Steyr reserviert.

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Doch nun kommt alles anders: Volta Trucks, das schwedische Start-up-Unternehmen für Elektro-Lkw, sah sich aufgrund von Störungen in der Lieferkette gezwungen, Insolvenz anzumelden. Die erst im Frühjahr gestartete Serienproduktion des E-Lkw war durch Lieferengpässe bei Batterien nach der Insolvenz eines US-Zulieferers ins Stocken geraten.

Volta Trucks wollte das Produktionsvolumen der Lkw, die bei Steyr Automotive in Serie gegangen sind, in den kommenden Jahren schrittweise erhöhen. 700 Arbeitsplätze sollten dazu in Steyr und weitere 2.000 in der Zulieferkette geschaffen werden. Der Volta-Auftrag beschäftigt bei Steyr Automotive derzeit 150 Mitarbeiter. Laut Unternehmenssprecherin Susanne Wurm sind die Mitarbeiter derzeit "zu Hause" und bauen ihre Zeitkonten ab. Weitere Maßnahmen wie Kurzarbeit würden geprüft.

Siegfried Wolf MAN Steyr
Siegfried Wolf, Eigentümer von Steyr Automotive - © FOTOKERSCHI.AT / KERSCHBAUMMAYR

Volta Trucks: Einst vielversprechend

Der Konkurs von Volta Trucks ist ein Beispiel dafür, wie Herausforderungen in der Lieferkette selbst vielversprechenden Elektrofahrzeugprojekten zum Verhängnis werden können. Der Lkw-Hersteller hat nach der Insolvenz seines Batterielieferanten Proterra im August 2023 in Schweden ein Insolvenzverfahren eingeleitet. Diese unerwartete Entwicklung hatte einen erheblichen Einfluss auf die Produktionspläne von Volta Trucks und führte zu einer deutlichen Reduzierung des geplanten Produktionsvolumens der Fahrzeuge.

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Die anhaltende Unsicherheit in Bezug auf die Lieferung von Batterien hat die Fähigkeit des Unternehmens, sich das erforderliche Kapital in dem derzeit schwierigen Finanzierungsumfeld mit hohen Zinssätzen zu sichern, zusätzlich erschwert. Das einst vielversprechende Unternehmen konnte mit der Investmentgesellschaft Luxor Capital als größtem Einzelinvestor mehr als 360 Millionen an Finanzmitteln aufbringen. Im April 2022 verfügte Volta Trucks nach eigenen Angaben über einen Auftragsbestand von rund 6.000 Fahrzeugen mit einem geschätzten Umsatz von 1,2 Milliarden Euro.

die rundum verglaste Kabine sorgen für ein weites Sichtfeld von 220 Grad und reduzieren die gefährlichen toten Winkel
Volta-Produktion in Steyr - © Steyr Automotive