Stahlerzeugung : Voestalpine wächst im Energiebereich

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Voestalpine Headquater in Linz: Im Gegensatz zu Mitbewerbern liefert der heimische Stahlkonzern ein "Rekordergebnis trotz schwierigem Marktumfeld".

- © Voestalpine
Höchst erfreuliche Nachrichten hatte Voestalpine-Chef Herbert Eibensteiner am Donnerstag zu vermelden: Der Stahlhersteller schraubte den Gewinn im ersten Fiskalhalbjahr kräftig nach oben: Das Ergebnis nach Steuern stieg zuletzt um 47 Prozent auf 715 Millionen Euro. Und, fast noch besser: Der positive Ausblick auf das Ganzjahresergebnis wurde (ganz im Gegensatz etwa zu Mitbewerbern wie ArcelorMittal, die just am selben Tag ein Ergebnisminus von 78 Prozent verkünden mussten) bestätigt.


Der Umsatz der Linzer wuchs um knapp 37 Prozent von 6,8 auf 9,3 Mrd. Euro. "Das erste Quartal war geprägt von hohen Rohstoffkosten", sagte Finanzvorstand Robert Ottel. Im zweiten Quartal sei das etwas zurückgegangen, aber dafür sei es zu hohen Energiekosten gekommen. Man sehe "über weite Bereiche eine sehr gute Nachfrage in den wesentlichen Marktsegmenten" sagte Voestalpine CEO Eibensteiner. Gebremst sind die Geschäfte allerdings im Automotive-Bereich.

"Wir erwarten die Entwicklung des Stahlbedarfs im Automobilbereich auf dem aktuellen Niveau, aber in nächster Zeit keine Verbesserung", räumte der CEO ein. Der Sektor sei "gedämpft durch Lieferprobleme". Seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine mangle es an Halbleitern und Kabelbäumen. Vor allem in Europa war die Branche weiterhin von Engpässen in ihren Lieferketten betroffen. Die Nachfrage war hier "stabil, aber auf einem niedrigeren Niveau", so der Konzernchef. Besser hätten sich die Rahmenbedingungen an den außereuropäischen Standorten dargestellt, vor allem in China sei die Entwicklung trotz umfassender Lockdowns weitgehend günstig verlaufen.

Starkes Wachstum verzeichnet der Konzern im Energiebereich. "Aufgrund der weltweit hohen Energiepreise eine sehr starke Dynamik" verzeichnete der Konzern im ersten Geschäftshalbjahr laut Eigenangaben jedenfalls bei der Belieferung des Energiesektors. Als Abnehmer von Produkten wartet der Energiesektor nach wie vor mit einer starken Nachfrage auf und zahlt auch hohe Preise dafür. "Im Öl- und Gasbereich wachsen wir natürlich mit dem Markt, der jetzt sehr gut läuft", berichtete der Konzernchef. Die Voestalpine produziert unter anderem Nahtlosrohre für die Öl-und Gasexploration, Grobblech für Pipelines und Bohrplattformen und andere Bereiche wie etwa die Windindustrie, Stahlkonstruktionen für die Photovoltaik sowie Ventile für Pumpen, die beispielsweise im Bereich erneuerbare Energie zum Einsatz kommen.

Auch der klare Aufwärtstrend im Segment Luftfahrt habe sich weiter fortgesetzt. Der Geschäftsbereich Bahninfrastruktursysteme habe sich trotz Schwierigkeiten in der Logistik gewohnt solide entwickelt. "Für die zweite Hälfte unseres Geschäftsjahres prognostizieren Wirtschaftsforscher eine weitere, deutliche Abkühlung der Konjunktur. Mit unserer globalen Aufstellung und unserer branchenmäßigen Diversifikation sind wir bestmöglich vorbereitet", erwartet Eibensteiner.

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Wieviel Gas hat Voestalpine im Speicher?

Angesichts des Angriffskriegs Russlands in der Ukraine, hat die voestalpine ihre Gasversorgung nach Kräften optimiert, indem sie selbst Gas eingespeichert und die eigene Erdgasversorgung diversifiziert hat. "Aktuell beziehen die europäischen Standorte des voestalpine-Konzerns in etwa die Hälfte ihres Erdgasbedarfes von Quellen außerhalb Russlands", so der Konzern. "Wir haben jetzt 1,5 Terawatt Gas eingespeichert - bis auf Weiteres bleibt dieser Speicher gefüllt", präzisierte Eibensteiner. Das Erdgas aus dem eigenen Speicher allein würde den Konzernangaben zufolge für eine Vollproduktion von mindestens drei Monaten ausreichen.

Lesen Sie hier: Wo die Industrie das meiste Gas benötigt.

voestalpine Konzernchef Herbert Eibensteiner
Voestalpine CEO Eibensteiner: "Aktuell beziehen die europäischen Standorte des voestalpine-Konzerns in etwa die Hälfte ihres Erdgasbedarfes von Quellen außerhalb Russlands." - © APA / HELMUT FOHRINGER

Wie sicher ist die Rohstoffversorgung der Voestalpine?

Bei der Versorgung mit Rohstoffen hat sich die Voest seit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges in den vergangenen Monaten neu organisiert. "Wir haben unsere Lieferwege von Rohstoffen umgestellt, die aus Russland gekommen sind, und auch die Lieferungen aus der Ukraine, die jetzt nicht mehr kommen sind umgestellt", erklärte der Konzernchef. "Die Rohstoffversorgung ist soweit für die voestalpine gesichert", sagte Eibensteiner zur APA. Die hohen Energiekosten bleiben eine große Herausforderung für den Stahlkonzern, der für die Produktion naturgemäß extrem viel Energie benötigt. "Die Dämpfung der Energiepreise wird relevant für uns", so der CEO.

Wie begegnet die Voestalpine dem Fachkräftemangel?

Dem allgegenwärtigen Fachkräftemangel begegnet das Unternehmen mit der Ausbildung eigener Lehrlinge in 30 Berufen - insgesamt sind das aktuell 1.400, knapp 900 davon in Österreich. Pro Lehrling investiere die Voest 90.000 Euro. Um für Beschäftigte ein attraktiverer Arbeitgeber zu sein, wird firmeneigene Kindergarten gerade ausgebaut und bis zum Frühjahr von 90 auf 200 Betreuungsplätze aufgestockt, mit Betreuungszeiten "rund um die Uhr". "Wir bauen den Kindergarten, um verstärkt Familien anzusprechen und für die voestalpine zu interessieren", sagte Eibensteiner. Dort soll auch in den Randzeiten für Betreuung gesorgt werden, was für das Arbeiten im Schichtbetrieb notwendig ist. Weltweit beschäftigte die voestalpine im ersten Geschäftshalbjahr weltweit 50.374 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Vollzeitäquivalente) - um 2,7 Prozent mehr als noch vor einem Jahr.