Automotive : Chipmangel: so viel kostet er die Autobauer

Die weltweite Autoproduktion ging aufgrund des Halbleitermangels massiv zurück.
© Monet - stock.adobe.com

Seit mehr als zwei Jahren bremst der weltweite Halbleiter-Mangel die Autoproduktion. Pro Fahrzeug werden heute Chips im Wert von durchschnittlich 600 USD benötigt – für die WiFi Verbindung, die Einparkhilfe oder den E-Antrieb.

Dass die wirtschaftlichen Folgen der Halbleiterknappheit hoch sind, konnte wohl schon vermuten, wer die extremen Lieferverzögerungen bei Autos in den vergangenen zwei Jahren mitverfolgt hat. In absoluten Zahlen ist der Verlust dennoch alarmierend. "Allein in Europa könnten die Wertschöpfungsverluste bis zu 100 Milliarden Euro in den letzten beiden Jahren ausmachen", so Gudrun Meierschitz, Vorständin des heimischen Kreditversicherers Acredia. Der ganz einfache Grund: Etwas, das verkauft werden könnte, wird nicht produziert.

In Österreich etwa hat die automotive Zulieferindustrie eine enorme Bedeutung für den Industriestandort. Als sechstgrößter Wirtschaftszweig generieren knapp 900 Betriebe einen Produktionswert von ca. 25 Milliarden Euro und beschäftigen rund 200.000 Menschen. Durch Importe und Exporte ist die heimische Autoindustrie stark mit dem internationalen Markt vernetzt. In Deutschland, dem Exportland Nr. 1, avancierte Österreich mittlerweile zum größten ausländischen Zulieferer an Teilen und Technologien. Zentral- und Westeuropa sind demnach die Hauptabsatzmärkte, aber auch die USA, Mexiko und China gewinnen an Bedeutung.

Wie reagieren Autohersteller auf Chipmangel?

Zu Beginn der Covid-Pandemie reduzierten Autobauer vorsorglich ihre Lagerbestände und Bestellungen für Halbleiter. Als die Nachfrage 2020 in der zweiten Jahreshälfte wieder anzog, hatten viele Chipproduzenten ihre freien Kapazitäten bereits in die Computerindustrie verlagert. Seit zwei Jahren herrscht nun eine weltweite Halbleiterknappheit, in dieser Zeit ging die Produktion an Autos weltweit um 18 Millionen Fahrzeuge zurück.

Lesen Sie auch hier: Automobilberater: "Mittelfristig ist das eine Katastrophe"

In Europa war der Rückgang stärker als in den USA und China, die Autoproduktion erreichte 2021 einen Tiefststand von 13 Millionen Fahrzeugen. Die beginnende Erholung Ende 2021 wurde abrupt durch erneute Lieferengpässe, ausgelöst durch Lockdowns und den Ukraine-Krieg, gestoppt.

Die Auswirkungen des Produktionsrückgangs sind in Europa umso gravierender, da die Autoindustrie einen hohen Anteil am europäischen Bruttoinlandsprodukt hat. „Basierend auf unverändert hohen Konsumausgaben gehen wir davon aus, dass auch die Automobil-Nachfrage auf dem Niveau von 2019 geblieben wäre“, erklärt Meierschitz. „Die Differenz zwischen Nachfrage und tatsächlich gelieferten Fahrzeugen lässt auf einen Wertschöpfungsverlust von 98 Milliarden Euro für 2021 und 2022 schließen. Eine Erholung der Branche gestaltet sich im derzeitigen Wirtschaftsumfeld schwierig, auch wenn die leeren Lagerstände der Händler ein Produktionspotential darstellen.“

Eine völlige Unabhängigkeit von Chip-Importen ist für Europa außer Reichweite. Eine Möglichkeit wäre, dass die Chipherstellung für die Autobranche ausgeweitet wird. Leiden müsste darunter wohl die Unterhaltungselektronik.