Cybersicherheit : Software-Experte: "Ransomware-Angriffe in Industrie werden mehr"
Robert Rosellen war 17 Jahre lang bei Microsoft Österreich, zuletzt als Enterprise Commercial Lead. Das INDUSTRIEMAGAZIN traf ihn zum Interview.
INDUSTRIEMAGAZIN: Herr Rosellen, vor wenigen Jahren gab es für Softwarehersteller ein vordringliches Thema: die Expansion im Cloudgeschäft. Wenn Sie an Ihren Umsatzschlüssel denken: Ist diese in Ihrer Organisation gelungen?
Robert Rosellen: Voll und ganz. Wir haben in dem Zeitraum im Cloud-Geschäft dramatisch zugelegt, der Anteil am Umsatz liegt in Österreich heute bei etwa 55 Prozent. Vor drei Jahren war er nicht einmal halb so hoch.
Und jetzt Jahresabschluss 2019 mehrten sich die Projekte, mit denen Unternehmen für 2020 die Weichen stellen wollen?
Rosellen: Unternehmen wollen ihre Projekte zum Abschluss oder auf Schiene bringen. Zum Jahresende gab es immer schon einen leichten Peak. Doch insgesamt verlagern sich die Investitionen mehr und mehr aufs ganze Jahr.
Weil akute Themen wie die Cybersicherheit an den anderen Projekten vorbeiziehen?
Rosellen: Die Welle an Ransomware-Angriffen in der Industrie wird tatsächlich größer. Wir rüsten massiv bei unseren Sicherheitssystemen und -lösungen auf. Und raten Unternehmen, dies auch zu tun. Hacks wie jene auf die dänische Reederei Maersk zeigen das tatsächliche Schadensausmaß.
Vor allem den Umstieg auf Office 365 nennen CFOs als Projekt. Kostenstrukturen werden überdacht.
Rosellen: Unternehmen stehen unter Druck. Der größere Treiber aber sind die neuen Arbeitsformen. Agilität und Mobilität nehmen zu. Wir müssen die klassischen Hierarchien aufbrechen. Und unsere Technologien helfen, Teams effizient zusammenführen. Etwa bei der Porsche Holding. Dort kollaborieren 30.000 Mitarbeiter mit unserer Gruppen- chat-Software „Microsoft Teams“. Die Plattform kombiniert Chats, Besprechungen, Notizen und Anhänge.
Unternehmen investieren aktuell auch in eine neue Generation von ERP. Be- hindern solche – meist mehrjährigen – Projekte Ihr Business? Die Kapazitäten von IT-Abteilungen sind ja endlich.
Rosellen: Im Gegenteil, solche Transformationsphasen bieten allerlei Möglichkeiten. Auch in SAP-Projekten kommen wir mit unserer Infrastruktur zum Zug.
Stichwort neue Geschäftsmodelle. Die Zahl der Cases steigt. Oftmals zeigt sich aber auch, wie schmal der Grat zwischen grundsätzlicher Veränderungsbereitschaft und Ablehnung in der Belegschaft ist.
Rosellen: Es braucht ein subtiles Vorgehen, auch mit den Personalvertretern. Wir haben dazu die Zahl unserer Customer Success Manager – ein gemischtes Team aus Change Managern und Toptechnologen – auf zehn Mitarbeiter aufgestockt. Das löst Blockaden.
Abschlussfrage: Microsoft Österreich ist seit 2012 CO2-neutral, der Gesamtkonzern zog im heurigen Juli nach. Spüren Sie das Ressourcenthema in der heimischen Industrie an Fahrt aufnehmen?
Rosellen: Greta Thunberg leistet einen wertvollen Beitrag. Aber auch wir sind nicht tatenlos. Wir leisten auf der technologischen Ebene unseren Beitrag. Etwa durch Softwarelösungen, die ja erst die Messbarkeit von Energieflüssen sicherstellen.
Dieses Interview wurde erstmals Februar 2020 veröffentlicht. Robert Rosellen ist heute Area Vice President von Österreich und Deutschland für den Softwareentwickler Service Now.