BYD in der Krise : Mehr Autos, als die Welt braucht - BYD tritt auf die Bremse
Inhalt
- BYD drosselt Produktion: Chinas Elektroauto-Riese kämpft mit Absatzproblemen
- Chinas Förderpolitik treibt E-Auto-Markt in die Überproduktion
- E-Auto-Überproduktion in China: Mehr Fahrzeuge, als der Weltmarkt verkraftet
- Preiskrieg setzt Chinas Autohändler massiv unter Druck
- BYDs Flucht nach Europa: Strategie oder Verzweiflung?
- BYD baut Ungarn-Werk – Voestalpine liefert Stahl ab Herbst
- BYD expandiert, Europa steht unter Entscheidungsdruck

Produktion bei BYD: Trotz laufender Bänder kämpft der chinesische E-Auto-Riese mit vollen Lagern und sinkender Auslastung – in mehreren Werken wurde die Fertigung zuletzt deutlich zurückgefahren.
- © BYDBYD drosselt Produktion: Chinas Elektroauto-Riese kämpft mit Absatzproblemen
Der chinesische Elektroautohersteller BYD hat seine Produktion an mehreren Standorten deutlich zurückgefahren. In mindestens vier der sieben Werke in China wurden Fertigungskapazitäten teils um bis zu ein Drittel reduziert. Nachtschichten entfallen, geplante Ausbauten neuer Produktionslinien wurden gestoppt.
Hintergrund der Maßnahmen sind wachsende Lagerbestände und verfehlte Verkaufsziele – auf die der Marktführer, wie bereits berichtet, mit massiven Rabattaktionen reagierte. Zwar setzte der Konzern 2024 4,27 Millionen Fahrzeuge ab – größtenteils am heimischen Markt – doch das selbst gesteckte Ziel von 5,5 Millionen Einheiten im laufenden Jahr rückt in weite Ferne.
Die aktuellen Produktionszahlen sprechen eine klare Sprache: Im April lag das Plus bei nur 13 Prozent, im Mai gar bei mageren 0,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr – der schwächste Anstieg seit Februar, als das chinesische Neujahrsfest die Bänder stoppte. Im Vergleich zum Vorquartal sackte die durchschnittliche Produktionsmenge sogar um 29 Prozent ab.
Zwar wächst die Nachfrage nach Elektroautos in China weiterhin – doch der wahre Bremsklotz liegt woanders: Der Markt leidet unter massiven Überkapazitäten. Nicht fehlende Käufer, sondern zu viele Hersteller mit zu vielen Autos zwingen Branchenriesen wie BYD zur Produktionsdrosselung.
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Chinas Förderpolitik treibt E-Auto-Markt in die Überproduktion
Chinas Elektroautomarkt boomt – doch das Fundament bröckelt. Was als industriepolitischer Kraftakt begann, droht sich zur selbstgebauten Falle zu entwickeln. Jahrelang hat Peking den Verkauf von Elektroautos massiv subventioniert: Bis zu 22.500 Yuan (ca. 2.800 Euro) pro Fahrzeug, direkt an Händler und Hersteller ausgezahlt. Nach dem Ende der nationalen Prämien Ende 2022 sprangen Provinzen und Städte ein – mit eigenen Programmen und Zuschüssen von bis zu 20 % des Kaufpreises.
Auch steuerlich gab es Rückenwind: Elektrofahrzeuge waren bis Ende 2024 vollständig von der Kaufsteuer befreit – ein Bonus von durchschnittlich 10 % des Listenpreises. Lokale Regierungen pumpten Milliarden in angeschlagene Hersteller, neue Werke und Batterieparks. Paradebeispiel: Hefei, wo die Stadtregierung 2020 den taumelnden Premium-Anbieter Nio mit Staatsgeld und Infrastruktur rettete.
Doch die großzügige Förderlogik zeigt nun ihre Schattenseite. Über 100 Marken buhlen heute um Marktanteile – viele ohne tragfähiges Geschäftsmodell, aber mit politischer Rückendeckung. Die Folge: Ein überhitzter Markt mit gigantischen Überkapazitäten und schleichender Wettbewerbsverzerrung.
Wie absurd die Situation inzwischen ist, zeigt ein aktueller Skandal: Vor wenigen Wochen lud das chinesische Handelsministerium Hersteller wie BYD und Dongfeng zum Krisengespräch – Hintergrund ist ein Trick mit vermeintlichen Gebrauchtwagen. Neuwagen wurden kurzzeitig zugelassen, erhielten ein Kennzeichen – und gelten dann als verkauft. Auf diese Weise sichern sich Firmen Fördergelder und schönen ihre Verkaufszahlen. Die Autos selbst? Nie bewegt, nie genutzt – aber offiziell abgesetzt.
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E-Auto-Überproduktion in China: Mehr Fahrzeuge, als der Weltmarkt verkraftet
Die Folge der Förderpolitik und des politisch gewollten E-Auto-Booms ist ein selbst geschaffenes Dilemma: gigantische Überkapazitäten.
Laut Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer liefen 2024 rund 30 Millionen Fahrzeuge – Verbrenner und E-Autos – in chinesischen Werken vom Band. Die theoretische Jahreskapazität soll jedoch bei rund 60 Millionen Fahrzeugenliegen, wie der US-Ökonom Brad Setser errechnet hat.
Faktisch kann China doppelt so viele Autos bauen, wie der Markt aufnimmt. Zwei Drittel der Fahrzeuge bleiben im Inland. Der Rest wird ins Ausland exportiert – rund 6 Millionen Einheiten 2024. Doch auch das Potenzial stößt an Grenzen: Die USA blockieren Importe chinesischer Marken fast vollständig, Europa reagiert mit Zöllen und Antisubventionsverfahren gegen Hersteller wie BYD.
Das Ergebnis: Eine immer größer werdende Kluft zwischen Kapazität und realer Nachfrage. Preise geraten unter Druck, Margen schmelzen dahin, Geschäftsmodelle wanken. Der globale Wettbewerb wird verzerrt – nicht durch Innovation, sondern durch staatlich erzeugten Überschuss. Das BYD nun auf die Bremse steigt ist also alles andere als überraschend.

