Mit tollen Zahlen startete Thyssen-Krupp in dieses Geschäftsjahr. Trotz schwächelnder Nachfrage aus der Automobilindustrie schrieb das Traditionsgeschäft des Essener Industriekonzerns zwischen Januar und März mit einem bereinigten Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen von 479 Millionen Euro das beste Ergebnis der jüngeren Geschichte.
Dennoch blickt der Vorstandschef von Thyssen-Krupp Steel, Bernhard Osburg, mit Sorge in die Zukunft. Denn die Angst, der Krieg in der Ukraine könnte zu einer Unterbrechung der deutschen Gasversorgung führen, wiegt schwer am Standort in Duisburg. „Können wir weniger als 50 Prozent unseres aktuellen Gasbedarfs decken, wird es schwierig, eine stabile Produktion aufrechtzuerhalten“, sagt Osburg.
Für den Konzern bedeutet das ein hohes Risiko – auch, weil viele Anlagen auf einen Dauerbetrieb ausgelegt sind. „Eine Kokerei beispielsweise lässt sich nicht kurzfristig abstellen, ohne dass das große wirtschaftliche Schäden verursacht.“
Wie auch viele andere Unternehmen aus der energieintensiven Industrie spielt Thyssen-Krupp deshalb verschiedene Szenarien durch, um im Ernstfall schnell auf eine veränderte Versorgungslage reagieren zu können.
Dazu kommt: Die Stahlindustrie steht wegen des Drucks, ihre CO2-Emissionen zu reduzieren, vor milliardenschweren Investitionen. Allein Thyssen-Krupp rechnet mit einem hohen einstelligen Milliardenbetrag, um die Hochöfen in Duisburg schrittweise durch Direktreduktionsanlagen und Elektrolichtbogenöfen zu ersetzen.
Schon länger streiten Arbeitnehmervertreter und Management darüber, wie hoch die Mitgift ausfallen muss, mit der die Stahlsparte in die Selbstständigkeit entlassen werden kann. Aus Sicht der IG Metall benötigt die Tochter einen Kapitalzuschuss von 3,2 Milliarden Euro, um die erforderlichen Investitionen stemmen zu können. Der Konzern in Essen hingegen sehe den Kapitalbedarf eher bei 700 Millionen Euro, berichtete kürzlich das „Manager Magazin“.
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