AI-Experte Steininger : Machine Learning: "Von Branche zu Branche große Unterschiede"

Theo Steininger hat mit Maxim Greiner das Start-up Erium gegründet. Das Data Science Unternehmen unterstützt Firmen mit Machine Learning Lösungen.

Theo Steininger ist promovierter Physiker. Schon in seiner Doktorarbeit hat er sich mit der Frage beschäftigt, wie man maximale Information aus Daten bekommt. Am Max-Planck-Institut lernte er Maxim Greiner, kennen, mit dem gemeinsam er das Start Up Erium gründete. Das Data Science Unternehmen unterstützt Firmen mit Machine Learning Lösungen.

- © Erium

Theo Steininger will eine Brücke zwischen Data Scientists und Anwendern schlagen. Datenbasierte nachhaltige Lösungen sollen den Workflow – auch in der Industrie, etwa in der Fertigung – massiv erleichtern. Doch wie gehen Produktionsbetriebe am besten an die Themen AI, Machine Learning und Big Data ran?

Darüber spricht der Gründer und CEO von Erium, einem Unternehmen für Datenanalyse, mit dem Podcaster Dennis Rathmann.

Was ist der aktuelle Stand im Maschinenbau und in der Automatisierungbranche, was Machine Learning, KI und Datenverarbeitung angeht?

Theo Steininger:
Extrem heterogen. Ich habe schon alles gesehen – von der Vollautomatisierung, wo es für Machine Learning Use Cases die richtigen Daten gab bis zu Betrieben, die noch gar keine Daten sammeln. Und dann gibt es noch jene, wo zwar Daten vorhanden sind, aber leider nicht die richtigen. Das kann sehr ernüchternd sein. Da gibt es von Branche zu Branche, aber auch innerhalb der einzelnen Verticals, extreme Unterschiede.

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Gibt es so etwas wie eine Vorreiter-Branche?

Steininger:
Automotive ist tendenziell stark digitalisiert und hat dadurch quasi per Zufall Daten, von denen sich damals keiner hätte erträumen lassen, dass sie derart wertvoll werden. Und dann gibt es Branchen, da ist es regulatorisch aufgrund von Sicherheitsaspekten nötig, dass Daten erhoben werden, wie im Pharmabereich.

Es gibt Daten, aber nicht immer die richtigen – welche sind denn die richtigen Daten?


Steininger:
Das ermittelt man in einem Prozess, der zyklisch verläuft. Man geht immer wieder die gleichen Schritte durch, und zwar möglichst schnell, um sich zu vergewissern, was hier der Business Case ist. Und stellt Fragen wie: Was bedeutet es für meinen Prozess? Was bedeutet es für den Datenbedarf? Wo kriege ich die Daten her? Und wie sieht die Infrastruktur aus, auf der das Ganze dann läuft? Am Ende kommt es auf den Use Case an, wenn es denn nicht gerade ein super standardisierter Use Case ist.

Was sind typische Einsatzgebiete in der Industrie? Wo kann eine AI mit großem Mehrwert eingebracht werden?


Steininger:
Ich setze KI jetzt der Einfachheit halber mit Machine Learning gleich. Ich nutze die Technologie erstens, um einen bestehenden Prozess besser zu verstehen und zweitens um einen Prozess vorhersagen zu können. In einem dritten Schritt kann ich damit einen Prozess aktiv steuern. Das ist dann die Königsdisziplin.

Stell dir vor, du hast eine Anlage, die komplex ist, hast ein neues Produkt und die Ausschüsse sind sehr hoch. Du hast 40 Parameter und bist jetzt nicht sicher, weil der Prozess in sich noch nicht so stabil ist, was die Ursache für den hohen Ausschuss ist. Um herauszufinden, welcher Parameter nun wirklich Einfluss auf die Qualität hat, oder welche Einstellungen du ausprobieren solltest, um möglichst viel über deine Anlage zu lernen, kann ein Machine Learning System hilfreich sein. Denn dieses kann mit großer Komplexität fertig werden.

Ein Kunde von uns hat zum Beispiel an einem bestimmten Parameter herumgedreht, von dem er dachte, er beeinflusst damit die Qualität. Am Ende hat sich herausgestellt, der war überhaupt nicht richtig in der SPS verknüpft und was man gesehen hat, war reines Rauschen. Sowas muss man erst mal finden.

Wie sieht der dritte Schritt aus, also die Steuerung?


Steininger:
Stell dir vor, du nimmst nochmal die gleiche Anlage her. Das, was in dem Beispiel gerade der Experte macht – auf eine Veränderung in der Anlage oder in der in den zugelieferten Teilen reagieren – kann ich auch in die Hände des Algorithmus geben. Natürlich nur, wenn das Modell und das Daten-Training auch hinreichend gut sind. Der Algorithmus berechnet dann selbstständig, wie die Anlage nachzuregeln ist.

Dieser Beitrag ist ein Auszug eines längeren Exklusiv-Interviews, das im Magazin Factory erschien!

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