Lean Production : Lean Production: So helfen Kaizen, Six Sigma & Co Unternehmen durch die Pandemie
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Erreicht wurde am Ende doch ein "respektables" KVP-Ergebnis, wie Daniel Eckerstorfer nicht ohne Stolz erzählt. Freilich, auch auf den Shopfloors des Schweißtechnikherstellers Fronius gingen die ersten Monate der Pandemie nicht spurlos vorüber - Mitarbeiter in Quarantäne, Schwierigkeiten in der Teilebeschaffung machten das Managen von Ressourcen und Produktionslosen zur Herausforderung. "Der Kontinuierliche Verbesserungsprozess war kurzfristig pausiert", schildert Eckerstorfer, Group Leader Lean Management bei Fronius. Doch in der Annahme, dass die Pandemie doch eine längere Angelegenheit zu werden scheint, rüstete man technologisch auf und hielt KVP Teamsitzungen in zahlreichen Bereichen digital ab. Das machte sich bezahlt. Von 2020 bis 2021 konnten die rund 1.500 Mitarbeiter am Shopfloor hierzulande "in Summe 960 KVP-Themen umsetzen", sagt Eckerstorfer. 2021 wurden über 130 Trainings und Workshops durchgeführt, die den Leitsatz "We deliver operations excellence" ins Tagesgeschäft integrieren. 786 Mitarbeiter wurden dabei vom Trainingsteam geschult.
Lean-Basics für Leiharbeiter.
Einen Auszug aus den Maßnahmen enthält er nicht vor: Das Lean-Basis-Training für alle Mitarbeiter am Shopfloor wurde umgestellt auf einen Mix aus e-Learning und Präsenzschulungen. Digitales Training und Ausbildung für alle Mitarbeiter mit Fokus Lean war rasch für eine große Zahl an Mitarbeitern verfügbar. "Selbst Leasingpersonal konnte so schneller geschult werden", heißt es bei Fronius. Und auch der internationale Rollout - die Vervielfältigung von Lerninhalten - "ist dadurch leicht möglich, da der Aufwand für Übersetzungen überschaubar bleibt", sagt Eckerstorfer. Methodentrainings wurden via MS Teams durchgeführt. Der Einsatz von Collaboration Boards wurde verstärkt gelernt. Und auch im Nachgang weiter verwendet, da er Vorteile bietet: Gute Lesbarkeit, Interaktion bei Brainstormings und auch das Clustern "fällt leichter", sagt Eckerstorfer.
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Zudem sei die Vor- und Nachbereitung für Workshops kürzer. "Hier wurde gleich auch ein Standard für Online-Meetings definiert", sagt der Fronius-Mann. Zu Beginn der Pandemie wurden bei Fronius kreative Ansätze zum Anlernen von Mitarbeitern gesucht, da ein Mindestabstand eingehalten werden musste, jedoch Details im Prozess erklärt werden mussten. Gelöst wurde das mit dem Einsatz von Action Kameras und Tablets. "Somit konnten die Prozessdetails live über eine sichere Entfernung geschult werden", sagt der Experte.
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Wieder persönliche Trainings.
„Im Bereich World Class Manufacturing (WCM) haben wir – wie auch in anderen Unternehmensbereichen – pandemiebedingt verstärkt die Möglichkeit von Online-Trainings geschaffen und das Trainingsthema generell weiter intensiviert", schildert Semperit-COO Kristian Brok. So habe man derzeit gruppenweit mehr als 30 Black Belt-Projektleiter im Einsatz, die die Organisation ständig weiterentwickeln. "Die Trainings finden nun zusehends auch wieder persönlich statt", sagt Brok. Im Rahmen digitaler Trainings würden Optimierungen und Anpassungen an das virtuelle Format vorgenommen. Auch die Bemühungen im Bereich Continous Improvement mit Fokus auf Kosten, Wasser, Emissionen, Energieverbrauch und Abfall wurden intensiviert.
Gemba-Walks reduziert.
"Shopfloor Meetings finden zum Teil online statt, Gemba-Walks finden bei Bedarf teilweise reduziert statt oder werden ausgesetzt", schildert Martin Mühlbacher, Standortleiter und VP Operations bei Innio Jenbacher. Die LeanSixSigma-Ausbildung wurde teils digitalisiert und in mehrere, aber kleinere Einheiten aufgeteilt. Kontinuierliche Verbesserung werden nun eher im digitalen Umfeld gesucht, es findet häufig eine Verlagerung von Schwerpunkten in die digitale Welt statt.
"KPIs werden wichtiger, wir wenden verstärkt holistische Ansätze statt einem konzentrierten Problemfokus an", sagt er. Es brauche eine stärkere Methodenkombination statt traditionell zugewiesener Methoden. So, wie SixSigma zu Lean Six Sigma erweitert wurde, sollen auch andere Systeme kombiniert werden. "Wichtig ist, zu wissen, was alles in den Werkzeugkoffer für kontinuierliche Verbesserung gehört". Action Work Outs (AWOs) werden kürzer, aber spezifischer angesetzt. "Es gibt bei uns zurzeit nicht die ganz großen AWOs wie früher, sondern sie sind stärker themenbasiert und binden weniger Beteiligte ein".
