Upcycling in der Industrie : Montanwerke-CCO Schmidt: "Bahnzwang keine gute Idee"

Uwe Schmidt, CCO Montanwerke Brixlegg

"Wir müssen in den USA sourcen - obwohl alles da wäre, was wir brauchen." Uwe Schmidt, CCO Montanwerke Brixlegg

- © Montanwerke Brixlegg

"Gut gedacht, schlecht gemacht": Auf diese einfache Formel bringt Uwe Schmidt den "Bahnzwang". Eine Gesetzesinitiative aus Österreich, die dem CCO der Montanwerke Brixlegg, Tiroler Hersteller von Kupferhalbzeugen, gerade sauer aufstößt.

Seit dem Jahresbeginn darf – ab einer Menge von zehn Tonnen und mehr als 300 Kilometern Distanz – Abfall nur mehr per Bahn oder gleichwertig nachhaltigen Lkw transportiert werden. Ab 2024 (200 Kilometer) und 2026 (100 Kilometer) wird das Regime noch einmal deutlich verschärft. Das torpediert das Geschäftsmodell des Unternehmens, das seit 1977 hochreines Kupfer vollständig aus Sekundärmaterialien, recyceltem Kupfer, produziert und dabei viel sparsamer mit Energie haushält als es eine Gewinnung aus Erzen bringen würde. Und zwar mehrfach.

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# Ich sag' "Klima", er sagt "Upcycling seit ´77".
# Zirkulär-Ziel des Unternehmens: Fortsetzung des Geschäftsmodells trotz Mehrkosten - Stichwort Bahnzwang.
# Love-nature-Bonus: Strom aus dem Achensee.

Bei Mengen von zehn bis 25 Tonnen bekommen die Tiroler Kreislaufwirtschafter und ihre Schrott-Lieferanten schwer die erwünschten Waggon-Ladungen oder sogar Ganzzüge voll. Kosten und Zeit vervielfachen sich.

"Die Wirtschaftlichkeit und Planbarkeit der Lieferungen ist nicht mehr gegeben", schildert Schmidt. Nicht jeder Verarbeiter oder Metallhändler, den die Montanwerke im Lieferantennetz führen, verfügt über einen eigenen Bahnanschluss. Schon beim Ausdealen der Jahresverträge 2023 bekamen die Tiroler die Auswirkungen zu spüren.

Sammeln und upcyceln: Kupferkreislauf beim Tiroler Kupferhalbzeugehersteller Montanwerke Brixlegg

- © photographie christian vorhofer
© photographie christian vorhofer

Schrott-Sourcing: statt aus der Nachbarschaft aus den USA

"Den einen oder anderen Lieferanten zieht es nun in die Nachbarmärkte wie Deutschland oder Italien, um weiterhin auf ihre Kosten zu kommen", sagt er. Die Konsequenz für die Tiroler: Zehn Prozent von Schrotten beziehe das Unternehmen aktuell aus den USA, diesen Wert werde man nach oben schrauben und auch in anderen europäischen Ländern mehr zukaufen. Ein nur leidvoll nachvollziehbares Kuriosum, wenn man bedenke, "die Schrotte in der direkten Nachbarschaft vorrätig zu haben", so der CCO.

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Die Philosophie der Tiroler, das Produkt - unter Aufbringung von Strom aus dem Achensee und einer tadellosen Co2-Bilanz - im Kreislauf zu führen, wird darunter freilich auch nach mehr als vier Jahrzehnten nicht wanken. Auch wenn der Kupfermarkt bei 25 Millionen Tonnen Jahresproduktionsmenge bisher erst vier Millionen Tonnen aus Recycling bezieht: Selbst in Asien boomen die klimasensitiven Lösungen des 350-Mitarbeiter-Unternehmens aus Brixlegg. "Kürzlich konnten wir zwei neue Partner gewinnen", sagt Schmidt. Zu überzeugend sei der Ansatz "Abfall rein, Produkt raus".

Dieser Text ist Auszug des Artikels Die Upcycler aus INDUSTRIEMAGAZIN-Ausgabe 2/2023. In diesem stellen wir die Strategien einer Reihe von österreichischen Unternehmen vor, die mit Circular Economy den Umbruch in der Gütererzeugung anstreben.

Vorstandsteam Gabriele Punz-Praxmarer (CFO), Dietmar Leitlmeier (CTO, links im Bild) und Uwe Schmidt (CCO)

Montanwerke Brixlegg: das Unternehmen

Die Montanwerke Brixlegg sind ein Tiroler Produzent von Kupfer-Halbzeugen mit Sitz in Brixlegg. In Tirol wurden bis ins 20. Jahrhundert Kupfer- und Silbererze gefördert und in Brixlegg zu Reinmetallen raffiniert. Mit dem Ausbleiben des Bergsegens wurden seit etwa 1890 in stark zunehmenden Mengen kupferhaltige Sekundärmaterialien anstelle von Erzen als Rohstoff zur Metallgewinnung eingesetzt. Heute ist die Montanwerke Brixlegg AG ein 100%-iger Upcyclingbetrieb. Mit über 350 Mitarbeitern am Standort Brixlegg gehört die Montanwerke Brixlegg AG zu den wichtigsten Industriebetrieben in Westösterreich. Das Unternehmen, das zu 99 Prozent im Eigentum der Umcor Holding, einer Tochter des Schweizer Rohstoffhandelsunternehmens Umcor AG steht (diese hält auch das restliche ein Prozent), erwirtschaftete 2022 einen Umsatz von 1,192 Milliarden Euro - ein Plus von 44 Prozent zu 2021.

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