Führung : Strabag: Kerstin Gelbmann folgt Alfred Gusenbauer als Aufsichtsratsvorsitzende
Der ehemalige österreichische Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, langjähriger Vorsitzender des Aufsichtsrats der Strabag, „legte am Ende der heutigen Aufsichtsratssitzung sein Mandat mit Ablauf des 31.12.2023 aus persönlichen Gründen vorzeitig zurück“, heißt es in einer knappen Aussendung der Strabag vom gestrigen Dienstag. Ihm folgt ab 1.1. 2024 das langjährige Aufsichtsratsmitglied Kerstin Gelbmann als neue Vorsitzende des Aufsichtsrates nach.
>>> Interview: Frau Kerstin Gelbmann, wie ist das eigentlich mit…?
Kerstin Gelbmann, 49, leitet seit 2007 die grosso holding und seit 2010 die Austro Holding, die 2010 gegründet wurde. Kerstin Gelbmann hat Handelswissenschaften an der Universität Wien studiert. Im Anschluss an ihr Studium war sie bei der Auditor Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft mbH tätig, die zunächst als Repräsentanz und in weiterer Folge als vollwertiges Mitglied von Arthur Andersen in Wien tätig war.
Gusenbauer geht zum Wohle der Strabag?
Bei Signa wird Gusenbauer dagegen zunächst seine Funktionen behalten. Sowohl bei der Signa Prime Selection als auch bei der Signa Development ist Gusenbauer Aufsichtsratschef. Die beiden Töchter bilden das Kerngeschäft der Signa Holding des Immobilienunternehmers René Benko. Diese befindet sich derzeit in einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Gusenbauer war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
>>> Österreichs 1.000 Top-Manager
Der knappen Aussendung der Strabag vom gestrigen Dienstag war jedoch eine persönliche Erklärung Gusenbauers beigefügt, in der er sich zum Rückzug bei der Strabag äußert (siehe Kasten). Sein Mandat bei der Strabag hat Gusenbauer aufgrund der öffentlichen Diskussion um die Signa zurückgelegt. So wolle er vermeiden, „dass irgendein Reputationsschatten auf die Strabag fällt, die im Übrigen keine besonderen Geschäftsbeziehungen mit der Signa unterhält“.
>>> Konkurse in Österreich: Immer mehr Unternehmen stehen vor dem Aus
Der ehemalige Chef und Gründer der Strabag, Hans Peter Haselsteiner, gehört zu den Signa-Investoren. Er bleibt der Signa über seine Familienstiftung weiterhin geschäftlich verbunden. Hans Peter Haselsteiner hat die Strabag zu einem bedeutenden Player in der europäischen Baubranche aufgebaut. Mehr als 40 Jahre lang hat er an der Spitze von Österreichs größtem Baukonzern die Richtung vorgegeben. Im Jahr 2013 zog sich Hans Peter Haselsteiner von der Spitze des Konzerns zurück.
Erklärung von Alfred Gusenbauer zum Rückzug von der Strabag
„Die öffentliche Diskussion über einzelne in Schieflage geratene Signa Gesellschaften, deren Aufsichtsratsvorsitzender ich bin, veranlasst mich, das Aufsichtsratsmandat und damit auch den Vorsitz der STRABAG SE per 31.12.2023 zurückzulegen.
Ich will vermeiden, dass irgendein Reputationsschatten auf die STRABAG fällt, die im Übrigen keine besonderen Geschäftsbeziehungen mit der Signa unterhält.
Außerdem fühle ich mich auch gesundheitlich nicht in der Lage, dem enormen Druck und der Verantwortung, die damit verbunden sind, standzuhalten.
Ich durfte die STRABAG ab 1.7.2010 in den bisher erfolgreichsten Jahren der Konzerngeschichte begleiten.
Mein Dank gilt den Kolleginnen und Kollegen in Aufsichtsrat und Vorstand und den Mitarbeitern des Unternehmens für die stets vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Abschließend bedanke ich mich auch bei den Aktionären der STRABAG, die mir über 13 Jahre ihr Vertrauen geschenkt haben.
