Gas aus Russland : Gazprom liefert kein Gas mehr nach Österreich: Droht ein Versorgungsengpass?

Ein Gasspeicher des Energiekonzerns OMV

Ein Gasspeicher des Energiekonzerns OMV

- © YouTube/ OMV

Seit dem Gaslieferstopp der Gazprom an die OMV am vergangenen Samstag ist der Handel über die Gasbörse spürbar gestiegen. Brancheninsider vermuten, dass die OMV zur Kompensation des Lieferausfalls vermehrt Gas über die Börse einkauft. Ein großer Teil des kurzfristig erworbenen Gases könnte dabei indirekt von Gazprom stammen. Trotz der laufenden Rechtsstreitigkeiten mit der OMV findet das russische Unternehmen offenbar Wege, Erdgas weiterhin gewinnbringend nach Österreich zu verkaufen.

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- © Industriemagazin

Rückgang der Gaslieferungen über Baumgarten

Nach dem Lieferstopp reduzierte sich die Gasmenge am Gas-Knotenpunkt Baumgarten in Niederösterreich um 10 bis 20 Prozent. Während vor dem Stopp täglich etwa 290 GWh geliefert wurden, sank die Menge am Wochenende auf knapp über 240 GWh. Insgesamt exportiert Gazprom täglich rund 42,4 Millionen Kubikmeter Erdgas nach Europa.

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Gazprom hat schnell neue Abnehmer für das nicht mehr an die OMV gelieferte Gas gefunden – teilweise über Zwischenhändler und teils über die Börse. Laut einer mit russischen Gas-Exporten vertrauten Quelle ist die Nachfrage groß, da russisches Gas günstiger ist als Alternativen. Die OMV könnte ebenfalls verstärkt über die Börse zukaufen, so Johannes Mayer von der E-Control. Christoph Dolna-Gruber von der Energieagentur fügt hinzu, dass ein Großteil dieses Gases indirekt von Gazprom stammen könnte. Die genaue Herkunft des an der Börse gehandelten Gases sei allerdings nicht nachverfolgbar.

Gas über die Börse: Neue Abnehmer für russisches Gas

Gazprom hat schnell neue Abnehmer für das nicht mehr an die OMV gelieferte Gas gefunden – teilweise über Zwischenhändler und teils über die Börse. Laut einer mit russischen Gas-Exporten vertrauten Quelle ist die Nachfrage groß, da russisches Gas günstiger ist als Alternativen. Die OMV könnte ebenfalls verstärkt über die Börse zukaufen, so Johannes Mayer von der E-Control. Christoph Dolna-Gruber von der Energieagentur fügt hinzu, dass ein Großteil dieses Gases indirekt von Gazprom stammen könnte. Die genaue Herkunft des an der Börse gehandelten Gases sei allerdings nicht nachverfolgbar.

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Russisches Gas wird weiterhin in signifikanten Mengen in die Slowakei, nach Ungarn und Tschechien geliefert. Besonders die Gasflüsse von der Slowakei nach Tschechien haben seit dem 1. Oktober stark zugenommen und machen inzwischen 74 Prozent der tschechischen Gasimporte aus. Auch kleinere Mengen gehen nach Italien und Serbien.

Händler vermuten, dass dieses Gas aus Russland stammt und über die Turkstream-Pipeline oder die Ukraine geliefert wird. Aufgrund voller Speicher in anderen Ländern könnte es kostengünstiger nach Tschechien verkauft werden als westliches Gas.

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Rückgang der Gaslieferungen über Baumgarten - © Gas Connect Austria

Rechtsstreit zwischen OMV und Gazprom

Der Lieferstopp resultiert aus einem Rechtsstreit zwischen der OMV und Gazprom. Ein Schiedsgericht sprach der OMV 230 Millionen Euro Schadenersatz zu. Daraufhin kündigte der österreichische Energiekonzern an, künftige Rechnungen mit diesem Betrag zu verrechnen, was Gazprom dazu veranlasste, die Lieferungen einzustellen. Stattdessen verkauft Gazprom das Gas nun an andere Käufer oder über die Börse, um weiterhin Einnahmen zu sichern.

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Unabhängig vom aktuellen Konflikt endet das Gastransitabkommen zwischen Russland und der Ukrainevoraussichtlich Ende 2023. Damit könnte Gazprom ab Jahresbeginn 2024 kein Gas mehr über die Ukraine nach Baumgarten liefern. Die OMV musste daher ohnehin mit einem vollständigen Wegfall russischer Gaslieferungen rechnen.

Stiegen jetzt die Preise?

Der Gaslieferstopp der russischen Gazprom an den österreichischen Energiekonzern OMV dürfte für die Haushalte und die Industrie in Österreich kurzfristig keine gravierenden Folgen haben. "Mit spürbaren Preissteigerungen ist in der kommenden Heizsaison nicht zu rechnen", erklärte E-Control-Ökonom Johannes Mayer am Samstag. Märkte hätten die Entwicklung erwartet, was größere Preissprünge unwahrscheinlich mache. Weiterhin fließt Gas aus Russland nach Österreich – allerdings nicht an die OMV.

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Am Großhandelsmarkt stieg der Gaspreis am Freitag kurzzeitig auf knapp 47 Euro pro Megawattstunde (MWh), normalisierte sich jedoch schnell auf das Niveau vor dem Lieferstopp, der seit Samstagmorgen, 6 Uhr, in Kraft ist.

Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) bestätigte im Ö1-„Mittagsjournal“, dass es aktuell keine Hinweise auf drastische Preissteigerungen gebe. Sie hob die Bedeutung der geplanten Abschaffung der deutschen Gasspeicherumlage hervor, die gemeinsam mit deutschen Partnern umgesetzt werden solle.

Die langfristige Preisentwicklung – über den Winter 2024/2025 hinaus – bleibt laut Mayer schwer vorhersehbar. „Die Märkte sind nervös, aber derzeit wird von stabilen Preisen bis Ende 2024 ausgegangen“, so der Experte.

Der frühere OMV-Chef Gerhard Roiss warnte hingegen vor möglichen Preisanstiegen und forderte Gegenmaßnahmen. Im ORF-Radio schlug er vor, Teile der österreichischen Gasreserven freizugeben, um das Angebot zu erhöhen und Preisspitzen abzufedern. Ministerin Gewessler lehnte diesen Vorschlag mit dem Verweis auf die Wichtigkeit eines Sicherheitspolsters ab: „Das sollten wir ohne Not nicht aufgeben.“

Ex-OMV-Vorstand Gerhard Roiss: Fehlt der OMV ein Krisen-Plan für den Gas-Notfall?
Der frühere OMV-Chef Gerhard Roiss warnt vor möglichen Preisanstiegen - © APA