Preiskrieg setzt Chinas Autohändler massiv unter Druck
Der chinesische Automarkt ächzt – und nicht nur die Hersteller stehen unter Zugzwang, sondern vor allem die Händler. Während sich bei den Autobauern erste Anzeichen einer Marktbereinigung zeigen, ist der Autohandel bereits mitten in der Krise.
In einem ungewöhnlich scharfen Appell hat die Chinesische Handelskammer für Automobilhändler Anfang Juni die Reißleine gezogen. Ihre Forderung: Stoppt die Flut an Fahrzeugen, drosselt die Produktion – und beendet den ruinösen Preiskrieg. Die aggressive Vertriebspolitik mit ständigen Rabattaktionen und überhöhten Liefermengen bringe das Händlernetz an den Rand des Zusammenbruchs.
Die Margen schrumpfen, der Cashflow bricht ein, zahlreiche Händler müssen aufgeben. Besonders problematisch sei die Praxis, Händler zur Bevorratung zu zwingen – trotz fehlender Nachfrage. Die Kammer fordert: realistische Zielvorgaben, kürzere Zahlungszyklen und ein Ende der Verdrängung unter dem Deckmantel der „Vertriebskanal-Optimierung“.
Ein drastisches Beispiel kommt aus der Provinz Shandong: Dort hat ein bedeutender Händler des Marktführers BYD das Handtuch geworfen – mindestens 20 Filialen wurden geschlossen, wie chinesische Medien berichten.
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BYDs Flucht nach Europa: Strategie oder Verzweiflung?
Chinas Elektroauto-Riese BYD sucht angesichts schrumpfender Margen, explodierender Lagerbestände und erbittertem Preiskampf im Heimatmarkt zunehmend sein Heil im Ausland – allen voran in Europa. Der Kontinent gilt als Hoffnungsträger: höhere Preise, weniger Konkurrenzdruck und politisch gewollte Klimaziele vereinfachen den Markteintritt.
Doch der Schritt nach Westen ist nicht nur strategische Expansion, sondern auch ein Fluchtversuch aus einem überhitzten Heimatmarkt, der an seiner eigenen Überproduktion zu ersticken droht. Der Erfolg hält sich bisher in Grenzen: Laut Dataforce setzten chinesische Hersteller 2024 rund 370.000 Fahrzeuge in Europa ab – ein Achtungserfolg, aber keine Marktflutung.
BYD baut Ungarn-Werk – Voestalpine liefert Stahl ab Herbst
Zudem stößt die Exportstrategie auf Hürden: Viele Modelle erfüllen weder die strengen EU-Zulassungsstandards noch die Erwartungen europäischer Kunden. Hinzu kommen hohe Einfuhrzölle, die den Preisvorteil zunichtemachen.
Die Antwort von BYD: Lokale Produktion statt Importe. In Ungarn entsteht derzeit ein Werk im Eiltempo, auch in der Türkei sind neue Fertigungsstätten geplant. Schon 2025 sollen in Szeged erste Modelle wie der Dolphin und Atto 3vom Band rollen. Zwar ist die Produktion in Europa deutlich teurer – doch sie gilt als realistischer auszulasten als die Werke in China. So zumindest die Hoffnung.
Für europäische Zulieferer eröffnet die lokale Produktion neue Chancen: Bereits ab Herbst 2025 soll das ungarische Werk mit Stahl der österreichischen voestalpine beliefert werden. BYD verankert sich damit bewusst in der europäischen Lieferkette – nicht nur zur Kostenkontrolle, sondern auch zur Erfüllung regulatorischer Anforderungen und zur Stärkung der eigenen Glaubwürdigkeit auf dem EU-Markt.

BYD expandiert, Europa steht unter Entscheidungsdruck
Vom Vorreiter zum Getriebenen – BYD steht exemplarisch für Chinas Elektroautoindustrie in der Krise. Jahrzehntelang auf Wachstum gepolt, zwingen Überproduktion, Subventionsfolgen und ein gnadenloser Preiskampf den Marktführer zum Kurswechsel. BYDs Hoffnung liegt nun in Europa – doch ob die Flucht nach vorn gelingt, hängt weniger von Verkaufszielen ab als von politischer Akzeptanz, lokaler Integration und der Fähigkeit, Vertrauen im Ausland aufzubauen.
Einerseits locken Investitionen, neue Arbeitsplätze und frischer Wettbewerb im E-Auto-Markt. Andererseits droht ein politischer und wirtschaftlicher Balanceakt – zwischen Standortvorteilen und wachsendem Druck auf die heimische Autoindustrie. Der Export der chinesischen Autokrise hat längst begonnen.
Europa muss sich entscheiden: Nutzt es die Chancen für Zulieferer und Verbraucher – oder setzt es auf protektionistische Abschottung zugunsten der eigenen Hersteller?
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