wichtige Fähigkeiten : 7 Fragen, die Sie sich als Vertriebsleiter stellen müssen
Aktive Mitgliedschaft erforderlich
Das WEKA PRIME Digital-Jahresabo gewährt Ihnen exklusive Vorteile. Jetzt kostenlos testen und WEKA PRIME Mitglied werden!
Sie haben bereits eine PRIME Mitgliedschaft?
Bitte melden Sie sich hier an.
Der Wechsel an der Spitze war eine Fehlentscheidung. Und niemand hatte es kommen gesehen. Als die Vertriebsleitung des 100-Mitarbeiter-Betriebs vakant wurde, war die Lösung naheliegend: Der Top-Verkäufer, der unumstrittene Star des Vertriebs, rückte nach. Und scheiterte grandios. Die Zahlen gingen nach unten, die Strategie zerfaserte, und der Verkaufsleiter verließ das Unternehmen nach knapp einem Jahr.
Gerhard Leitner, Geschäftsführer der Limak in Linz und Spezialist für Vertriebs-Themen, hat es zwar noch nicht in dieser Dramatik erlebt, doch den verbreiteten Automatismus, guten Vertriebsmitarbeitern die Gesamtleitung zu übergeben, bezeichnet er als riskant. „Vertriebsleiter“, sagt Gerhard Leitner, „haben ein grundsätzlich anderes Profil als Vertriebs-Mitarbeiter.“
Ein Profil, mit dem sich die Studie „Sales Management Excellence“ beschäftigt, für die die Limak 240 Vertriebsexperten österreichischer Unternehmen – überwiegend aus der Industrie – befragte. Was müssen Vertriebsleiter beherrschen? Wie sollten sie ihre Arbeitszeit nutzen? Was müssen sie selbst erledigen, und was sollten sie besser delegieren? Eine Annäherung an den idealtypischen Vertriebsleiter in sieben Schritten.
1. Wie nütze ich meine Zeit?
Top-Vertriebsleiter sind in erster Linie Team Leader, in zweiter Linie Sales Manager. Den Verkauf sollten sie weitgehend anderen überlassen.
Mario Schindlmayr kennt die Versuchung: „Sales-Führungskräfte, die viele Jahre im Vertrieb gearbeitet haben, ertappen sich selbst immer wieder dabei, in die direkte Verkaufsarbeit zurückfallen zu wollen“, erzählt der Geschäftsführer Vertrieb von Würth in Österreich. „Sales Manager werden immer bis zu einem gewissen Grad Verkäufer bleiben.“
Doch haben sie dafür überhaupt Zeit? Für die Studie identifizierte die Limak nach zahlreichen Kriterien eine Gruppe von „Spitzenvertrieben“, deren Werte der Selbsteinschätzung der befragten Unternehmen gegenübergestellt werden.
Dabei zeigt sich, dass die Top-Vertriebsleiter rund 60 Prozent ihrer Zeit für das Sales Leadership einsetzen – also für die direkte Führung ihrer Mannschaft –, aber nur rund zehn Prozent für den Verkauf. „Vertriebsleiter können durchaus Key Accounts behalten“, meint Gerhard Leitner, „mache Kunden erwarten das ja sogar. Doch der Erfolg hängt in erster Linie davon ab, die anderen erfolgreich zu machen, nur daran werden Vertriebsleiter gemessen.“
Entdecken Sie jetzt
-
Lesen
- Post Vorstand Umundum: "Es werden sich schon einige fragen, warum denkt die kleine österreichische Post weltweit?" 09.09.2024
- „Von den zwei Milliarden ist nichts angekommen“ – Baumit-Chef Bursik kritisiert Baupaket der Regierung 09.09.2024
- Infrastruktur als Standort-Faktor fürs Burgenland 09.09.2024
- Videos
-
Podcasts
- Autozulieferer wie Bosch, ZF, Continental verlieren in E-Mobilität gegenüber China an Boden |IM News 04.09.2024
- E-Auto Strafzölle für VW, BMW, Mercedes und Chinesische Hersteller teurer als für Tesla | IM News 28.08.2024
- Porsche steigt bei Varta ein: Sanierung ein gutes Geschäft für Tojner | Bosch in der Krise |IM News 21.08.2024
Noch skeptischer äußert sich Franz Reitbauer, für den Vertrieb zuständiger Geschäftsführer der Greiner Packaging: „Führungstätigkeit ist in erster Linie auch eine Frage der Zeit. Und Playing Captains haben ganz einfach weniger Zeit für Führungsaufgaben. Meiner Meinung nach sollten Vertriebsleiter also nicht allein Kunden betreuen. Genauer gesagt: Sie haben die Verantwortung für alle Kunden, aber keine Account Responsibility im engeren Sinne. Ein primus inter pares wird diesen Spagat nicht schaffen.“
2. Wie definiere ich die Ziele?
Pauschale Zielsetzung ist wichtig – die Ziele müssen aber unbedingt auf die Ebene der Verkäufer heruntergebrochen werden.
