Digitalisierung : Fronius-Spartenchef Harald Scherleitner: Der Antipode

Das ist Arbeitgeber-Treue: Seit 23 Jahren jobbt Harald Scherleitner schon bei Fronius. Dass er unter einem stabilen beruflichen Umfeld etwas anderes versteht als so mancher seiner Kollegen – geschenkt. Schon im Knabenalter war er Abweichler. In eine Schlosser-Familie hineingeboren, beginnt er – dem elterlichen Rat widerstrebend – eine Elektromechanikerlehre. Dann: Auffällig unauffällige Lehrzeit bei Fronius (O-Ton Scherleitner: „Im ersten Lehrjahr wickelte ich verdammt viele Trafos“). 2001 zieht es Scherleitner nach Südamerika: Geht es anderen um geregelte Arbeitszeit und warmes Kantinenessen, sucht er am anderen Ende der Welt den beruflichen Kick: Als Mitglied eines vierköpfigen Pionierteams baut Scherleitner in São Paulo das Lateinamerika-Geschäft für die Division Schweißtechnik auf. Es folgen sieben Jahre Divisionsleitung Batterieladegeräte. Seit vorigen Mai hat ihn die Schweißtechnik zurück.

„Dafür zerreißen wir uns“

Ist das die Vita eines Mannes, der eine jahrzehntealte Vision des Schweißtechnikherstellers wahr macht? Scherleitner, der privat das Herumexperimentieren an neuen Technik-Gadgets liebt, weiß natürlich, was gemeint ist: Die Abrechnung des Laufmeters Schweißnaht, ein darauf aufgesetztes Pay-per-Use-Geschäftsmodell – „das könnte unsere Branche revolutionieren“, sagt er beschwörend. Dafür zerreiße sich in der Abteilung schließlich auch jeder.

Der Kauf nicht mehr der ganzen Schweißanlage, sondern einer vorab fix definierten Schweißleistung im Online-Shop – die Oberösterreicher können sich sogar noch mehr vorstellen. Eine Abrechnung der Schweißung pro Bauteil etwa. Die knallhart kalkulierende Automobilindustrie würde dann ein garantiertes Schweißergebnis zu einem kalkulierten Preis erhalten. Fronius wäre mit einem Schlag Generalanbieter. Jetzt zu tun: In Start-up-ähnlichen Abteilungen Kompetenz bei der Dateninterpretation aufzubauen, will man der Google der Schweißtechnikbranche werden.

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