Österreich : In 5 Jahren raus aus Russlands Gas: Wie gelingt es?

Monika Köppl-Turyna, Eco Austria
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Innerhalb von fünf Jahren könnte Österreich so weit sein, ganz auf russisches Erdgas zu verzichten. Das ergibt ein Bericht der österreichischen Energieagentur. Notwendig dafür: ein Zusammenspiel mehrerer Maßnahmen, nämlich Smart Grid, dezentrale Systeme (Windenergie, Photovoltaik), Energieeinsparungen, Diversifizierung der Versorgung und Produktion synthetischer Brennstoffe.

Die Europäische Kommission arbeitet bereits an einem koordinierten Ansatz, dem REPowerEU-Plan, der unter anderem dafür sorgen soll, dass die Gasreserven vor der Wintersaison aufgefüllt sind. „Putins Gaserpressung geht zunehmend ins Leere. Denn Europa macht große Fortschritte dabei, von russischer Energie unabhängig zu werden", sagt Martin Selmayr, Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich. "Der Anteil von russischem Pipeline-Gas an den Gesamtimporten der EU ist bereits von 41 % auf 7,5 % gesunken. Wir setzen auf drei Ebenen an: Energieverbrauch reduzieren, Lieferquellen diversifizieren und Erneuerbare ausbauen."

Selmayrs Worte fallen beim Gipfeltreffen des Senat der Wirtschaft, gemeinsam mit der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich und United Europe, zur Europäischen Energiesicherheit. Über 60 Unternehmer waren beim Event in Wien mit dabei.

„Jetzt ist es wichtig, dass wir die Chance erkennen: Wir müssen unser gesamtes Wirtschaftssystem, das auf fossilen Energieträgern basiert, auf erneuerbare umbauen. 100% Erneuerbare Energien und 0 Emissionen. Nur so lösen wir nachhaltig die Energie- und Klimakrise und bringen Europa in die Poleposition als prosperierenden Wirtschaftsstandort", sagt Stephan Sharma, CEO Burgenland Energie. Die dafür notwendigen Energieressourcen und Technologien seien schließlich vorhanden. "Jetzt geht es um das Umsetzen.“

Auch EcoAustria Direktorin Monika Köppl-Turyna plädiert für eine einheitliche europäische Strategie und betont: „Die EU muss einen gemeinsamen Ansatz zur Energiesicherheit entwickelt, ihre Ressourcen bündeln und die strategische Priorität auf technologische Innovationen im Bereich der erneuerbaren Energien legen. Die Risiken einer geopolitischen Abhängigkeit sind nicht nur auf fossile Brennstoffe beschränkt. Ein wichtiger Schritt in die energiewirtschaftliche Unabhängigkeit wäre die Kooperation mit den globalen Technologie- und Handelspartnern.“

Beschleunigte Energiesparmaßnahmen – oder gar Abwanderung?

In einer Umfrage des Senat der Wirtschaft wurden die Auswirkungen der explosionsartig steigenden Energiepreise sondiert. Klar ist: Österreichs Unternehmer schlafen nicht. Schon bisher trieben sie sowohl Energie- und Ressourcensparmaßnahmen als auch den Umstieg auf erneuerbare Energien voran. 31% der Befragten sehen sich gegen die steigenden Kosten gut gerüstet. Dennoch wollen 45% ihre Investitionen in alternative Energiegewinnung nun noch verstärken. Rund 76% der Befragten beschleunigen ihre Energiesparmaßnahmen.

„Die langfristigen, noch relativ günstigen, Energielieferverträge laufen mehrheitlich zum Jahresende aus. Welchen Preis Unternehmen in Österreich für Energie ab Jänner 2023 zahlen werden müssen, ist kaum abschätzbar. Schon die Energierechnung für Jänner 2023 wird für viele ein Schock", sagt Hans Harrer, Vorsitzender des Senat der Wirtschaft. "Spätestens im März werden viele Unternehmen zusperren müssen, es sei denn sie sorgen jetzt schon vor."

Hier rät Harrer zur Anlage erheblicher finanzieller Reserven – "rechnen Sie mit einer mehr als Vervierfachung der jährlichen Energierechnungen", der Anpassung der Preisstruktur der eigenen Produkte und Dienstleistungen – "so man sich dies Wettbewerbsgefüge überhaupt leisten kann" und/oder zur Suche nach einem günstigeren Betriebsstandort.

Da letzterer Rat auch zu einer Abwanderung von Betrieben ins Ausland bedeuten könnte, führt Harrer weiter aus: Die Bundesregierung sei gefordert, noch vor Jahresende die nötigen Aktionen zur Rettung des heimischen Wirtschaftsstandortes zu setzen. „Wir schlagen eine europaweite Subventionierung von Gastkraftwerken, finanziert durch eine zeitlich begrenzte staatliche Abschöpfung für „unethische“ Zugewinne, als wichtigste staatliche Maßnahme vor. Aufgrund der Merit-Order würden die Strompreise generell fallen und allen helfen – den Haushalten ebenso wie den Unternehmen.“

IINDUSTRIEMAGAZIN-Interview mit Monika Köppl-Turyna, Direktorin am Institut für Wirtschaftsforschung