Energiepreise : Georg Knill: Energiekostenzuschuss erst bei negativem EBITDA ist "viel zu spät"

Georg Knill, Präsident der österreichischen Industriellenvereinigung (IV)

Georg Knill: "Wenn Unternehmen ein negatives EBITDA nachweisen müssen um in den Genuss des vollen Energiekostenzuschusses zu kommen, dann greift die Hilfe viel zu spät."

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Die Förderrichtlinie zum Unternehmens-Energiekostenzuschuss-Gesetz ist fertig: Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 700.000 Euro deren Energiekosten mindestens 3 Prozent ihres Produktionswertes betragen, können den Zuschuss ab Mitte November beantragen. Gefördert werden in der ersten (von insgesamt vier Stufen, siehe Grafik) 30 Prozent der Mehrkosten - das Geld soll noch heuer fließen.

Wichtige Voraussetzung für den Bezug der Beihilfen im Allgemeinen: Für das Jahr 2022 dürfen Unternehmen, die einen Energiekostenzuschuss bekommen, an ihre Manager nicht mehr als die Hälfte des Bonus des Vorjahres auszahlen - und: Unternehmen müssen ein Energiesparkonzept im Form eines Energieaudits vorlegen.

In der Förderstufe 1 beträgt die Zuschuss-Obergrenze 400.000 Euro. Für einen Zuschuss in der Förderstufe 2 ist mindestens die Verdoppelung der Preise für Strom und Erdgas Voraussetzung. In diesen Fällen werden bis zu 70 Prozent des Vorjahresverbrauchs mit max. 30 Prozent gefördert. Die maximale Förderhöhe beträgt 2 Mio. Euro pro Unternehmen. Treibstoffe werden in dieser Stufe nicht gefördert.

Stufe 3: Die Unternehmen müssen darüber hinaus einen Betriebsverlust aufgrund der hohen Energiekosten nachweisen können. Die maximale Förderhöhe beträgt pro Unternehmen bis zu 25 Mio. Euro. Stufe 4 gilt für ausgewählte Branchen wie Stahl-, Zement- oder Glashersteller. Hier sind maximale Zuschüsse pro Unternehmen bis zu 50 Mio. Euro möglich.

Energie-Mehrkosten werden für den Zeitraum 1. Februar bis 30. September 2022 gefördert - sollte die EU-Kommission die Genehmigungsfrist über das Jahresende hinaus verlängern, wäre auch eine Verlängerung grundsätzlich möglich. Abgewickelt werden die Förderungen über die aws, bei der man sich ab Ende Oktober bis Mitte November registrieren kann. Unternehmen erhalten dann eine Absendebestätigung und können ab Mitte November formal einen Förderantrag stellen.

Kritik an Kostenabgeltung erst bei blutroten Zahlen.

Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung kritisiert sowohl die Höhe als auch die Anspruchsmodalitäten: "Wir gehen davon aus, dass die Fördersumme von 1,3 Milliarden Euro nicht reichen wird. Grob gesprochen wird es einen Bruchteil der Steigerungen kompensieren."

Knill verweist auf durchschnittliche Unternehmen mit Energiekosten von 1 Mio. Euro im letzten Jahr, die mittlerweile auf 10 Mio. gestiegen sind. "Laut einer Analyse von unseren Chefökonomen haben die durchschnittlichen Energiekosten dieses Jahr den zweieinhalbfachen Jahresgewinn ausgemacht. Dass das auf die Substanz der Unternehmen geht, ist offensichtlich. Also, es ist schon wirklich dramatisch" so Knill.

"Bei der 3. und 4. Stufe müssen die Unternehmen ein negatives EBITDA vorweisen, um in den Genuss einer Förderung zu kommen" sagt Knill. "Aus meiner Sicht greift hier - und das ist jetzt EU-Beihilfen rechtlich so geregelt - eine Unterstützung viel zu spät. Sie muss gesunde Unternehmen unterstützen und nicht jene, die schon in der Verlustzone sind" sagt Knill. Das Problem müsse "an der Wurzel behoben" werden, nämlich auf europäischer Ebene. Daher hofft er auf den Ministerrat in Brüssel. Zudem sollte das Förderbudget von den nun angekündigten 1,3 Mrd. auf 2,5 Mrd. Euro aufgestockt und der Förderzeitraum bis mindestens Ende 2023 verlängert werden, fordert Knill.

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Agenda Austria: "Überförderung vorprogrammiert"?

Für durchaus ausreichend hält übrigens die wirtschaftsliberale Denkfabrik Agenda Austria das Förderpaket: "Bei einigen Unternehmen scheint eine Überförderung vorprogrammiert", heißt es in einer ersten Bewertung. Für die Unternehmen sollte keine "Gießkannenförderung" beschlossen werden, die Förderkriterien würden auf die meisten Unternehmen zutreffen, so die Kritik. Hilfen wären - darauf weist Agenda Austria hin - übrigens auch in Form von Krediten oder Kurzarbeit möglich.

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Was Maßnahmen gegen die hohen Gaspreise anbelangt, hofft IV-Präsident Georg Knill, dass die Preisspitzen auf europäischer Ebene geglättet werden. "Das ist ja schon lange kein Markt, sondern eine Kriegswirtschaft." Allerdings könnte dieses Problem nur auf europäischer Ebene gelöst werden. "Sie werden verstehen, dass es uns als Interessensvertretung nicht leicht fällt, wenn wir Markteingriffe fordern - aber die Industrie steht auf dem Spiel."Viele Produkte könnten trotz des schwachen Euro nicht mehr exportiert werden, da die Kosten zu hoch seien, betont Knill. Aber nicht nur politische Entscheidungen in Brüssel seien gefragt. Auch Österreich müsse an Alternativen arbeiten.

"Das bedingt auch Infrastrukturmaßnahmen. Ich denke da von Österreich aus gesehen an Anbindungen nach Italien und Kroatien. Eine Anbindung an Triest, eine Anbindung an Krk - damit hat man Zugang zum Mittelmeer, zum Mittleren Osten und zu Gas aus der ganzen Welt." Ist man nicht mehr von einzelnen Anbietern abhängig, fallen - so Knill - auch die spekulativen Elemente weg."Da kann man auch die Strompreisbörse in Leipzig im Regulativ nachschärfen. Jede normale Börse würde an dem Tag, wo der Strompreis bei geringem Umsatz in die Höhe schnellt, den Börsenkurs mangels Liquidität aussetzen", sagt Knill.

Die steigenden Energiepreise sind für Österreichs Unternehmen derzeit die größte Existenzbedrohung. stromkosten ergänzung zuschuss
Energiepreisexplosion: Knill verweist auf durchschnittliche Unternehmen mit Energiekosten von 1 Mio. Euro im letzten Jahr, die mittlerweile auf 10 Mio. gestiegen sind. - © gopixa - stock.adobe.com