Hilfe für Betriebe : "Noch nie so viele Probleme gleichzeitig" – Industrie fordert konkrete Maßnahmen
Mehrere Sparten der WKO fordern nun gemeinsam konkrete Maßnahmen, um die Betriebe zu retten. „Die Lage wird zusehends prekär: Ich kann mich nicht erinnern, dass unsere Betriebe jemals mit so vielen Problemlagen gleichzeitig konfrontiert gewesen wären“, warnt Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk in der WKO.
Anhaltende Probleme mit den Lieferketten, knappe Verfügbarkeit und Preissprünge bei Vormaterialien sowie exorbitante Energiepreissteigerungen samt hoher Teuerungseffekte bringen die produzierenden Betriebe derzeit massiv unter Druck. Es braucht daher ein umgehend wirksames Maßnahmenbündel zur Entlastung, das den Preissteigerungen rasch und effektiv entgegenwirkt, fordern die Bundessparte Gewerbe und Handwerk, die Bundessparte Industrie und die Bundessparte Transport und Verkehr in der Wirtschaftskammer Österreich unisono.
Aus Sicht der Industrie muss die Politik jetzt rasch mehrere Entlastungshebel in Bewegung setzen. „Neben der Strompreiskompensation zur Vermeidung von indirektem Carbon Leakage, die ja schon im Regierungsprogramm fixiert, aber immer noch nicht umgesetzt wurde, braucht es dringend die Einrichtung eines Dekarbonisierungsfonds“, betont Bundesspartenobmann Sigi Menz.
Zusätzlich fordert die Branche eine Entschädigungslösung für betroffene Unternehmen, falls es bei einer Energielenkung zu Enteignungen von bestehenden Gasvorräten oder vertraglich zugesagten Mengen kommt. Menz: „Hier ist nach derzeitiger Rechtslage eine entschädigungslose Enteignung möglich, was wir als rechtlich problematisch erachten.“ Auch die Industrie erhebt die Forderung nach einer möglichst unbürokratischen Energiekosten-Unterstützung für Betriebe gemäß dem neuen EU-Krisenrahmen, am besten in Form einer Steuer-Gutschrift.
Die Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale darf man nicht aus den Augen verlieren, warnen die Spartenvertreter. Sie sprechen sich daher für steuer- und sozialversicherungsfreie Einmalzahlungen für die Arbeitnehmer im Zuge der KV-Verhandlungen aus. „Enorme Lohnerhöhungen würden die Betriebe zusätzlich belasten, das gilt es unbedingt zu vermeiden“, stellen Menz und Scheichelbauer-Schuster fest.
„Akuter Handlungsbedarf besteht beim Ausbau von Grünem Gas, z.B. Biomethan. Das gilt sowohl für Unternehmen wie auch Haushalte. Mit dieser nachhaltigen Alternative könnte die bestehende Gas-Infrastruktur - von der Speicherung über das Leitungsnetz bis hin zu Heizsystemen – klimafreundlich weitergenutzt werden“, resümieren die beiden Branchenvertreter.
„Lieferzeiten und Materialkosten sind derzeit für die Unternehmen praktisch nicht abschätzbar. Dazu kommen die extrem stark gestiegenen Preise für Strom, Gas und Treibstoff", so Scheichelbauer-Schuster von der Sparte Gewerbe und Handwerk. Es brauche rasch Maßnahmen, da die Preissprünge zahlreiche Betriebe in ihrer Existenz gefährden würden. "Hier wäre eine Steuergutschrift als Teilersatz für die erhöhten Treibstoffkosten ein erprobter und unbürokratischer Weg, um für eine Entlastung durch eine Treibstoffrückvergütung zu sorgen - gerade bei jenen Gewerbe- und Handwerksbetrieben, die darauf angewiesen sind, Material und Personal zu Baustellen, zur Montage, zum Service und zur Lebensmittelversorgung zu transportieren. Zudem ist es ein Gebot der Stunde, auch energieintensiven Dienstleistungsbetrieben wie den Textilreinigern eine Rückvergütung von Energieabgaben zu ermöglichen.“
In der Bundessparte Transport und Verkehr tritt man für einen eigenen Gewerbediesel ein. „Die Betriebe der Transportbranchen zählen zu den Hauptbetroffenen der explodierenden Energiekosten. Hier muss es eine Entlastung in Form eines Gewerbediesels geben“, sagt Alexander Klacska, Obmann der Bundessparte Transport und Verkehr in der WKÖ. Konkret fordert er, die Mineralölsteuer für gewerblich genutzten Diesel auf das in der EU zulässige Mindestmaß zu senken – so wie dies auch Deutschland macht. Aber auch weitere Entlastungs- und Kompensationsmaßnahmen seien nötig. Wichtig ist Klacska zufolge, dass diese rasch geschehen. „Jedes Zögern der Politik wird sich ansonsten in der Insolvenzstatistik im Bereich Transport und Verkehr niederschlagen“, warnt Klacska.