Interview : Frau Kerstin Gelbmann, wie ist das eigentlich mit…?

Austro Holding Geschäftsführerin Kerstin Gelbmann
© Sebastian Reich / Verlagsgruppe News / picturedesk.com

Kerstin Gelbmann, 47, ist seit 2007 Geschäftsführerin der grosso holding sowie der Austro Holding seit deren Gründung in 2010. Das Feld der Unternehmenssanierung hat sie 2002 beim Insolvenzfall Libro für sich entdeckt. Der Sanierer: Erhard Grossnigg. Heute steht sie – mit den Co-Chefs Claudia Badstöber und Walter Karger – an der Spitze eben seines Reichs. Dem INDUSTRIEMAGAZIN gab sie jetzt ein Interview.

Wie war das damals eigentlich, Frau Gelbmann – wie kamen Sie über den Libro-Fall in Ihr jetziges Berufsfeld?

"Das Platzen der Dotcom-Blase 2001 erlebte ich hautnah als Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin bei der Auditor, damals Teil von Arthur Andersen, mit dem Prüfungsmandat bei Libro mit. Die bei Libro anstehende Unternehmenssanierung fand ich packend, dann habe ich ein Interview von Grossnigg gelesen. Grossnigg imponierte mir: Einer der leidenschaftlich gern arbeitet, einer der dieselben Werte vertritt wie ich selbst. Und damit war es Zeit für eine Veränderung und habe ich mich aktiv bei ihm beworben."

Gelbmann Kerstin, Austro Holding
Seit 2007 Geschäftsführerin der grosso holding sowie der Austro Holding seit deren Gründung in 2010: Kerstin Gelbmann - © Austro Holding
Grossnigg imponierte mir: Einer der leidenschaftlich gern arbeitet, einer der dieselben Werte vertritt wie ich selbst.
Kerstin Gelbmann

Kerstin Gelbmann und Erhard Grossnigg (dritter von links) bei 100-Jahres-Feierlichkeiten von Gaulhofer.

- © FMTI/Marko Kovic / OTS

Seit 2018 gibt es die zur Büromöbelgruppe BGO, zusammengeführt aus Hali, Bene und Neudoerfler. Hier gelang, was vielen Gruppen nicht gelingt: eine gemeinsame Eigentümeridentität zu stiften. Wie ist das eigentlich mit der BGO und dem Büromöbelmarkt im Allgemeinen, Frau Gelbmann – geht sich das Ziel, bis 2023 in die Top 3 in Europa aufzusteigen, noch aus? Oder sehen Sie vielmehr Gewitterwolken aufziehen?

"Rutschen wir in eine Rezession, ist der Büromöbelmarkt der erste Markt, der darniederliegt. Aber so weit sind wir nicht. Wir erzielten im Februar einen Auftragseingang von deutlich über 20 Millionen Euro. Das ist in Ordnung. Aber zeichnen sich Rückgangstendenzen ab, ist das ein Bereich, in dem wir Einsparungen vornehmen müssen. 2008/2009 ist die Büromöbelbranche um die Hälfte eingebrochen. Wir werden uns bestmöglich vorbereiten müssen. Bei all dem, was wir in den aktuellen Krisensituationen erleben, sind wir – aus der Restrukturierung kommend – sicher erprobter als andere."

Kerstin Gelbmann mit Landeshauptmann Hermann Schützenhofer beim Besuch des Gaulhofer-Fensterproduktion in Übelbach.

- © Foto Fischer

Ankerbrot rutschte 2014 in die Verlustzone. Grossnigg, der seit den Siebzigern über 100 Unternehmen saniert oder restrukturiert hat, sagte damals: "Da müssen wir ordentlich umrühren." Seit 2018 ist der Ankerbrot-Chef Walter Karger – gemeinsam mit Gelbmann in der Austro Holding-Geschäftsführung. Im Vorjahr stoppte Karger das Neubauprojekt einer Produktion in Simmering mit dem Argument, eine derartige Investition sei zukunftsgefährdend. War das eine gemeinsame Entscheidung, Frau Gelbmann? Wie funktioniert die Arbeitsaufteilung eigentlich?

"Wir haben zwar den Neubau in Simmering abgesagt, aber soeben erfolgte der Spatenstich zum 56-Millionen-Euro-Ausbau des Bäckerei-Standorts in Lichtenwörth. So etwas ist natürlich eine Gemeinschaftsentscheidung bzw. ist dies für unsere Gruppe so bedeutend, dass auch der Aufsichtsrat der Austro Holding selbst (nicht nur der von Ankerbrot) eingebunden ist. Die Verhandlungen mit den Kunden und Lieferanten führt natürlich Herr Karger, der Ankerbrot operativ leitet. Aber über jegliche Strategie in Sachen Ankerbrot stimmen wir uns ab und entscheiden wir gemeinsam, so wie umgekehrt er mein Sparring Partner bei den von mir verantworteten Firmen ist. Wenn wir uns abstimmen, kommt immer etwas Besseres hervor."

"Europa sollte bitte ein Industriestandort bleiben können."
Kerstin Gelbmann

Besseres liegt bekanntlich in der Zukunft. Ist diese auch digital, Frau Gelbmann?

"In unserer Drittelbeteiligung AH & Capital Partners gehen wir stärker in digitale Geschäftsmodelle und streben Beteiligungen an etablierten Softwareherstellern an. Nach der Beteiligung an einem Onlinehändler sind wir in der Übernahmephase eines Schweizer IT-Unternehmens. Die darauffolgende Akquisition in der grosso holding wird wieder ein IT-Unternehmen bzw. ein Anteil daran sein. Daran habe ich lange gearbeitet. Die Russlandkrise bringt aber Sand ins Getriebe. Wir überlegen, wieweit der Mitteleinsatz gerechtfertigt ist."

"Wenn wir uns abstimmen, kommt immer etwas Besseres hervor."
Kerstin Gelbmann

Gutes Stichwort. Wie sehen Sie das eigentlich, Frau Gelbmann, mit der europäischen Energiesouveränität?

"Ich hätte mir darunter auch Atomenergie vorgestellt. Die Speicherkapazitäten bei Wind und Solar erfüllen nicht annähernd eine kontinuierliche Quote, um davon auskömmlich leben und wirtschaften zu können. So gesehen haben wir ein Problem. Flüssiggas zu horrenden Preisen und auch nicht „ordentlich“ hergestellt, zu importieren, ist auch nicht die beste Lösung. Und Europa sollte bitte ein Industriestandort bleiben können."

Kerstin Gelbmann hat "eigentlich" noch viel mehr gesagt. Das vollständige Interview lesen Sie hier!