Mineralölwirtschaft : Windfall-Profit: OMV erzielt trotz Abschreibungen Überschuss von 546 Millionen Euro
Es ist ein Tag, der früh startet für den Vorstandschef des Mineralölkonzerns OMV. Kurz nach acht Uhr muss er am Freitagmorgen einem sichtlich erstaunten US-amerikanischem Moderator auf CNBC im Börseprogramm "Squawk Box" erklären, dass es für einige Staaten Europas keine Möglichkeit gibt, schnell russisches Gas zu substituieren. Und dass Österreich dazugehört. Zum Thema der Bezahlung von russischem Gas in Rubel, das erst 48 Stunden zuvor durch die Ankündigung der Einstellung der Lieferung Russlands an Polen und Bulgarien wieder akut wurde, muss er dem US-Moderator erklären: "Wir prüfen Wege, sanktionengemäß zu zahlen. Mehr lässt sich dazu derzeit nicht sagen."
Windfall-Profit finanziert Abschreibungen.
Dabei ist die eigentliche Message, die Stern als Chef des österreichische Öl- und Gaskonzerns OMV senden will jene: Im ersten Quartal hat das Unternehmen operativ sowohl beim Umsatz als auch beim Gewinn kräftig zugelegt: Die Erlöse stiegen – vor aufgrund der hohen Gaspreise, aber auch dem Abebben der Corona-Effekte – auf das eineinhalbfache, um 146 Prozent auf 15,8 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis wurde verdreifacht: Von 870 Millionen auf 2,62 Milliarden Euro.
Dass Stern, der als Nachfolger von Rainer Seele als OMV-Chef den Konzern erst kürzlich personell umgebaut hat und auf einem strategischen Turnaround weg von der Mineralölindustrie hin zur Chemischen Industrie bis 2050 verpflichtet hat, diese Windfall-Profits derzeit dringend braucht, ist klar: Denn kräftige Abschreibungen – etwa für die Finanzierung der Gaspipeline Nord Stream 2, hier wurde im März ein ausstehender Betrag von einer Milliarde Euro wertberichtigt – drücken den Gewinn. Die Konsolidierung des etwas unter einem Viertel liegenden Anteil am Gasfeld Juschno-Russkoje und vor allem deren Neufeststellung der Reserven wurde ebenfalls angepasst – und jetzt zum Zeitwert bewertet. Trotzdem: Im ersten Quartal schaffte der Mineralölkonzern einen Periodenüberschuss, der mit 546 Millionen Euro zwar unter dem Ergebnis des Vorkriegs-Quartals 2021 liegt, aber trotzdem substanziell ist.
Wie bezahlt die OMV für russisches Gas?
In einem Gespräch mit der heimischen Presse nach dem Interview mit CNBC kann Stern dann doch ein wenig ins Detail gehen - auch was die Zahlungsmodalitäten für russisches Gas betrifft: In welcher Form die OMV künftig für die Gaslieferungen aus Russland bezahlen wird, stehe zwar noch immer nicht fest. Weil nicht klar ist, ob die von Gazprom vorgeschlagenen Zahlungsmodalitäten (Zahlung in Euro, Wechsel in Rubel via russische Börse, Rücküberweisung auf ein zweites Konto des Kunden in Rubel, danach Zahlung in Rubel) sanktionskonform sind. Gazprom habe, so bestätigt Stern, die OMV gebeten, ein Schweizer Rubel-Konto zu eröffnen um darüber dieses Modell abzuwickeln.
Dies berichteten am Abend zuvor auch Nachrichtenagenturen wie etwa Reuters. Doch Zahlungen dürften noch nicht geleistet worden sein. "Derzeit bezahle die OMV noch gemäß dem bestehenden Vertrag mit Gazprom in Euro" bestätigt Stern. Ab wann die von Gazprom geforderten neuen Zahlungsmodalitäten für die OMV gelten sollen, "das ist zur Zeit nicht ganz klar", so Stern. "Ich würde davon ausgehen, dass das im Laufe des Mai geschehen soll."
Dass das Zahlungsmodell, das eine Rücküberweisung von über die Moskauer Börse getauschten Rubel auf ein Konto der OMV in der Schweiz vorsehen würde, also geprüft werde, kann als bestätigt gelten. Auf die Frage eines Reuters-Journalisten, ob die OMV von der Bundesregierung - einem Eigentümervertreter des Unternehmens - Vorgaben für sein Handeln bekommen habe, wollte Stern keinen Kommentar abgeben. Man sei mit vielen Stakeholdern im Gespräch, so Stern. Die nächste Zahlung für russisches Gas werde, das bestätigte Stern, "im Mai" fällig.
Wie sieht Stern Preise und Versorgung in der Zukunft?
Um Punkt 10 Uhr steht für Stern die Quartalspressekonferenz am Plan - und das Interesse auch internationaler Journalisten zeigt, wie sehr sich das Unternehmen derzeit im weltweiten Fokus befindet. Wie sieht Stern den Öl- und Gasmarkt in den nächsten Monaten? Beim Öl scheint der Preis, wie Stern meint, das Ende der Fahnenstange erreicht zu haben. Die OMV erwartet einen durchschnittlichen Ölpreis von rund 95 US-Dollar pro Barrel - die bisherige Preisprognose lag bei 75 Dollar. 2021 kostete ein Fass der Nordsee-Sorte Brent durchschnittlich 71 Dollar. Der durchschnittlich realisierte Gaspreis wird für heuer bei 45 Euro je Megawattstunde (MWh) erwartet. Bisher rechnete man für heuer mit einem Gaspreis von 25 Euro je MWh, 2021 lag er bei 16,5 Euro je MWh.
Wie geht es beim Projekt Neptun für Schwarzmeer-Gas weiter?
Für OMV ist die Gas-Förderung im Schwarzen Meer eines der künftigen Schlüsselprojekte. Bis zu 2 Milliarden Euro will Vorstandschef Alfred Stern in das sogenannte Neptun-Projekt investieren. Das Projekt hat eine jahrzehntelange, wechselvolle Geschichte. Eine Entscheidung soll spätestens in den nächsten neun Monaten fallen sagte Stern bei der Pressekonferenz. Erstes Gas könnte vier Jahre später fließen. Konkret hält OMV-Petrom 50 Prozent an dem Projekt und ist Betriebsführer. Die andere Hälfte gehört dem staatlichen rumänischen Gasproduzenten Romgaz, der den Anteil für über eine Milliarde Dollar vom US-Ölriesen ExxonMobil übernommen hatte. Das Neptun-Gasfeld umfasst eine Fläche von rund 7.500 Quadratkilometern und liegt etwa 170 Kilometer vor der rumänischen Küste. Das Potenzial für die OMV-Petrom wird auf 50 Milliarden Kubikmeter Gas geschätzt. Die Plateau-Produktion bezifferte Stern mit 70.000 Barrel pro Tag. An der Petrom ist auch der rumänische Staat zu gut einem Fünftel beteiligt.