Energieversorger Niederösterreich : EVN verzeichnet deutlichen Umsatz- und Gewinnrückgang im ersten Halbjahr 2023/24

Stefan Szyszkowitz EVN

EVN mit schwächerem Halbjahresergebnis

- © EVN

Der börsennotierte Energieversorger EVN aus Niederösterreich verzeichnete im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2023/24 einen deutlichen Rückgang bei Umsatz und Gewinn im Vergleich zum Vorjahr. Ursache hierfür waren unter anderem niedrigere Großhandelspreise für Strom und Erdgas in den Hauptmärkten, eine schwächere wirtschaftliche Lage und ungewöhnlich warme Wetterbedingungen, wie aus einer Mitteilung der EVN hervorgeht. Der Umsatz sank um 17,7 Prozent auf 1,8 Milliarden Euro, während das Konzernergebnis um 8,3 Prozent auf 199,3 Millionen Euro zurückging. Die Kosten für Fremdstrombezug und Energieträger gingen ebenfalls zurück. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sanken sie um 24,1 Prozent auf 777,3 Millionen Euro. Die Personalkosten stiegen um 16,8 Prozent auf 225,7 Millionen Euro, was auf kollektivvertragliche Anpassungen und 311 zusätzliche Beschäftigte zurückzuführen ist.

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Die milden Temperaturen führten dazu, dass in den drei Hauptmärkten der EVN – Österreich, Bulgarien und Nordmazedonien – erheblich weniger geheizt wurde als im Vorjahr und im langjährigen Durchschnitt. Der März 2024 war in Österreich sogar der wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, betonte das Unternehmen.

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83 Prozent erneuerbare Energie

Aktuell stammen 83 Prozent der Stromproduktion der EVN aus erneuerbaren Energien. Um diesen Anteil weiter zu erhöhen, plant das Unternehmen Investitionen zwischen 700 und 900 Millionen Euro, von denen etwa 450 Millionen Euro in den Ausbau der für erneuerbare Energien notwendigen Netze fließen. So profitiert die EVN in Österreich, Nordmazedonien und Deutschland von einem höheren Wasserangebot, was die Stromproduktion erhöhte. In Österreich hatten auch die Windkraftanlagen aufgrund der Wetterlage Vorteile. Das Windaufkommen lag über dem Vorjahr und dem langjährigen Durchschnitt, während es in Bulgarien unter dem Vorjahresniveau lag.

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Die schwächelnde Konjunktur setzte der EVN dennoch zu, da die Preise für Primärenergie und Emissionszertifikate sowie die Marktpreise für Grundlast- und Spitzenstrom sanken. Zudem wirkte sich die verstärkte Einspeisung erneuerbarer Energien negativ auf die Strom- und CO2-Zertifikatspreise aus. Das Gaskraftwerk Theiß, das zur Netzstabilisierung genutzt wird, wurde seltener eingesetzt. Auch niedrigere Netztarife in Bulgarien belasteten den Umsatz, während höhere Netzentgelte in Niederösterreich positiv wirkten.

Auch die Erlöse im internationalen Projektgeschäft gingen zurück, da die Kläranlage in Kuwait weitgehend fertiggestellt wurde. Neun weitere Projekte in den Bereichen Abwasserentsorgung, Trinkwasseraufbereitung und thermische Klärschlammverwertung sind jedoch in Planung oder im Bau. Aufgrund des Abschlusses des Projekts in Kuwait sanken auch die Fremdleistungs- und Materialkosten um 20,8 Prozent auf 258,9 Millionen Euro.

Verkauf der Tochter geplant

Dennoch plant die EVN, sich aus dem Projektgeschäft zurückzuziehen. Der im Herbst 2023 gestartete Verkaufsprozess blieb im April 2024 jedoch erfolglos, da kein geeigneter Käufer gefunden wurde. Nun wird geprüft, die Tochtergesellschaft WTE nicht als Ganzes zu verkaufen, erklärte EVN-Chef Stefan Szyszkowitz in einer Pressekonferenz. Die Fokussierung auf die Kernbereiche ist ein zentraler Bestandteil der langfristigen Unternehmensstrategie der EVN. Die finanziellen Mittel, die aus dem Verkauf der Wasserkraft-Tochter freigesetzt werden, sollen in erster Linie zur Reduktion von Schulden und zur Finanzierung strategischer Projekte verwendet werden. Dies ermöglicht der EVN eine erhöhte finanzielle Flexibilität und stärkt die Basis für zukünftige Investitionen. Besonders im Fokus stehen dabei erneuerbare Energien und innovative Umwelttechnologien, die einen wesentlichen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung des Unternehmens leisten sollen.

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Das Ergebnis aus den EVN-Beteiligungen verbesserte sich deutlich: Die Energievertriebsgesellschaft EVN verzeichnete einen negativen Beitrag von minus 128,5 Millionen Euro, nach minus 223,1 Millionen Euro im Vorjahr. Auch die Beteiligungen an der Burgenland Energie und den Verbund Innkraftwerken verbesserten sich, während das mehrheitlich zur EVN gehörende Gasspeicherunternehmen RAG einen Rückgang hinnehmen musste. Insgesamt verbesserte sich das Beteiligungsergebnis auf minus 42,9 Millionen Euro, nach minus 143,3 Millionen Euro im Vorjahr.

Für das laufende Geschäftsjahr rechnet die EVN mit einem Konzernergebnis zwischen 420 und 460 Millionen Euro, nach knapp 530 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2022/23. In der Prognose ist die Verbund-Dividende von 182 Millionen Euro enthalten, die im dritten Quartal ausgeschüttet wird.

Windkraft ist zu einem wichtigen Teil im Energiemix der Zukunft geworden. Denn Wind weht meist, wenn die Sonne nicht scheint und am stärksten im Winter, wenn auch Wasserkraftwerke weniger Strom produzieren. In der EU sind deshalb 2023 so viele Windkraftanlagen neu gebaut worden wie noch nie zuvor. Und die Auftragsbücher der großen Windanlagen- und Turbinenbauer sind randvoll. Perfekte wirtschaftliche Rahmenbedingungen für Hersteller von Windanlagen, sollte man meinen. Doch fast alle europäischen Hersteller schreiben seit Jahren tiefrote Zahlen. Die zur deutschen Siemens-Gruppe gehörende spanische Gamesa, einer der größten Hersteller der Welt musste im Vorjahr sogar mit Staatsgarantien vor dem Untergang bewahrt werden. Warum verdient die Branche angesichts dieser nahezu perfekten Marktbedingungen eigentlich kein Geld?