Bauindustrie : Weniger Gewinn bei der Strabag

Der Strabag-Vorstand hat mit den Verlusten gerechnet: "Ergebnis im Rahmen unserer Erwartungen"

Der Strabag-Vorstand hat mit den Verlusten gerechnet: "Ergebnis im Rahmen unserer Erwartungen"

- © STRABAG

Der börsennotierte Baukonzern Strabag hat im ersten Halbjahr 2022 zwar eine höhere Leistung als in der Vorjahresperiode erzielt, dabei aber deutlich weniger Gewinn erzielt. Die Firma erwirtschaftete ein Periodenergebnis von 40,41 Mio. Euro. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es 88,27 Mio. Euro gewesen. "Das Halbjahresergebnis liegt voll im Rahmen unserer Erwartungen", kommentierte Konzernchef Thomas Birtel das Resultat im Gespräch mit der APA.

Das Ergebnis sei insofern erfreulich, als sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen völlig unerwartet entwickelt hätten, verwies der CEO auf die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs. Zu spüren bekommen habe der Konzern vor allem daraus resultierende Lieferkettenprobleme sowie höhere Energiekosten. Die Baubranche sei zwar vergleichsweise kein sonderlich energieintensivster Sektor, an vielen Stellen falle der Gaseinsatz dennoch hoch aus. Stark betroffen sei man von den Effekten der hohen Kosten für Zulieferer, vor allem aus der energieintensiven Zementindustrie. "Das hat sich ausgewirkt in der Preisgestaltung, aber auch bei Lieferverzögerungen."

Diesbezüglich profitiere der Bau aber von den kurzen Lieferketten, räumte Birtel ein. Bis zu einem gewissen Grad habe man die höheren Preise auch an die Kunden weitergeben können. Dass das Ergebnis trotz der Unwägbarkeiten durch den Krieg in den erwarteten Bereich gefallen sei, wertete der Strabag-Chef als Indiz dafür, "wie robust unser Geschäftsmodell ist".

"Robustes Geschäftsmodell"

So sank im ersten Halbjahr zwar der Nettogewinn des Unternehmens. Die Bauleistung aber erhöhte sich um 9 Prozent auf rund 7,58 Mrd. Euro und die Umsatzerlöse stiegen um 11 Prozent auf 7,24 Mrd. Euro. Ebenso voll sind laut Mitteilung von Mittwochfrüh die Auftragsbücher. Mit 23,9 Mrd. Euro lag der Auftragsstand per Ende Juni um 14 Prozent über dem Vorjahr und bewegte sich damit nach Unternehmensangaben auf Rekordniveau. Alleine in Deutschland stieg der Wert um 2 Mrd. Euro. Zuwächse habe es aber auch in Österreich und Polen gegeben.

Einen kräftigen Rückgang gab es demgegenüber beim operativen Ergebnis (EBIT), das von 140,19 Mio. Euro auf 63,63 Mio. Euro fiel, sich damit aber "durchaus in den langjährigen Vergleich einfügt", wie es in der Aussendung hieß. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) belief sich auf 324,67 Mio. Euro, was zum ersten Halbjahr 2021 einem Rückgang von 20 Prozent entspricht. "In Zeiten wie diesen haben die Abschreibungen natürlich einen höheren Effekt", sagte Birtel zu den hohen Differenzen im Vergleich zum Vorjahr. Der Konzerngewinn verringerte sich zum Vorjahr um 51 Prozent. Dieser Rückgang sei aber im Verhältnis zum ersten Halbjahr 2021 zu sehen, als der Konzern ein Rekordergebnis erzielen konnte.

Profitiert habe der Konzern zuletzt neben guten Geschäften in den Kernmärkten auch von lukrativen Aufträgen im Vereinigten Königreich. Mit dem Bau der britischen Hochsicherheitsstrecke HS2 sowie einer Polyhalit-Mine laufen dort zwei Großprojekte, berichtete der Konzernchef. In der Pipeline hat der Konzern zudem große Straßenbauprojekte in Polen sowie das Projekt "Grünblick" in Wien, in dessen Rahmen ein Hochhaus mit insgesamt 350 Eigentumswohnungen im Grünen Prater entstehen soll.

Sanktionen gehen nur knapp an Strabag vorbei

Das zuletzt neu vereinbarte Syndikat der österreichischen Kernaktionäre nimmt auf das operative Geschäft laut Birtel keinen Einfluss. Nach dem Ausschluss des russischen Kernaktionärs Oleg Deripaska und seiner Gesellschaft MKAO Rasperia Trading hatte sich um den Kernaktionär Peter Haselsteiner das Syndikat formiert. Dieses umfasst Haselsteiner und seinen Sohn, Uniqa und Raiffeisen - es hält 57 Prozent der Strabag-Anteile. Derzeit harrt das Syndikat noch seiner Genehmigung durch mehrere Kartellbehörden.