Frau Mag. Kerstin Gelbmann wurde in der heutigen Sitzung des Aufsichtsrates zur neuen Vorsitzenden gewählt.
Ich wünsche Frau Mag. Gelbmann und der STRABAG viel Glück und Erfolg auch in der Zukunft“, so Dr. Alfred Gusenbauer.
Verfehlungen Gusenbauers bei der Signa?
„Die Kritik an seiner Aufsichtsratstätigkeit bei der Signa wirft einen Schatten auf seine Aufsichtsratstätigkeit bei der Strabag“, sagte eine Sprecherin des Baukonzerns. Zu den Verfehlungen, die er bei der Signa begangen haben könnte, wollte man keine Stellung nehmen.
Gusenbauers Engagement bei der Signa des Tiroler Investors René Benko war zuletzt mehr als umstritten. Insbesondere nach Berichten des Magazins „News“, wonach der Ex-SPÖ-Chef für die Jahre 2020 bis 2022 Beraterhonorare in Höhe von gut sieben Millionen Euro in Rechnung gestellt haben soll.
Gusenbauers Nachfolgerin Gelbmann verfügt jedenfalls über Aufsichtsratserfahrung. Sie stammt aus der Gruppe um Strabag-Gründer Hans Peter Haselsteiner und den Sanierer Erhard Grossnigg. Letzterer ist seit kurzem Vorstandssprecher der beiden noch nicht insolventen Benko-Immobiliengesellschaften Signa Prime Selection und Signa Development Selection.
Sanktionierter Oligarch Deripaska verkauft Strabag-Anteile
Der mit Sanktionen belegte russische Oligarch Oleg Deripaska trennt sich von seinen Anteilen an der Strabag. Seine Beteiligungsgesellschaft MKAO Rasperia Trading, die rund 27 Prozent am Wiener Baukonzern hält, stellt Deripaska zum Verkauf.
>>> Haselsteiner trennt sich von Deripaska: Was der Strabag jetzt erspart bleibt
Käufer von Rasperia ist die russische Aktiengesellschaft Iliadis Joint Stock Company (JSC). Das teilte die Strabag am Dienstag unter Berufung auf eine entsprechende Beteiligungsmeldung von Iliadis mit. Der Kaufvertrag sei aber noch nicht vollzogen, teilte Strabag mit. Nach mehreren Kapitalschritten war Deripaskas Anteil an der Strabag zuletzt unter die Sperrminorität gesunken. Er lag bei rund 24,1 Prozent von 27,8 Prozent.
Tatsächlich wirksam wird die Anteilsreduktion aber erst, wenn die Kapitalerhöhung eingetragen und die neuen Aktien ausgegeben sind, und zwar im März 2024. Der russische Oligarch gilt als Vertrauter von Präsident Wladimir Putin und steht wegen des Krieges in der Ukraine auf der Sanktionsliste der EU.
Bereits im März 2022 hatte sich die Familien-Privatstiftung um Ex-Chef Hans Peter Haselsteiner aus dem Syndikatsvertrag des Bauriesen Strabag zurückgezogen, was eine grundlegende Veränderung in der Kernaktionärsstruktur zur Folge hatte, jedoch nicht die Eigentümerverhältnisse beeinflusste. Dieser Schritt erfolgte nach gescheiterten Versuchen, den Anteil des russischen Unternehmens Rasperia Trading, zugehörig zum Oligarchen Oleg Deripaska, zu übernehmen.
>>> Haselsteiner trennt sich von Deripaska: Was der Strabag jetzt erspart bleibt
Ursprünglich hatte die Strabag geplant, Russland neben Österreich und Deutschland als Kernmarkt zu etablieren und dort bis zu einem Drittel ihres Umsatzes zu erwirtschaften, eine Strategie, von der sich das Unternehmen 2014 offiziell verabschiedete.