KTM-Insolvenz : KTM-AG gerettet: Gläubiger stimmen Sanierungsplan zu – Produktion startet 2025 neu

ABD0078_20250225 - RIED IM INNKREIS - ?STERREICH: Im Landesgericht Ried im Innkreis stimmen heute Dienstag, 25. Februar 2025 die KTM-Gl?ubiger ?ber den Sanierungsplan ab. Im Bild: KTM-Co-CEO Stefan Pierer am Dienstag 25. Februar 2025 vor Beginn der Tagsatzung. - FOTO: APA/FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUMMAYR

KTM-Co-CEO Stefan Pierer am Dienstag 25. Februar 2025 vor Beginn der Gläubiger-Verhandlung zur Rettung von KTM

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Der Fortbestand der KTM-AG scheint gesichert: Die Gläubiger haben am Dienstagvormittag am Landesgericht Ried im Innkreis mehrheitlich dem Sanierungsplan für den Motorradhersteller zugestimmt, wie nach der Tagsatzung zu vernehmen war. Geplant ist eine 30-prozentige Barquote, die bis zum 23. Mai ausgezahlt werden soll.

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Allerdings hängt die endgültige Bestätigung auch davon ab, ob die bis zum 23. Mai voraussichtlich entstehenden Fortführungskosten in Höhe von rund 150 Millionen Euro hinterlegt oder abgesichert sind, teilte der Alpenländische Kreditorenverband (AKV) mit. Die erste Tranche dieser Fortführungsgarantie in Höhe von 50 Millionen Euro sei bereits gestern auf einem Treuhandkonto des Sanierungsverwalters eingegangen. Laut KSV 1870 hat diese 50 Millionen Euro der indische KTM-Partner Bajaj aufgebracht. Die Wiederaufnahme der Produktion ist für Mitte März 2025 geplant.

Anfang Juni wird das Insolvenzgericht den Sanierungsplan bestätigen und sobald dieser Beschluss rechtskräftig ist, wäre das Sanierungsverfahren des Motorradherstellers aus Mattighofen beendet.

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Gläubiger stimmen Sanierungsplan nach langer Verhandlung zu

Am Dienstagmorgen kam es am Landesgericht Ried zu einem bedeutenden Moment im Insolvenzverfahren der KTM-AG. Um 8:26 Uhr betrat Sanierungsverwalter Peter Vogl den Schwurgerichtssaal – begleitet von KTM-AG-Vorstandschef Gottfried Neumeister und Eigentümer Stefan Pierer. Für Pierer war es der erste öffentliche Auftritt im Zusammenhang mit der Insolvenz des Motorradherstellers. Nach dem Betreten des Saals schlossen sich die Türen.

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Die für 9:00 Uhr angesetzte Tagsatzung zur Abstimmung über den Sanierungsplan der KTM-AG verzögerte sich zunächst, da die Vorgespräche im Schwurgerichtssaal länger dauerten als geplant. Erst um 9:19 Uhr wurden die Gläubigervertreter eingelassen, vier Minuten später begann die Verhandlung.

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Insolvenzverwalter Peter Vogl - © FOTOKERSCHI.AT/WERNER KERSCHBAUM

Nach zwei Stunden und zwölf Minuten wurde die Sitzung erstmals unterbrochen, um die Stimmen auszuzählen. Fast zwei weitere Stunden vergingen, bevor die Verhandlung fortgesetzt wurde. Schließlich brachte die Entscheidung Klarheit: 25 Minuten nach Wiederaufnahme der Sitzung stand fest, dass der Sanierungsplan angenommen wurde. Eine große Mehrheit der Gläubiger hat zugestimmt, wie es später hieß. Damit ist ein entscheidender Schritt zur finanziellen Stabilisierung des Unternehmens gemacht.

Stefan Pierer - mittlerweile nur noch Co-CEO - war zu der Tagsatzung erschienen, wie es gesetzlich vorgesehen ist. Im Anschluss daran verließ er das Gerichtsgebäude aber eilig und vorbei an den wartenden Medienvertretern. CEO Gottfried Neumeister zeigte sich nach dem Termin sichtlich erleichtert: "Wir sind vor drei Monaten zu Sturz gekommen und wir sind so schwer gestürzt, dass wir alleine nicht wieder hätten aufstehen können". Diese Hilfe habe "schmerzliche Einschnitte bedeutet, für Gläubiger, Lieferanten etc.". Mit der Annahme des Sanierungsplans "haben wir Zeit gewonnen, den Investorenprozess, den wir begonnen haben, ordnungsgemäß fortzuführen", so Neumeister weiter. Wer bei KTM einsteigen wird, ist aber nach wie vor offen, ebenso wie viele Bewerber noch im Rennen sind. Man verweist auf "vertrauliche Gespräche". Aber: "Ich kann Ihnen versichern, dass alle Teilnehmer an einer Fortführung interessiert sind und nicht nur an der Marke oder einer Zerschlagung." 

Weitere Arbeitsplätze sieht er derzeit nicht in Gefahr.

KTM-CEO Gottfried Neumeister am Dienstag 25. Februar 2025 anlässlich der Sanierungsplantagsatzung vor der versammelten Presse 

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Fortführung des Betriebs gesichert – Investoren noch unbekannt

Laut der Creditreform ist die Fortsetzung des Betriebs der KTM-AG vorerst gesichert, auch wenn die Investoren noch nicht bekannt gegeben wurden, wie die Auskunftei am Dienstagnachmittag der APA mitteilte. Die Überweisung von 50 Millionen Euro habe das Risiko für die Gläubiger reduziert und ihr Vertrauen in den Sanierungsprozess gestärkt, erklärte Sanierungsverwalter Peter Vogl. „Eher 90 als 80 Prozent“ der Gläubiger – gemessen am Kapital – hätten dem Sanierungsplan zugestimmt. Nach der Anzahl der Stimmen gab es rund 3.500 Zustimmungen bei lediglich 37 Gegenstimmen. Dabei habe es sich im Wesentlichen um einen großen und einige kleinere Gläubiger gehandelt, so Vogl. Die breite Zustimmung unterstreicht die hohe Akzeptanz des Sanierungskonzepts und sichert die Zukunft der KTM-AG.