Meist ist es der zweite Schritt, an dem es hapert. Die übergeordneten Vertriebsziele sind definiert, doch sie werden nicht konsequent auf die einzelnen Mitarbeiter und Vertriebsgebiete umgelegt. Wie die Studie zeigt, vereinbaren die Spitzenvertriebe mit den Mitarbeitern individuelle Ziele auf der Basis von Produkt- und Marktpotenzial – und nicht nur eine pauschale prozentuelle Erhöhung. Neben der klaren Kommunikation der Ziele geht es aber auch um das Vereinbaren konkreter Aktivitäten.
„Für die Zieldefinition“, sagt Gerhard Leitner, „benötigt man viel Zeit der Vorbereitung und dann extreme Konsequenz in der Umsetzung.“
Entscheidend ist auch, aus der Analyse vorangegangener Akquise Schlüsse zu ziehen – und diese permanent in die Zieldefinition einfließen zu lassen. Mario Schindlmayr sieht in der Ableitung konkreter Maßnahmen aus den Ergebnissen der Vertriebskontrolle einen zentralen Hebel und das „eigentliche Zentrum jeder Sales-Strategie: Wir haben die Ergebnisse – und was heißt das jetzt für uns?“
3. Wie finde ich Mitarbeiter?
Sie sind irgendwo da draußen – doch um die passenden Mitarbeiter zu finden, sollte man sich Zeit lassen. Und sich gleichzeitig um die bestehenden kümmern.
Auf der Suche sind im Grunde alle, sagt Gerhard Leitner, aber es geschieht viel zu oft unstrukturiert beziehungsweise verlässt man sich zu sehr auf das Bauchgefühl. „Die Spitzenunternehmen führen etwa Potenzialanalysen zu den Kandidaten durch. Sie kooperieren auch permanent mit Alumni-Clubs der Universitäten und Fachhochschulen. Und vor allem lassen sie sich Zeit, um die richtigen Mitarbeiter zu finden.“
Vernachlässigt werden aber auch oft die nächsten Schritte. Hohe Fluktuation im Sales-Team spricht nicht unbedingt gegen die Qualität der Mitarbeiter – es kann auch der Mangel an typgerechter Führung sein, an Anerkennung und Belohnungssystemen. Oder auch – sogar sehr häufig – die Tatsache, dass die Mitarbeiter keinerlei Angebot zur Weiterentwicklung bekommen.
Lesen Sie hier auch: Personalmangel in Schlüsseltechnologien – So viele fehlen in 5 Jahren
4. Gebe ich das richtige Feedback?
Je genauer die Ziele vereinbart werden, desto eher werden die Mitarbeiter Kritik annehmen – und nicht persönlich nehmen.
Man kann es natürlich auch übertreiben. Die Leistung der Mitarbeiter alle paar Tage nach unzähligen Kriterien zu messen, ist nicht unbedingt zielführend. Wichtig, das zeigt die Studie der Limak, ist jedoch eine kontinuierliche Überprüfung des Zielpfades nach möglichst wenigen Parametern.
Und was danach kommt, zählt wohl zu den heikelsten Jobs in der Vertriebsleitung. Kritik ist naturgemäß für jede Führungskraft eine Herausforderung. „Doch im Sales-Bereich ist das Kommunizieren von Kritik – positiver wie negativer – vielleicht besonders schwierig“, glaubt Mario Schindlmayr. „Sales Manager stehen meist sehr nahe an den Verkäufern. Es gibt die Gefahr einer ‚Verhaberung’, die fachliche Kritik schnell persönlich werden lässt.“
Vor allem gegenüber den Starverkäufern haben Vertriebsleiter beim Feedback oft Hemmungen. Je genauer die Zielvereinbarung ist, desto eher kann man fachliches Feedback jedenfalls vom Persönlichen trennen.
Hier gibt es die beste Unternehmensberatung: Das sind die besten Consultants in Österreich
Die Studie zeigt, dass die Unternehmen in diesem Bereich selbst großen Handlungsbedarf sehen: Bei den Fragen nach der strukturierten Messung der Performance und der Ableitung entsprechender Maßnahmen liegen Ist- und Soll-Zustand besonders weit auseinander.
5. Gebe ich genügend Struktur?
Verkaufen ist und bleibt eine Frage der Intuition. Ohne strukturierte Prozesse läuft diese aber früher oder später ins Leere.
Strukturierte Prozesse im Vertrieb? Klingt schwierig angesichts eines Bereichs, der unbestritten auf Intuition und persönlicher Chemie basiert. Ist es auch. Dennoch: „Das Zurückdrängen intuitiven Handelns in der Vertriebsleitung ist einer der wesentlichen Punkte“, betont Franz Reitbauer. Je strukturierter die Abläufe, desto eher wird im Team ein gemeinsames Verständnis von Abläufen, Anforderungen und bewährten Verhaltensweisen entstehen.
