INDUSTRIEMAGAZIN: Welche Reaktionen gibt es seitens der heimischen Industrie auf die Gründung des Hubs?
Roland Sommer: Grundsätzlich ist es so, dass Gaia-X in Österreich noch nicht allzu bekannt ist. Wir arbeiten aber intensiv daran, es bekannter zu machen. Es gibt auch eine gewisse Skepsis in der Industrie, die Daten zu teilen. Mittlerweile sehen wir aber, dass das Bewusstsein über die Notwendigkeit, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen, steigt.
Gibt es schon erste konkrete Projekte?
Sommer: Es gibt zum Beispiel das Projekt EUProGigant, ein bilaterales Projekt zwischen Österreich und Deutschland. Unter der Federführung der TU Wien und der TU Darmstadt wird daran gearbeitet, eine hoch vernetzte Produktion mit sich selbst organisierenden und stabilisierenden Eigenschaften auszustatten. Da sind schon die ersten Use-cases herausgearbeitet worden - die Herstellung einer passgenauen Bauteilpaarung beispielsweise, oder ein CO2-Produktpass. Aber auch abseits der produzierenden Industrie gibt es erste Umsetzungen.
In Tirol gibt es ein Projekt, da teilen einige Hoteliers mit dem Energieversorger ihre Daten auf deren Basis dann die Versorgung mit Holzpellets optimiert wird. Spannend daran ist, dass diese Hoteliers eigentlich in Konkurrenz zu einander stehen, in diese Sache agieren sie aber gemeinsam. Was wir auch schon sehen ist, dass Unternehmen wie Airbus bei den Ausschreibungen schon jetzt auf die Kompatibilität mit Gaia-X bestehen. Und diesen Trend sehen wir eigentlich bei allen großen europäischen OEMs.
Wie stehen Sie zur Kritik am großen Einfluss der Hyperscaler am Projekt?
Sommer: Meiner Ansicht nach greift die Kritik zu kurz. In den Entscheidungsgremien sind die Hyperscaler nicht vertreten, sondern nur europäische Player. Außerdem muss man sehen, dass die Hyperscaler die Regeln mittragen. Der Marktanteil der Hyperscaler ist in Europa sehr hoch. Man kann jetzt nicht von europäischen Unternehmen erwarten, dass sie ihren Cloudanbieter einfach wechseln.
Insofern hätte man ohne die Einbeziehung der Hyperscaler auch kein Commitment der Industrie. Man will also sicherstellen, dass auch wenn ich diese Services nutze, die Datenhoheit gewährleistet ist. Es gilt diese Spielregeln klar festzulegen und ich sehe es als Erfolg, wenn die Hyperscaler hier mitmachen und dieses Regelwerk unterstützen. Und dadurch, dass die Entwicklungen, die aus dem Projekt entstehen, allen kostenlos zur Verfügung gestellt werden, kommt es auch zu einer Demokratisierung des Marktes und davon profitieren besonders auch die kleinen Unternehmen.
Welche Unterstützung können sich interessierte Unternehmen vom Gaia-X Hub erwarten?
Sommer: Der Hub dient primär dazu, über das Projekt zu informieren, Chancen und Potenziale aufzuzeigen. Für die Unternehmen wird es besonders interessant, sich in den verschiedenen Datenräumen von Gaia-X zu engagieren, der nationale Hub schafft hier nur die Basis.
Am Ende des Tages liegt es an den Unternehmen, gemeinsame Projekte anzugehen. Denn durch eine gemeinsame Dateninfrastruktur werden viele neue Geschäftsmodelle entstehen. Insofern ist es extrem relevant, sich mit dem Thema aktiv auseinanderzusetzen. Es geht nämlich nicht nur darum, in der Produktion die Effizienz zu steigern. Durch das Datasharing werden vollkommen neue servicebasierte Dienstleistungen möglich.