"Wiener Zucker" : Trotz Gewinnanstieg bei Agrana: CEO Stephan Büttner sieht Wolken aufziehen

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Trotz guter Zahlen sieht der neue Agrana-Chef Stephan Büttner für das kommende Geschäftsjahr Wolken aufziehen.

- © APA/HARALD SCHNEIDER

Trotz einer schwankenden Marktsituation verzeichnete der Agrana-Konzern, ein führender Anbieter von Frucht-, Stärke- und Zuckerprodukten, im Geschäftsjahr 2023/24 einen signifikanten Anstieg seines Gewinns. Für das aktuelle Geschäftsjahr prognostiziert das Unternehmen jedoch einen spürbaren Rückgang des Betriebsergebnisses, hauptsächlich bedingt durch Schwierigkeiten im Zuckergeschäft. "Es gibt wieder ein paar Wolken. Mit denen müssen wir uns auseinandersetzen", erklärte der neue CEO Stephan Büttner während der Bilanzpressekonferenz am Dienstag.

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Agrana, bekannt durch die Marke "Wiener Zucker" und an der Börse gelistet, beschäftigt etwa 9.000 Mitarbeiter an 55 Standorten weltweit. Der österreichische Konzern verarbeitet Zuckerrüben, Mais sowie Obst und Beeren zu verschiedenen Produkten. Seit dem vierten Quartal des Geschäftsjahres 2023/24 sieht sich das Unternehmen einem "zunehmend herausfordernden Geschäftsumfeld" gegenüber, was voraussichtlich im ersten Quartal 2024/25 zu einem Ergebnisrückgang führen wird. Für das gesamte Jahr wird ein "leichter Rückgang" des Konzernumsatzes erwartet.
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- © Industriemagazin

Importbeschränkungen für Zucker aus der Ukraine

Im abgelaufenen Geschäftsjahr, das im Februar endete, stieg das operative Ergebnis (EBIT) um 71,1% auf 151 Millionen Euro, während der Konzerngewinn um beeindruckende 181% auf 69,4 Millionen Euro sprang. Der Umsatz erhöhte sich um 4,1% auf 3,79 Milliarden Euro. Das Unternehmen habe sich "auf die Marktdynamiken bei Rohstoff-, und Energiepreisen und Absatzmengen gut eingestellt" kommentierte Büttner die Ergebnisse. Im Fruchtsegment stieg das EBIT auf 60,2 Millionen Euro, nach einem Verlust im Vorjahr, begünstigt durch den Wegfall einer Abschreibung und einer besseren operativen Entwicklung. "Wermutstropfen" im Segmentergebnis Frucht sei "eine notwendige Sonderabschreibung aufgrund der weiterhin angespannten Geschäftsentwicklung in Asien" gewesen, so der Agrana-Chef.

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Im Stärkebereich sank das Betriebsergebnis aufgrund niedrigerer Absatzvolumen und Verkaufspreise von 80,2 Millionen Euro im Vorjahr auf 50,4 Millionen Euro. Im Zuckersegment konnte durch bessere Kapazitätsauslastung und eine höhere Produktionsmenge ein zufriedenstellendes Ergebnis trotz gestiegener Importe aus der Ukraine erzielt werden. "Trotz Absatzrückgang aufgrund gestiegener Importmengen aus der Ukraine verlief das Geschäft zufriedenstellend", sagte der Agrana-Vorstandsvorsitzende. Die ab Juni wieder eingeführten Importbeschränkungen für Zucker aus der Ukraine werden als teilweise zufriedenstellende Lösung betrachtet.

Fruchtzubereitung Agrana
Fruchtzubereitung bei der Agrana - © Agrana

Geopolitische Lage beeinträchtigt Agrana

Die geopolitische Lage, insbesondere der russische Angriff auf die Ukraine seit Februar 2022, beeinträchtigt Agrana doppelt. In der Ukraine betreibt das Unternehmen in Vinnitsa - rund 300 Kilometer südwestlich von Kiew - ein Fruchtzubereitungs- und ein Fruchtsaftkonzentratwerk. Trotz der schwierigen Umstände in der Ukraine ist das Werk dort zu 70 Prozent ausgelastet. Die Arbeit der dortigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sei angesichts der Umstände "beeindruckend", so der Agrana-Chef. Auch in Russland unterhält Agrana in Serpuchov - rund 100 Kilometer südlich von Moskau - ein Fruchtzubereitungswerk. "Das Unternehmen agiert weitestgehend autonom. Wir nehmen keinen Einfluss auf die Geschäftstätigkeit des Unternehmens." Das russische Werk, das Grundnahrungsmittel produziert, bleibt vorerst in Betrieb, da das Unternehmen derzeit keine wirtschaftlich vertretbare Rückzugsmöglichkeit sieht. "Wir finden keine vertretbare wirtschaftliche Möglichkeit uns aus dem Markt zurückzuziehen", erklärte Büttner.

Agrana-Standort in Russland
Agrana-Standort in Russland - © Agrana

"Leopoldsdorf steht nicht zur Disposition"

Im Jahr 2020 stand die Zukunft der zweiten Zuckerfabrik von Agrana in Österreich aufgrund unzureichender Mengen an Zuckerrüben auf der Kippe. Im Herbst desselben Jahres schlossen der Agrarkonzern, das Landwirtschaftsministerium und die Rübenbauern einen „Zuckerpakt“, um den Standort Leopoldsdorf in Niederösterreich zu sichern. Laut Unternehmensangaben sind für eine optimale Auslastung der Werke in Tulln und Leopoldsdorf Zuckerrüben von 38.000 Hektar erforderlich. Dieses Jahr hat Agrana mit lokalen Landwirten den Anbau von Zuckerrüben auf 44.200 Hektar vereinbart, was eine Steigerung von 8.000 Hektar im Vergleich zum Vorjahr darstellt. "Leopoldsdorf steht nicht zur Disposition", betonte Büttner auch im Hinblick auf die in Entwicklung befindliche neue Unternehmensstrategie. "Zucker ist Bestandteil der DNA von Agrana", fügte er hinzu. Das Management von Agrana plant, die Strategie für Portfolio und Management zu verfeinern, Synergien zwischen den Geschäftsbereichen intensiver zu nutzen sowie die Grundprofitabilität zu steigern und die Ergebnisschwankungen zu minimieren. Einzelheiten zur bevorstehenden Unternehmensstrategie wollte Büttner noch nicht preisgeben.

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Der Agrarkonzern zeigt sich relativ unbeeindruckt vom bevorstehenden Ende des Transitvertrags für russisches Gazprom-Gas über die Ukraine Ende 2024. „Das Unternehmen verfügt über eine langfristige Absicherungsstrategie für Gas, erklärte Norbert Harringer, Vorstandsmitglied von Agrana. Aufgrund der stark gestiegenen Gaspreise im Jahr 2022 und der Möglichkeit eines russischen Lieferstopps rüstete das Unternehmen seine Zucker- und Stärkefabriken in Österreich sowie ein Werk in der Slowakei mit Ölbrennern für die Dampferzeugung aus. Harringer ist zuversichtlich, dass es bezüglich der Gasversorgung zu keinen Schwierigkeiten kommen wird. Wir gehen davon aus, dass es bei der Gasversorgung keine Themen geben wird", so der Agrana-Vorstand.

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