"Was das Unternehmen eine gewisse Zeit beeinträchtigt hat, war die Sanktionierung von Oleg Deripaska und seiner Gesellschaft." Das habe Erklärungsbedarf ausgelöst, weil es seitens der Auftraggeber durchaus Befürchtungen gegeben habe, dass die Strabag durch mögliche Sanktionen getroffen werden könnte. "Inzwischen ist ganz klar gestellt, dass das in keiner Weise der Fall ist." Die zuletzt von Peter Haselsteiner im Zusammenhang mit dem Syndikat ins Spiel gebrachte Erhöhung des Streubesitzes wäre für Birtel begrüßenswert, betonte er auf Nachfrage.

Zum seitens der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) erneut aufgerollten Kartellverfahren sagte Birtel, dass man derzeit auf eine Entscheidung des Kartellgerichts warte. Die BWB hatte eine nochmalige Prüfung veranlasst, wodurch die verhängte Strafe für den Bauriesen höher ausfallen könnte. "Wir gehen davon aus, dass es unsererseits keinen Anlass für einen solchen Änderungsantrag gegeben hat und dass deshalb der Antrag der Behörde erfolglos bleiben muss."

Für das Gesamtjahr bleibt das Management optimistisch und rechnet wie zuvor mit einer Bauleistung von 16,6 Mrd. Euro. Bestätigt sieht sich der Vorstand dabei durch den üppigen Auftragsbestand, wie es in der Mitteilung hieß. Angepeilt wird zudem eine EBIT-Marge von 4 Prozent, was realistisch erscheine, da sich das Geschäftsmodell unter den aktuellen Bedingungen als robust erwiesen habe.

Kernaktionäre vereinbaren neues Syndikat

Für die österreichischen Kernaktionäre der Strabag ist der Weg frei, ihre Beteiligungen neu zu ordnen und in ein neues Syndikat einzubringen. Der Aufsichtsrat der UNIQA hatte Mitte August den Abschluss des neuen Syndikats der österreichischen Kernaktionäre der Strabag zugestimmt.

Die UNIQA, die Raiffeisen Holding NÖ-Wien, die Haselsteiner Privatstiftung sowie Hans-Peter und Klemens Haselsteiner und deren Konzerngesellschaften können damit ein neues Syndikat bilden, um die bestehende kontrollierende Beteiligung an der Strabag fortzuführen.

Sie werden als Bieter ein öffentliches Pflichtangebot zum Erwerb von sämtlichen ausstehenden Stückaktien der Strabag zum Angebotspreis von 38,94 Euro pro Strabag-Aktie erstatten. Der Angebotspreis entspricht dem Mindestpreis gemäß Übernahmegesetz. Wobei die Strabag bis zu 10 Prozent der eigenen Aktien übernehmen kann.

Welche Sanktionen wurden gegen Russland seit Beginn des Kriegs beschlossen und wirken diese überhaupt?

Wegen der Russland-Sanktionen richtet sich das Angebot jedoch nicht an den russischen Milliardär Oleg Deripaska und seine Gesellschaft MKAO Rasperia Trading. Deripaska und seine Gesellschaft halten 28,500.001 Stück Strabag-Aktien. Deripaska ist seit etlichen Jahren Strabag-Aktionär und war auch Teil des Syndikats. Aufgrund der Russland-Sanktionen musste der Syndikatsvertrag mit ihm gekündigt werden.

Das Angebot ist nicht mehr gültig, falls Rasperia während der Laufzeit des Angebots (einschließlich der Nachfrist) durch Aufhebung der EU-Sanktionen oder einer Freistellung durch die Sanktionsbehörde wieder über seine Strabag-Aktien verfügen kann. In diesem Fall wird auch der Syndikatsvertrag nicht wirksam.

Wegen dieser auflösenden Bedingung mit Bedingungsfrist bis zum Ende der gesetzlichen dreimonatigen Nachfrist des Angebots, soll die Abwicklung des Angebots (Settlement) auch erst binnen zehn Börsetagen nach Ende der Nachfrist des Angebots erfolgen.

Die Bieter halten rund 57,78 Prozent des Grundkapitals der Strabag. Rasperia kann durch die Sanktionen seine Stimmrechte nicht ausüben. Gemäß § 22b Übernahmegesetz sind damit die Kernaktionäre auf 26 Prozent aller Stimmrechte beschränkt. Das Pflichtangebot wird daher auf den Erwerb von bis zu 14,44 Prozent des Grundkapitals der Strabag gerichtet sein.

Die Angebotsunterlage wird nach Nichtuntersagung durch die Übernahmekommission veröffentlicht werden. Es gilt eine gesetzliche dreimonatige Nachfrist. Die Wirksamkeit des Syndikatsvertrages und der Vollzug des Angebots sind mit Freigabe der ungarischen und allenfalls weiterer Wettbewerbsbehörden bedingt.

Kritisch betrachtet der Interessenverband der Anleger (IVA) die Bildung des neuen Syndikats: "Es handelt sich dabei um ein Pflichtangebot im Schongang", merkt Florian Beckmann vom IVA an. "Der gebotene Mindestpreis ist wenig attraktiv. Insgesamt wird der Streubesitz weiter minimiert werden. Man kann sich fragen, ob eine Börsenotiz in Zukunft noch gewollt ist."