Energieversorgung : Energiekrise: Kühhas hat deutliche Forderung für Swarovski

Christoph Swarovski Industriellenvereinigung

Christoph Swarovski: "Haltlose Vorürfe"

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Die Stellungnahme, die das INDUSTRIEMAGAZIN erreichte, ist nicht gerade zurückhaltend formuliert: Dass Christoph Swarovski als Tiroler IV-Präsident von der Politik staatliche Hilfen für die energieintensive Industrie fordert, sei ein Zeichen von Doppelmoral, formuliert darin der frühere Manager (unter anderem Prinzhorn-Privatstiftung) Georg Kühhas und stellt Swarovski zwei Vorwürfe.

Der erste lautet: „Christoph Swarovski sitzt seit Jahren im Aufsichtsrat der OMV und hat gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen die fast Single Source Strategie des OMV Vorstandes im Gasgeschäft mitgetragen. Er hat die strategische Schieflage der OMV Einkaufspolitik mit zu verantworten und dazu beigetragen, Österreich in eine energiepolitisch schwierige Position zu bringen.“ Anstatt Ministerin Gewessler wegen schlechtem Krisenmanagement zu kritisieren, solle Swarovski daher lieber Selbstkritik üben, meint Kühhas.

Der Vorwurf Nummer zwei bezieht sich auf die niedrigen Energiepreise, von denen gerade energieintensive österreichische Unternehmen profitierten, darunter auch die Swarovski-Gruppe: „Jetzt aufgrund einer veränderten weltpolitischen Situation nach dem Steuerzahler zu rufen und indirekt mit Arbeitsplatzverlusten zu drohen ist alles andere als angebracht. Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren - das ist ein System, das noch nie gut gegangen ist“, kritisiert Kühhas, um am Ende zu fordern: „Christoph Swarovski, leg dein OMV Aufsichtsratsmandat nieder!“

„Christoph Swarovski, leg dein OMV Aufsichtsratsmandat nieder!“
Georg Kühhas

Jahrelange Unstimmigkeiten

Es wäre ein Leichtes den Angriff von Kühhas als eine Retourkutsche für inzwischen lange zurückliegende Kränkungen abzutun. Unter Insidern ist es jedenfalls kein Geheimnis, dass Georg Kühhas als Geschäftsführer der mehrheitlich Christoph Swarovski gehörenden Tyrol Equity Management GmbH bzw. als Vorstand der Tyrol Equity AG fungierte und diese Positionen 2011 bzw. 2010 nicht gerade im Einvernehmen verließ. 2013 gab Kühhas auch seine Anteile ab.

Worum es konkret ging, lässt sich im Einzelnen nur noch schwer nachzeichnen, zumal sich beide Parteien diesbezüglich zugeknüpft geben. Im Protokoll der Hauptversammlung 2012 – zu dieser Zeit bekleidet Kühhas im Unternehmen zwar keine Funktionen mehr, ist aber noch an der Tyrol Equity beteiligt – sind jedenfalls an mehreren Stellen Unstimmigkeiten zwischen ihm und dem Aufsichtsratsvorsitzenden Swarovski bzw. dem Vorstand nachzulesen.

Einmal geht es um Geschäftsordnungsfragen, ein anderes Mal kritisiert Kühhas, dass der Lagebericht des Vorstands ein unvollständiges und falsches Bild der Gesellschaft vermittelt. Noch ein anderes Mal will Kühhas wissen, was der Vorstand mit den liquiden Mitteln der Gesellschaft in der Höhe von 28 Millionen Euro „zu tun gedenke“.

Dass die Stimmung zwischen Kühhas und Swarovski am Ende der gemeinsamen Tätigkeit merklich getrübt war, lässt sich auch aus der Antwort schlussfolgern, mit der Swarovski auf die aktuellen Vorwürfe seines einstigen Geschäftsführers und Mitgesellschafters reagiert. Obwohl er auf Anfrage des INDUSTRIEMAGAZINS im Vorfeld über einen damit beauftragten PR-Berater vieles richtigstellen lässt, beschränkt sich die letztlich von ihm freigegebene Formulierung auf einen einzigen Satz: „Zu haltlosen und unbegründeten Vorwürfen ehemaliger Manager äußere ich mich aus Prinzip nicht“

Viel ist das nicht. Freilich: Christoph Swarovski hat das Aufsichtsratsmandat in der OMV 2019 angetreten. Die Single-Sourcing-Ausrichtung auf russisches Erdgas war zu diesem Zeitpunkt längst beschlossen. Und außerdem: Warum soll ausgerechnet Swarovski dafür eine besondere Verantwortung tragen? Schließlich saßen (und sitzen) im Aufsichtsrat der OMV insgesamt 15 Personen. Dass er seine Kritik an Swarovski aufhänge, liege unter anderem an dessen Funktion als IV-Präsident und an dessen öffentlichen Äußerungen zur aktuellen Krise, sagt Kühhas auf Nachfrage. Andere hätten sich da mit gutem Grund nicht so offensiv zu Wort gemeldet. Er gesteht aber zu, dass der von ihm erhobene Vorwurf, grundsätzlich auch andere OMV-Aufsichtsratmitglieder treffen müsste.

Lesen Sie hier: So will sich die OMV neu erfinden.

„Zu haltlosen und unbegründeten Vorwürfen ehemaliger Manager äußere ich mich aus Prinzip nicht.“
Christoph Swarovski

Wenig Diskussionsbereitschaft

Doch stimmt das? Kann ein Aufsichtsrat für eine Strategie verantwortlich gemacht werden, die lange vor seinem Amtsantritt beschlossen wurde? Und war die Zeit, in der Swarovski amtierte nicht jene, in der der schwerfällige Tanker OMV die Richtung zu ändern begann und den Umbau zu mehr Nachhaltigkeit startete?

Vieles spricht dafür, dass zumindest der erste Vorwurf von Kühhas, nämlich jener einer mangelnden Bereitschaft zur Selbstkritik zwar auf viele langgediente OMV-Verantwortliche zutrifft, mit Christoph Swarovski möglicherweise aber den Falschen trifft.

Gewichtiger wiegt hingegen der Vorwurf, Gewinne privatisieren, Verluste aber zu sozialisieren. Die Corona-Pandemie und jetzt die Ukraine-Krise haben Staatshilfen für Unternehmen tatsächlich zu einer wenig hinterfragten Selbstverständlichkeit werden lassen. So unverzichtbar Kurzarbeit und sonstige Zahlungen während der Pandemie waren, möglicherweise haben sie auch den Untergang des einen oder anderen Unternehmens verzögert, das sonst schon früher gescheitert wäre. Dass mit dem Auslaufen der Corona-Hilfen die Zahl der Insolvenzen steigt, legt diese Interpretation jedenfalls nahe.

Energiepreise
zu stützen, kann einen ähnlichen Effekt erzeugen – auch wenn es im Augenblick gute Gründe für Stützungen geben kann. Den Einwand, in guten Zeiten zu verdienen, in schlechten Zeiten nach staatlichen Hilfen zu rufen, musste sich die Industrie in den letzten zwei Jahren jedenfalls öfters gefallen lassen. Sich hier auf die Position zurückzuziehen, das seien „haltlose und unbegründete Vorwürfe“ bringt die Diskussion darüber ob und, welche Hilfen berechtigt sind nicht weiter. Auch wenn, wie im konkreten Fall, derjenige, der den Ball ins Rollen bringt, möglicherweise auch aus persönlichen Motiven handelt.

Lesen Sie hier: Wie die OMV von der Krise profitiert.