Für Umbruch gerüstet?
Ist in der globalen Gemengelage, in Umbruchzeiten wie diesen, also weiterhin kontinuierliche Verbesserung möglich? Ja, meint Daniel Eckerstorfer, Group Leader Lean Management bei Fronius. "Es ist und bleibt aber mit Zuführen von Energie verbunden", sagt er. Um Engpässen bei Vormaterialien und Komponenten stärker entgegenzutreten, hält man bei Fronius weiterhin kurzfristige Trainings zu Lean-Themen ab, die "Mitarbeiter im Mindset stärkten". So gelang es, Kurzarbeit und unnötigen Urlaubskonsum zu vermeiden", so Eckerstorfer. Führungskräfte würden in diesem Zusammenhang eine besonders wichtige Rolle spielen. Durch die notwendige Beschäftigung mit digitalen Medien sei man heute flexibler in der Art und Weise der Umsetzung von KVP - siehe digitale Optimierungsworkshops, die vor zwei Jahren als unmöglich galten.
"Im Hinblick auf die Engpässe im Transport- und Logistikbereich haben wir seit vielen Monaten umfassend an Managementroutine gewonnen", sagt Semperit-COO Kristian Brok. Das Unternehmen richte sich hierbei fokussiert an der Wertschöpfungskette aus. Generell hatte Semperit durch entsprechend strenge Schutzmaßnahmen an allen Standorten überwiegend gut im Griff, konnten die Produktionen aufrecht erhalten. "Und wir trieben die relevanten Themen auch im Bereich des Lean Managements weiter voran", so Brok.
Neue, alte Situation.
Die angespannte Situation auf den Rohstoff- und Verpackungsmärkten, insbesondere seit der Eskalation des Ukraine-Russland-Konflikts, haben auch beim Fruchsafthersteller Spitz zu merkbaren Beeinträchtigungen in den Beschaffungsprozessen geführt. "Da es sich bei Lean Management längst nicht mehr um ein Projekt mit einem hohen Bedarf an externen Ressourcen handelt, kam es jedoch zu keinerlei Verschiebungen oder Aussetzen der Weiterverfolgung der Lean-Strategie während der Corona-Pandemie", berichtet Christian Oberndorfer, Leiter QESH – Integrierte Managementsysteme. Die dem Unternehmen eigene Flexibilität und Lean-Haltung würden aktuell im Umgang mit dieser Situation helfen. "Flache Hierarchien und kurze Entscheidungswege, die unter anderem ihre Anfänge während der Implementierung von Lean Management haben, unterstützen das enorm", sagt Oberndorfer.
"Für die Menschen, die im Bereich Supply Chain arbeiten, kann das Tagesgeschäft sehr belastend sein und erfordert alles an Können", sagt Christian Oberndorfer, Leiter QESH – Integrierte Managementsysteme bei Spitz. Das dürfe nicht kleingeredet werden. Gleichzeitig sei es – mit etwas Abstand betrachtet – dennoch so, dass Not erfinderisch machte. Wer etwa durch Lean-Management Projekte gelernt und verinnerlicht hat, Überflüssigkeiten in Prozessen und der Arbeitsweise zu verhindern, wird es jetzt etwas leichter haben", so Oberndorfer. Zudem seien Lean Management und Digitalisierung untrennbar miteinander verknüpft. Bei Spitz bilde man sämtliche Kennzahlen digital ab, auch der gesamte Prozessverbesserungsprozess ist im ERP-System integriert.
"Lean als Grunderfordernis"
Aufgrund der Pandemie und den globalen Unsicherheiten sei noch wichtiger geworden, "Lean zu arbeiten", sagt Monika Schneider, Group Leader Lean Management / BRPMS bei BRP-Rotax. Jede Art von Verschwendung müsse vermieden werden. Ein gerade erfolgreich umgesetztes Lean-Projekt aus der Produktion behandelt die Optimierung an einer Dreh-Fräs-Anlagengruppe mit fünf Maschinen im Bereich in der Pleuelfertigung. Bei Projektstart wurde jede Maschine von einem Mitarbeiter bedient. Nach sieben Wochen Projektlaufzeit und ohne Investitionskosten haben wir nun Teamarbeit, das heißt drei Mitarbeiter betreuen gemeinsam die gesamte Anlagengruppe von fünf Maschinen. "Unser Output konnte von 90 auf 102 Prozent gesteigert werden", sagt Schneider.
Die klassischen Lean-Methoden und -werkzeuge würden durch die digitale Arbeitswelt erweitert. Jeder Kollege setzt in Gunskirchen übrigens durchschnittlich acht Verbesserungsvorschläge pro Jahr um. Darüber gelang auch ein Satz bei der Produktivität. Diese konnte im letzten Geschäftsjahr um rund zwei Prozent erhöht werden - bei gleichzeitiger Reduktion der Vorgabezeiten.