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Auch der Kreditschutzverband KSV1870 bewertet die aktuelle Entwicklung positiv: „Aus Gläubigersicht sind ein Investoreneinstieg und die Fortführung des Unternehmens wirtschaftlich sinnvoll. Bei einer insolvenzgerichtlichen Schließung und Zerschlagung des Unternehmens würden die Gläubiger eine Verteilungsquote von knapp unter 15 Prozent erhalten.“

Die Konzernmutter Pierer Mobility äußerte sich in einer Aussendung zur weiteren Planung: „Die geplante Vollauslastung der vier Produktionslinien im Einschichtbetrieb soll innerhalb von drei Monaten erreicht werden.“ 

Die finanzielle Belastung der KTM-AG und ihrer Tochtergesellschaften KTM Components GmbH sowie KTM Forschungs & Entwicklungs GmbH hat in den vergangenen Wochen weiter zugenommen. Seit der Insolvenzmeldung am 29. November 2024 ist der Schuldenstand der drei Unternehmen auf 2,235 Milliarden Euro angewachsen.

Um die vereinbarte Sanierungsquote von 30 Prozent zu erfüllen, müssen rund 600 Millionen Euro aufgebracht werden. Zusätzlich werden weitere 150 Millionen Euro benötigt, um die Produktion schrittweise wieder hochzufahren. Die finanzielle Stabilisierung des Motorradherstellers bleibt somit eine große Herausforderung.

Die Börse hatte offenbar von Beginn an mit einer Rettung des Unternehmens gerechnet. Der Aktienkurs der KTM-Mutter Pierer Mobility hat sich seit Bekanntwerden der KTM-Insolvenz Ende November verdoppelt.

Wer finanziert die KTM-Rettung?

Die Finanzierung der Sanierung der KTM-AG nimmt konkretere Formen an. Laut aktuellen Berichten soll Pierer Mobility die benötigten 150 Millionen Euro für den Neustart der Produktion bereitstellen. Diese soll am 17. März 2025 schrittweise wieder anlaufen. Bereits zugesagt sind 50 Millionen Euro vom indischen Partner Bajaj, der als Zulieferer und Vertriebspartner eine zentrale Rolle spielt.

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Offen bleibt die Herkunft der 600 Millionen Euro, die zur Begleichung der Sanierungsquote erforderlich sind. Immer wieder fällt in diesem Zusammenhang der Name Bajaj als potenzieller Investor. Doch auch Stephan Zöchling, Eigentümer von Remus und seit Januar in leitenden Positionen bei Pierer Industrie AG und Pierer Mobility AG tätig, zeigt Interesse an einer Beteiligung.

Zusätzlich laufen offenbar Gespräche mit BMW, dessen Motorradsparte im vergangenen Jahr einen Absatzrekord mit 210.408 verkauften Einheiten verzeichnete – der größte Markt war Deutschland. Zum Vergleich: Die KTM-Gruppe verkaufte 2024 weltweit 268.000 Motorräder an Endkunden. Eine Beteiligung von BMW könnte dem insolventen Motorradhersteller neue Perspektiven eröffnen.

Die Verhandlungen mit dem Investor sollen dem Vernehmen nach im März abgeschlossen werden.

Stephan Zöchling
Könnte bei KTM als Investor einsteigen: Stephan Zöchling - © Youtube

Banken scheitern mit Forderung nach höherer Quote

Die finanzierenden Banken konnten sich mit ihrem Wunsch nach einer höheren Sanierungsquote nicht durchsetzen. Wäre der Sanierungsplan gescheitert, hätte dies höchstwahrscheinlich zur Zerschlagung von KTM geführt – für die Gläubiger wäre dann lediglich eine Quote von 14,9 Prozent geblieben.

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Besonders die Banken, bei denen KTM mit rund 1,7 Milliarden Euro verschuldet ist, hatten bis zuletzt auf eine bessere Quote gedrängt. Ihre Forderungen sind weitgehend unbesichert, weshalb sie auf eine bevorzugte Behandlung gehofft hatten. Rechtlich wäre es möglich gewesen, einzelne Gläubiger besser zu stellen, doch dafür wäre eine Drei-Viertel-Mehrheit der Gläubiger erforderlich gewesen. Bereits in der Gläubigerausschusssitzung am Montag zeichnete sich jedoch ab, dass diese Mehrheit nicht erreichbar war.

Parallel zur finanziellen Restrukturierung hat KTM auch massive Personalreduktionen vorgenommen. Nach mehreren Kündigungswellen zählt die gesamte KTM-Gruppe aktuell rund 4.400 Beschäftigte, davon knapp 2.000 bei der KTM AG. Zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung waren dort noch etwa 2.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt.

Die Pierer Industrie AG, die in der Konzernstruktur über der KTM-AG steht, hat infolge der Zahlungsunfähigkeit von KTM ein Europäisches Restrukturierungsverfahren durchlaufen. In der vergangenen Woche wurde der Restrukturierungsplan offiziell angenommen. Im Kern der Maßnahmen stand die Verlängerung von Anleihen und Schuldscheindarlehen mit einem Gesamtvolumen von 250 Millionen Euro. Diese Anpassung soll die finanzielle Stabilität der Pierer Industrie sichern und die Auswirkungen der KTM-Insolvenz auf die Konzernstruktur abfedern.

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