Je größer eine Organisation ist, desto mehr bedürfe es eines Vertriebsleiters, der nicht primär intuitiv sondern strategisch vorgeht, sagt Reitbauer. Das Anforderungsprofil ist ein grundlegend anderes als das eines Verkäufers.
Und genau damit begründet der Vertriebschef von Greiner Packaging seine Skepsis gegenüber der häufig geübten Praxis: „Ich bin der Meinung, dass es fast immer ein Fehler ist, einen Top-Verkäufer aus den eigenen Reihen zum Vertriebsleiter zu ernennen. In einzelnen Fällen mag das richtig sein, aber meist werden diese Menschen als Vertriebsleiter nicht glücklich. Einerseits ist es natürlich psychologisch heikel, wenn jemand aus der Mannschaft die Leitung übernimmt. Vor allem aber geht es um eine völlig andere Kompetenz – und das muss und kann man den Mitarbeitern auch klar machen.“
Die intrinsische Motivation guter Verkäufer, die Lust an der Arbeit mit den Kunden – genau das führe dazu, dass die Übernahme der Verkaufsleitung für sie oft nur ein scheinbarer Aufstieg sei. „Das Aufgabenprofil verändert sich in eine Richtung, die sie eigentlich nicht wollen“, meint Reitbauer, „oft ist es daher zielführender, die Vertriebsleitung einem Mitarbeiter von Außen zu übertragen.“
6. Kenne ich die wichtigsten Kunden wirklich?
Strategisches Vorgehen im Key Account Management bedarf vor allem genauer Kenntnis des Geschäftsmodells des Kunden.
„Ich habe schon mehrere Organisationen erlebt“, erzählt Franz Reitbauer, „aber ehrlich gesagt keine, in der dieses Thema perfekt gelöst wurde.“ Strategisches Kundenmanagement zählt zur hohen Schule, die ein Vertriebsleiter beherrschen muss – „damit steht und fällt der Erfolg des Vertriebs.“
Die Balance zwischen der per definitionem längerfristig ausgerichteten Strategiearbeit einerseits und den sich permanent verändernden Märkten andererseits erfordert eine kontinuierliche Adaption der Strategie. „Diese Balance zwischen strategischer Marktbearbeitung und Flexibilität zu finden, ist allerdings wirklich schwierig“, räumt Reitbauer ein.
Sowohl die Akquise neuer Key Accounts als auch das Betreuen der bestehenden hat vor allem eine Voraussetzung: die genaue Kenntnis des Geschäftsmodells und der Wertschöpfungsketten des Kunden. Was sind seine zentralen Themen? Was sind die Themen der Kunden des Kunden?
„Genau so wichtig ist aber die Kenntnis des eigenen Unternehmens und seiner Produkte und Dienstleistungen“, betont Franz Reitbauer. Bevor ein Vertriebsmitarbeiter bei Greiner Packaging „hinaus“ geht, muss er mindestens ein halbes Jahr lang alle Bereiche im Haus kennengelernt haben: „Produktion, Entwicklung, Logistik – wenn er das nicht kennt, wie soll er dann einen Kunden zum Produkt beraten?“
Und ein weiterer Mangel taucht im strategischen Kundenmanagement immer wieder auf: fehlende Kunden-Segmentierung. Würth-Vertriebschef Mario Schindlmayer: „Es gibt für jeden Kunden auch den richtigen Betreuer. Das wahllos zuzuweisen, ist ein Fehler.“ Das gilt auch in Gegenrichtung: „Ab einer bestimmten Unternehmensgröße müssen auch die eigenen Sales-Mitarbeiter ‚segmentiert’ werden“, betont Schindlmayer. „Bei Würth haben wir eine klare und transparente Unterscheidung, wer aufgrund seiner Ausbildung und seiner Persönlichkeit welche Art von Kunden betreut.“
7. Was ist also das Kompetenzprofil?
Gute Vertriebsleiter haben die gleichen Eigenschaften wie alle anderen Führungspersonen – Spitzen-Verkäufer müssen sie selbst nicht sein.
Dass Top-Verkäufer nicht automatisch Top-Vertriebsleiter sind, ist einhellige Meinung der Experten. Was aber sind nun die Schlüsselkompetenzen, die Vertriebsleitung erfordert?
In der Limak-Studie zeigen sich zwei zentrale Punkte: Führungskompetenz und strategische bzw. unternehmerische Kompetenz werden mit großem Abstand vor verkäuferischem Können im engeren Sinne genannt. „Verkäuferisches Grundwissen ist in der Vertriebsleitung sicherlich notwendig“, sagt Gerhard Leitner, „aber viel wichtiger sind Kommunikationsstärke und Empathie einerseits, klare Zielorientierung, Strukturiertheit und konsequente Entscheidungskraft andererseits.“
Klingt anstrengend. „Ist es auch“, bestätigt Gerhard Leitner, „aber eines ist es nie: trivial.“
Dieser Beitrag erschien erstmals Dezember 2016. Aufgrund seines nach wie vor hilfreichen und relevanten Inhalts haben wir ihn gerne für Sie aus dem Archiv geholt.