Roboter in der Zukunft sicher bedienen : Roboter im Mittelstand: Mit oder ohne Zaun?

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Vor- und Nachteile der Robotik in der Zukunft. Industrieroboter und Cobots können auf die Automatisierung und Effizienz in Unternehmen auswirken. Bei der Arbeit mit Industrierobotern hat jedoch die Sicherheit des Menschen höchste Priorität.

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Für den Laien auf den ersten Blick nicht erkennbar, zieht diese Frage ein ganzes Kompendium an Folgen mit sich. Wenn der Cobot eingezäunt ist, kann er seine Arbeit schneller verrichten, aber wenn in der Fabrikhalle der Raum beschränkt ist, muss ich nun mal auf den geliebten Zaun verzichten. Und dann ist da noch die Frage der Sicherheit: Soll der menschliche Mitarbeiter sich ganz natürlich im Biotop des Roboters bewegen dürfen oder setze ich für die Überwachung das modernste Lasersystem ein?

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Die Nachfrage nach kollaborativen Robotern ist groß. In den letzten fünf Jahren stiegen die Verkaufszahlen um 30 Prozent. Die Vorteile liegen auf der Hand: Cobots sind schnell in der Installation und sehr flexibel im Einsatz. Zur optimalen Ergänzung der Leistung des Menschen und zur Steigerung der Produktivität von Anlagen muss das Robotersystem im Idealfall frei zugänglich sein – und zwar ohne Gefahr für Gesundheit und Leben der Mitarbeiter. Hierfür verfolgen die Anbieter unterschiedliche Lösungsansätze.

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Roboterintegration von Sicherheit in den Konstruktionsprozess

„Ich erlebe es in der Praxis sehr oft, dass bei der Integration zuerst auf die Funktionalität geschaut wird und erst im Nachhinein die Sicherheit darübergestülpt wird. Das führt aber meist zu großen Problemen, weil man dann schnell merkt, dass die Lösung nicht so einfach ist. Daher sollte der Sicherheitsaspekt von der Planungsphase bis zur CE-Zertifizierung berücksichtigt werden“, so Pilz-Sicherheitsexperte Kevin Nikolai.

Es gibt eine Reihe von Regeln, die es zu beachten gibt. Je nach Anwendung kommen da schnell bis zu sechs unterschiedliche Gesetze mit etlichen Normen ins Spiel. Es geht auch um die Frage, wie hoch der Automationsgrad ist – wie ist also die Interaktion zwischen Mensch und Maschine ausgeprägt. „Der Hersteller einer Maschine muss dafür sorgen, dass eine Risikobeurteilung durchgeführt wird. Die Maschine ist dann unter Berücksichtigung der Ergebnisse zu konstruieren und zu bauen". Diese gesetzliche Forderung nach Integration der Sicherheit in den Konstruktionsprozess ist dem Experten zufolge einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren für die Entwicklung sicherer Anlagen.

Der Cobot kann große Kräfte ausüben, die für den Menschen gefährlich werden können. Dementsprechend müssen Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden. Bei einem klassischen Schutzzaun ist es möglich, in den Zaun zu greifen und da kann es schnell passieren, dass die Hand weg ist. „Das Problem ist, dass solche Situationen meist unbeabsichtigt entstehen. Wenn ein Mitarbeiter entlang der Bodenmarkierung geht, kann ihm etwas aus der Hand fallen und durch den Zaun fallen. In der Aufregung greift er schnell danach und dann passieren die Unfälle“, so Nikolai. All das muss bei der Planung berücksichtigt werden, sonst droht bei einer Inspektion im schlimmsten Fall, dass die Anlage gesperrt wird.

Sicherheitslösungen für zaunlose Robotik

Ein Verfechter der zaunlosen Robotik ist Werner Zipperer von Sick. Das Unternehmen setzt auf modernste Lasertechnologie, die die Umgebung abtastet und eine sichere Zusammenarbeit ermöglichen soll. „Durch den Fachkräftemangel stehen viele Unternehmen mit dem Rücken zur Wand. Sie sind gezwungen, Cobots einzusetzen. Für Unternehmen ist die entscheidende Frage, ob die Automatisierung mit einem Cobot die Effizienz erhält“, sagt Zipperer.

Entscheidend sind hier die ungeplanten Stillstandszeiten. Dahinter verbirgt sich das häufig notwendige Auslösen von Sicherheitsmechanismen, die eine Roboterzelle außer Betrieb setzen. Mit Lichtschranken sollen diese verlustreichen Ausfälle minimiert werden. Mit dem TÜV-zertifizierten Sicherheitssystem „Safe Portal“ bietet Sick eine effiziente Zugangsüberwachung an. Mit einer intelligenten Schutzfeldauswertung sichern die vertikal ausgerichteten Sicherheits-Laserscanner Anwendungen lückenlos ab. „Im Vergleich zu anderen Lösungen ist damit die Sicherheit von Personen in jeder Situation lückenlos gewährleistet.“ Die „sBot“-Suite ist eine weitere Lösung von Sick. Dabei reduzieren Roboter bei Annäherung einer Person dynamisch ihre Geschwindigkeit - bis hin zum sicheren Stopp.

Die Wahl zwischen Industrierobotern und Cobots

ABB verfügt über eine breite Produktpalette, die alle Formen der Robotik abdeckt. Während Industrieroboter in Großunternehmen nach wie vor dominieren, gibt es im Mittelstand einen regelrechten Cobot-Boom. Laut Dario Stojicic von ABB ist dies auf den demografischen Wandel zurückzuführen: „Die sinkende Erwerbsquote stellt uns vor große Herausforderungen, und da bietet uns die Robotik viele Möglichkeiten“.

Beim Schweizer Branchenprimus setzt man auf Roboterzellen, die eine schlüsselfertige Integration in die Produktionslinie ermöglichen. Doch nicht immer ist der Industrieroboter die richtige Lösung. „Es ist wichtig, sich im Vorfeld zu überlegen, welches System für mich am meisten Sinn macht. Wenn ich wenig Produktvarianz und einen hohen Output habe, hat die Roboterzelle natürlich Vorteile. Wenn ich aber in der Produktion flexibel sein will und mit einer geringeren Geschwindigkeit auskomme, dann würde ich auf den Cobot setzen.“

Die salomonische Lösung

Haben wir eingangs den Vergleich mit dem Nachbarschaftsstreit gezogen, so kommen wir am Ende um eine weitere Lösung Made in Austria nicht herum: Den Kompromiss. Das Wiener Unternehmen Blue Danube Robotics geht genau diesen Weg und stattet bewährte Industrieroboter mit einer künstlichen Haut aus, die eine sichere Interaktion ermöglichen soll. Mit „Airskin“ scheinen die Entwickler den Nerv der Zeit getroffen zu haben. Ihre Lösung wird bereits von zahlreichen namhaften Roboterherstellern eingesetzt.

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Die Sicherheit steht oft im Widerspruch zur notwendigen Produktivität, wie die Diskussion zeigt. Wird eine hohe Stückzahl in der Produktion angestrebt, muss bei MRK-Lösungen aus Sicherheitsgründen die Geschwindigkeit des Roboters begrenzt werden. Mit innovativen Überwachungssystemen kann dieses Risiko jedoch minimiert und damit unnötige Stillstandszeiten vermieden werden. Letztlich kommt es auf den jeweiligen Anwendungsfall an.