E-Autos aus China : EU-Sonderzölle auf chinesische Elektroautos: Deutschland und Österreich enthalten sich

Bisher kaum auf den Straßen Europas zu sehen: die chinesische Automarke Nio. Aber woran liegt das?

Bisher kaum auf den Straßen Europas zu sehen: die chinesische Automarke Nio.

- © Nio

Italien und Spanien haben angekündigt, die Sonderzölle der EU-Kommission auf Elektroautos aus China zu unterstützen, wie aus Regierungskreisen hervorgeht. Bis Montag Mitternacht können die 27 EU-Staaten noch ihre Stellungnahmen zu diesem Thema einreichen. Österreich plant, sich bei der Abstimmung zu enthalten und fordert eine "Verhandlungslösung", wie das Wirtschaftsministerium auf Anfrage der APA mitteilte.

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"Aus österreichischer Sicht muss der Dialog zwischen China und der Europäischen Kommission fortgeführt werden und intensiv nach Lösungen gesucht werden", erklärte das Ministerium. Das sei wichtig, "um einen möglichst fairen Wettbewerb zu gewährleisten und eine protektionistische Spirale zu verhindern", so das Ministerium weiter. Martin Kocher, der Wirtschaftsminister Österreichs (ÖVP), betonte in einer Aussendung, dass Österreich als stark exportorientiertes Land bei einer möglichen Vergeltungsspirale erhebliche Nachteile hätte.

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- © Industriemagazin

Auch Deutschland wird sich enthalten

Auch die deutsche Bundesregierung wird sich voraussichtlich bei der EU-internen Abstimmung enthalten, wie Insider Reuters am vergangenen Freitag berichteten. In Deutschland gibt es Vorbehalte gegen die neuen Zölle, da befürchtet wird, dass deutsche Autobauer und die Wirtschaft insgesamt unter den möglichen Gegenmaßnahmen Chinas leiden könnten. Es wird daher gehofft, dass die EU-Kommission in den nächsten Monaten eine Einigung mit China erzielt. Die EU-Kommission hatte Anfang Juli Strafzölle von bis zu 37,6 Prozent gegen chinesische Elektroautos verhängt, da sie China unfaire Wettbewerbsvorteile durch hohe Subventionen vorwirft.

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Obwohl die gestrige Abstimmung für die EU-Kommission nicht bindend ist, dürfte das Ergebnis das zukünftige Vorgehen der Kommission beeinflussen. Die ab dem 5. Juli wirksamen Zölle sind zunächst vorläufig und gelten für bis zu vier Monate. Innerhalb dieses Zeitraums muss entschieden werden, ob die Zölle für bis zu fünf Jahre verhängt werden. Diese Entscheidung wird im Herbst erwartet.

Endgültige Zölle könnten dann nur mit einer qualifizierten Mehrheit aufgehoben werden, was bei Strafzöllen selten vorkommt, da die Hürde hoch ist: Es müssten 15 der 27 Mitgliedsstaaten mit einem Anteil von zusammen 65 Prozent der Bevölkerung dagegen stimmen.

Magna braucht dringend neue Projekte

Für Magna in Graz könnte Europas Streit um Strafzölle neue Projekte bringen. Erst durch erhöhte Zölle der EU würden sich chinesische Hersteller schneller für eine eigene Produktion in Europa - und eventuell auch bei Magna in Graz - entscheiden. Die lange Wartezeit bis November verzögert jedoch die Entscheidungsfindung der Chinesen – und Magna benötigt dringend neue Kunden. Hersteller wie BYD haben bereits Werke in Ungarn und der Türkei geplant.

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Erst im Juni musste Magna die Produktion des Fisker Ocean einstellen. Dies geschah, nachdem Fisker, ein amerikanisches EV-Startup, im März 2024 für seine österreichische Tochtergesellschaft Insolvenzschutz beantragte. Fisker kämpfte mit finanziellen Schwierigkeiten und niedrigen Verkaufszahlen, was zur Produktionspause und letztendlich zum Verlust dieses Auftrags führte. Dies hatte zur Folge, dass Magna Steyr bis zu 500 Mitarbeiter in Graz entlassen musste und einen Umsatzrückgang von etwa 400 Millionen US-Dollar für das Jahr erwartet​​.

Kurz darauf wurde die geplante Fertigungslinie für ein neues Fahrzeugmodell des britischen Start-Ups INEOS nicht realisiert und die Entwicklung bei Magna beendet. Diese Änderungen wurden durch eine Neuausrichtung der Produktionsstrategien des Partners verursacht, was Magna Steyr erneut zwang, die Kapazitäten und finanziellen Prognosen für das Jahr neu zu bewerten​​.

Fisker Rabattaktion
Auch eine Rabatt-Aktion für den neuen Fisker Ocean konnte die Produktion in Graz bei Magna nicht retten - © Fisker

Zölle in den USA: China kontaktiert WTO

Im Konflikt um ein umfangreiches Subventionsprogramm der US-Regierung für Elektrofahrzeuge hat China erneut die Welthandelsorganisation (WTO) eingeschaltet. Laut einer Mitteilung des Handelsministeriums in Peking am Montag wirft China den USA eine diskriminierende und protektionistische Politik vor. Bereits im März hatte China die WTO in dieser Angelegenheit kontaktiert. Da die Gespräche mit Washington jedoch gescheitert seien, fordere man nun die Einrichtung einer Expertengruppe, so das Ministerium.

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Mit dem sogenannten Inflation Reduction Act hat die US-Regierung unter Präsident Joe Biden 2022 ein mehrere hundert Milliarden Dollar schweres Subventionsprogramm zur Umgestaltung der Industrie initiiert. Neben Technologien für erneuerbare Energien liegt ein besonderer Fokus auf der Produktion von Elektroautos und deren Batterien. Da die Subventionen größtenteils an die Produktion in den USA gebunden sind, stößt das Programm auch in Europa auf Kritik.

Das chinesische Handelsministerium kritisierte, diese Politik schließe Produkte aus China und anderen WTO-Staaten aus und errichte künstliche Handelsbarrieren. Es forderte die USA auf, sich an die Regeln der WTO zu halten.

Die USA wiederum wollen mit ihrer Unterstützung Chinas Subventionen für die eigene Industrie etwas entgegensetzen. In mehreren Handelsfragen stehen die beiden Länder auf unterschiedlichen Seiten. Kürzlich haben die USA deutlich höhere Einfuhrzölle auf chinesische Elektroautos angekündigt. Auch die EU beschloss vorläufige Zollerhöhungen auf in China produzierte Elektroautos. Eine endgültige Entscheidung soll bis Anfang November fallen, um bis dahin noch mit China zu verhandeln.