Baustoffe : Nach zerstörter Fabrik: Knauf zieht sich aus Russland zurück

Der Baustoffhersteller Knauf zieht sich aus Russland zurück

Der Baustoffhersteller Knauf zieht sich aus Russland zurück

- © Knauf

Das Baustoffunternehmen Knauf will sich vollständig vom russischen Markt zurückziehen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen hat die Knauf Gruppe entschieden, sich nach mehr als 30 Jahren in Russland von ihren dortigen Aktivitäten zu trennen, bestätigte der deutsche Familienkonzern am Montag den geplanten Rückzug.

>>> Neue Produktionslinie: Knauf Österreich investiert 6 Mio. Euro in Liezen

Es sei "der Wunsch des Unternehmens, das gesamte Geschäft in Russland inklusive Rohstoffgewinnung, der Produktion und des Vertriebs auf das lokale Management zu übertragen, um die Arbeitsplätze der mehr als 4.000 Mitarbeiter auch in Zukunft zu erhalten", teilte das Unternehmen weiter mit. Die geplante Transaktion stehe unter dem Vorbehalt, dass die zuständigen Behörden in Russland zustimmen.

Nie mehr die wichtigsten News aus Österreichs Industrie verpassen? Abonnieren Sie unser Daily Briefing: Was in der Industrie wichtig wird. Täglich um 7 Uhr in Ihrer Inbox. Hier geht’s zur Anmeldung!

Folgen Sie uns doch für mehr News aus Österreichs Industrie auf unserem neuen WhatsApp-Kanal: einfach Code scannen und auf "abonnieren" klicken!

- © Industriemagazin
Die Knauf Gruppe hat vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen entschieden, sich nach mehr als 30 Jahren in Russland von ihrem dortigen Geschäft zu trennen.
Knauf in einer Aussendung

14 Produktionsstätten in Russland

Der Familienkonzern zählt mit einem Umsatz von rund 15,4 Milliarden Euro im Jahr 2022 zu den größten Baustoffherstellern der Welt. Zuletzt war das Unternehmen wegen seiner Russland-Geschäfte erneut in die Kritik geraten. Ein Bericht des ARD-Magazins Monitor" hatte Knauf unterstellt, sich am Wiederaufbau der von Russland besetzten ukrainischen Stadt Mariupol zu beteiligen und Sanktionsauflagen zu missachten. Reporter hatten den Namen Knauf auf Säcken mit Putz in Mariupol entdeckt. Das Unternehmen betonte daraufhin, dass es seit Februar 2022 keine Waren mehr nach Russland liefere und auch keine Exporte aus Russland tätige. Knauf liefert auch keine Baustoffe aus der EU nach Mariupol.

>>> PFAS im Trinkwasser? Perfekt gefiltert!

Das Unternehmen betreibt ein Werk in der Nähe von Kiew und 14 Produktionsstätten in Russland, in denen 4.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt sind. Knauf verurteile den Angriffskrieg gegen die Ukraine und halte sich an alle Sanktionen der EU, Großbritanniens und der USA gegen Russland, hieß es in einer Stellungnahme zu dem ARD-Bericht. "Wir weisen den Vorwurf, das nicht zu tun, aufs Schärfste zurück."

Zerstörte Knauf-Fabrik in der Ukraine

Ein Gipswerk der deutschen Firma Knauf ist kurz nach Beginn des Krieges in der Ostukraine im Mai 2022 nach ukrainischen Angaben von der russischen Luftwaffe bombardiert worden. Fotos von einer dichten schwarzen Rauchwolke über dem Werk veröffentlichte der Militärgouverneur des Gebiets Donezk, Pawlo Kyrylenko nach dem Angriff. Das zu Beginn des Krieges stillgelegte Werk sei ein rein ziviles Objekt gewesen, schrieb er. Er warf Russland vor, die Industrie in der Region gezielt zu zerstören. Die Fabrik in Soledor im Donbass sei von einer Rakete getroffen und in Brand gesetzt worden, bestätigte Knauf. "Soweit wir wissen, wurden bei dem Raketenangriff keine Menschen verletzt", hieß es von Seiten des Unternehmens. Kurz nach dem Einmarsch der Russen hatte Knauf das Werk geschlossen.

>>> Knauf Fabrik in der Ukraine durch russischen Angriff zerstört

Mit Beginn des Krieges in der Ukraine hatte Nikolaus Knauf, der 23 Jahre lang russischer Honorarkonsul in Nürnberg war, seine Beziehungen zum Kreml radikal abgebrochen und sein Amt niedergelegt. Dem unterfränkischen Unternehmer sei es immer wichtig gewesen, Brücken zwischen den Menschen in Deutschland und Russland zu bauen, hieß es in einer Mitteilung. So habe Knauf seit seinem Amtsantritt 1999 als Organisator oder Unterstützer zahlreicher kultureller und gesellschaftlicher Veranstaltungen Menschen aus beiden Ländern zusammengebracht.

Knauf Fabrik in Donetzk mit Rauch
Knauf-Fabrik in Donetzk unter dichtem Rauch - © Ukrinform

Nikolaus Knauf kappte Beziehungen zum Kreml und Putin

Nikolaus Knauf traf den russischen Präsidenten Wladimir Putin unter anderem beim "Führungstreffen Wirtschaft 2010" der Süddeutschen Zeitung in Berlin. Dort trafen sich hochrangige Persönlichkeiten aus der Wirtschaft zu einem Kongress. Knauf und Putin saßen damals unter anderem mit dem damaligen Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, Josef Ackermann, dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden von Siemens, Peter Löscher, und dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Volkswagen AG, Martin Winterkorn, auf dem Podium einer Veranstaltung.

Das Familienunternehmen stellt Baustoffe her. Als Bauherr oder Investor ist es jedoch nicht an Bauprojekten beteiligt. "Knauf unterhält keine direkten Lieferverträge zu Verbrauchern oder Verarbeitern von Knauf-Produkten in Russland. Unsere Produkte gelangen dort über viele verschiedene, von Knauf unabhängige Händler zu den Endkunden. Wir haben keinen Einfluss darauf, wie und wo die Endkunden unsere Produkte verwenden."

>>> Chemische Industrie: Keine Einigung in zweiter Runde der KV-Verhandlungen

Das Unternehmen, das sich vollständig im Besitz der Familie Knauf befindet, ist in mehr als 90 Ländern vertreten und betreibt nach eigenen Angaben mehr als 300 Werke mit rund 40.000 Mitarbeitern auf allen fünf Kontinenten. Am 16. Mai 1972 startete mit der Inbetriebnahme einer ersten Bandanlage zur Herstellung von Gipsbauplatten die Produktion von Knauf in Österreich. Vor 52 Jahren flossen zunächst 85 Millionen Schilling (umgerechnet 6 Millionen Euro) ins Werk. Am Anfang arbeiteten rund 50 MitarbeiterInnen in dem Werk, das für die damalige Zeit hochmodern ausgestattet war. Produziert wurde zu Beginn im 2-Schicht-Betrieb mit einer Jahresproduktion von 4 Millionen m² Gipskartonplatten. Verglichen mit heute, 52 Jahre später, entspricht dies einer zweimonatigen Produktion. Besonders in den 90er Jahren diente der Standort Österreich als Türöffner nach Osteuropa.

Der ehemalige russische Honorarkonsul nannte sich selbst immer wieder „Putin-Versteher“
Der ehemalige russische Honorarkonsul Nikolaus Knauf (r.) nannte sich selbst immer wieder „Putin-Versteher“ - © Knauf