Holz : Michael Egger jr: "Mein Vater dachte an einen Scherz"
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INDUSTRIEMAGAZIN: Herr Egger, Sie sind seit heuer Mitglied der Gruppenleitung bei Egger. Welche Herausforderung reizte Sie bei Ihrem Eintritt ins Familienunternehmen? War Ihr Weg in den Betrieb vorgezeichnet?
Michael Egger jun.: Schon als Kind nahm mein Vater mich an den Wochenenden mit ins Werk, erklärte mir die verschiedenen Anlagen und Produktionsschritte. Ich durfte mit Staplern mitfahren und im Labor kleine Tests durchführen. Das Interesse war also schon damals groß. Dass ich schließlich tatsächlich ins Unternehmen eintrat und nun auch Verantwortung dafür trage, habe ich mir aber erst mit der Zeit und über verschiedene Stationen erarbeitet und mich dann auch sehr bewusst dafür entschieden. Als Mitglied der Eigentümerfamilie war mein Eintritt ins Unternehmen natürlich schon von klein auf ein Thema.
Ihr Werdegang fällt - salopp gesagt - nicht unbedingt durch Geradlinigkeit auf.
Egger: Das stimmt. Ich habe das Holztechnikum Kuchl besucht, wo auch bereits mein Vater und mein Onkel zur Schule gingen. Da sind wir Eggers nicht unbedingt durch besonderen Fleiß oder gute Noten aufgefallen. Auch ich habe mich nur langsam verbessert – und mein Vater musste aus eigener Erfahrung sogar Verständnis für meine schlechten Noten zeigen. Als ich ihm ein paar Jahre später mitteilte, dass ich noch studieren wollte, glaubte er zuerst an einen Scherz. Aber im Studium war die Eigenmotivation dann deutlich höher. Und ich bin dankbar, dass ich diese Zeit zur Entwicklung bekommen habe.
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Ihr Großvater gründete Egger Holzwerkstoffe 1961, indem er ein erstes Spanplattenwerk in St. Johann eröffnete. Ihr Vater und Ihr Onkel internationalisierten das Unternehmen. Egger produziert heute an 20 Standorten in zehn Ländern weltweit. Lässt sich eine solche Erfolgsstory fortschreiben?
Egger: Gerade jetzt erleben wir sehr viele globale Herausforderungen und Unsicherheiten. Deshalb streben wir ganz besonders nach Langfristigkeit, Nachhaltigkeit und Handeln auf Generationen. Das ist mein persönlicher Antrieb. Ich sehe es als meine Aufgabe und damit die reizvollste Herausforderung an, das Unternehmen erfolgreich im Sinne meiner Vorfahren weiterzuführen.
Egger: Woher kommt das Geld für die Innovation?
Auf welche Glanzmomente Ihrer bisherigen Karriere sind Sie stolz?
Egger: Das war das erste Innovationsprojekt, dem ich mich voll und ganz widmete, die Egger Eurolight Leichtbauplatte. Nach meiner Ausbildung im Holztechnikum Kuchl war ich als Trainee in verschiedenen Werken tätig. Als wir schließlich 2006 in St. Johann die erste großindustrielle Anlage zur Produktion von Leichtbauplatten errichteten, habe ich mich sehr dafür eingesetzt und war extrem stolz, als schließlich das Produkt in den Markt kam und auch heute noch ein wichtiger Teil unseres Portfolios ist.
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Wie gelingt es eigentlich, für Innovation stets ausreichend finanzielle Mittel im Unternehmen locker zu machen – und wie definieren Sie in diesem Kontext „ausreichend“?
Egger: Wir wissen, dass wir nur durch Innovationen unsere Marktstellung als führende Marke rund um das Leben und Arbeiten mit Holz sichern können. Wir haben einen strukturierten Innovationsprozess und ein gruppenweit aufgesetztes Ideenmanagement. So werden all unsere Mitarbeiter in den Innovationsprozess einbezogen und tragen zur Innovationskraft bei. Die Frage der finanziellen Mittel ist daher bei uns gar nicht so zentral, sondern deren ausreichende Bereitstellung ist durch unsere Haltung und Organisation gewährleistet.
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Hat Michael Egger jun. eine Marotte? Was würden Sie - abseits von Persönlichkeitszügen - als für Sie charakteristisch sehen?
Egger: Mein „Erkennungsmerkmal“ sind weiße Sneakers. Das ist inzwischen sogar ein „Running Gag“ mit meinen Kollegen in der Gruppenleitung, dass wir uns zu Meeting-Beginn gegenseitig auf die Schuhe schielen. Ich trage sie auch beim ersten offiziellen Foto der neu formierten Gruppen-Geschäftsführung, deren Teil ich seit Juli 2022 bin. Sneakers passen einfach wesentlich besser zu mir als polierte Anzugschuhe. Und ich finde es sehr wichtig, dass jeder und jede auch im Berufsleben durch und durch authentisch sein kann.
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Der Vorteil des Familienunternehmens
Welche Anreize muss ein Unternehmen Mitarbeitern geben?
Egger: Ich bin der Ansicht, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich in erster Linie mit dem Unternehmen identifizieren können müssen. Es muss für sie ganz klar nachvollziehbar sein, wie das Unternehmen tickt, wohin es sich entwickeln soll und welchen Beitrag jede und jeder einzelne dafür leisten kann. So erhält die eigene Arbeit Sinn, es entsteht ein gutes Gemeinschaftsgefühl und unglaublich viel Motivation. Zugleich muss das Unternehmen auch zuverlässig sein, sichere Zukunftsperspektiven geben und eine klare Werthaltung haben, die nicht nur am Papier, sondern tagtäglich erlebbar ist.
Dabei sind Sie als Familienunternehmen wohl im Vorteil?
Egger: Dadurch ergibt sich ein großer Vorteil. Wir arbeiten beständig und auf Generationen ausgerichtet und übernehmen Verantwortung für unsere Mitarbeiter, für die Umwelt und die Gesellschaft.
Was macht gute Führung sonst noch aus?
Egger: Als Führungskraft sehe ich mich in der Verantwortung, meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Gestaltungsspielräume zu eröffnen und ihre Ideen und Tatkraft zu fördern. Wer mit hoher Eigenverantwortung arbeitet, ist am motiviertesten und entwickelt sich stets weiter. Ich verstehe mich dabei als Mentor, der unterstützend zur Seite steht – so wie es erfahrene Kollegen für mich in meinem Werdegang stets waren. Und: Wir agieren als Team und entscheiden gemeinsam. In unserer schnelllebigen Welt ist es gut, gemeinsam den Weg zu beschreiten.
Michael Egger jun.: Zur Person
Michael Egger jun. ist seit 2022 Mitglied der Gruppenleitung und verantwortet den Bereich Vertrieb und Marketing. Davor leitete er die Division EDP Central im Bereich Vertrieb und Marketing und war im Produktmanagement und als Werksverkaufsleiter am Standort Brilon tätig. Davor arbeitete er bei einem bekannten, internationalen Beschlagshersteller.
ZUM UNTERNEHMEN
Die Egger Gruppe mit Stammsitz in St. Johann in Tirol gehört zu den international führenden Holz verarbeitenden Unternehmen. Das Familienunternehmen, das 1961 gegründet wurde, produziert heute an 20 Standorten weltweit mit rund 10.800 Mitarbeitern. Abnehmer sind die Möbelindustrie, der Holz-Fachhandel, sowie Baumärkte und DIY-Geschäfte. Im Geschäftsjahr 2021/2022 erzielte die Gruppe einen konsolidierten Umsatz von rund 4,23 Milliarden Euro.