Energielenkungsfall : Gas: Industrie soll eigene Vorräte im Notfall behalten dürfen

Gastanks bei Raffinerie

Große Industriebetriebe, die eigenständig Erdgas kaufen und einspeichern, sollen auch im Krisenfall über ihre Gasreserven selbst verfügen können: Bisher hat diese Sicherheit gefehlt, denn im Falle der Energielenkung würde der Staat auf die Reserven zugreifen.

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Eine Novelle des Energielenkungsgesetzes (EnLG) soll Industriebetrieben, die Gas einspeichern, Sicherheiten geben. Große Industriebetriebe, die eigenständig Erdgas kaufen und einspeichern, sollen auch im Krisenfall über ihre Gasreserven selbst verfügen können. Bisher hat diese Sicherheit oft gefehlt, denn im Falle der Energielenkung würde der Staat auf die Reserven zugreifen. Und es war die finanzielle Entschädigung dafür im Gesetz nicht geregelt.

Industriebetriebe, die selbst Gas haben, sollen künftig von Maßnahmen wie etwa einer verpflichtenden Reduktion des Verbrauchs in einem ersten Schritt nicht betroffen sein - sie sollen auf die eigenen Reserven zugreifen können, um die Produktion fortzusetzen. Erst wenn es die Systemstabilität erfordert, greift der Staat auch auf diese Reserven zu.

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Sollte es zur Aufrechterhaltung der Versorgung von geschützten Kunden und der systemkritischen Infrastruktur zu einem Zugriff auf die Reserven der Unternehmen kommen, steht diesen dafür eine Entschädigung zu. Sie bekommen das verwendete Gas vom Staat finanziell abgegolten. Ähnliche Regelungen gibt es bereits bei Kohle und Öl.

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Die Maßnahmen sind vorerst auf drei Jahre befristet und gelten für eine Einspeichermenge bis zum halben eigenen Jahresverbrauch. Das stelle sicher, "dass nicht überbordende Gasmengen in den Speichern gehortet werden" und zu wenig Speicherkapazität für andere Kunden zur Verfügung steht, erklärte am Dienstag das Bundeskanzleramt. Die EnLG-Novelle wurde schon Anfang Mai im Finanzausschuss angenommen - auch mit den Stimmen von SPÖ und NEOS - und wird am Donnerstag im Nationalrat behandelt. Erforderlich für den Beschluss ist eine Zweidrittel-Mehrheit.

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Mit der Novelle werde die Republik besser auf Krisen vorbereitet, so Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP). Die Industrie erhalte einen Anreiz, die Widerstandsfähigkeit zu stärken, und es werde Rechtssicherheit garantiert. Dessen ungeachtet werde die Regierung weiter alles tun, damit die Gasversorgung für Haushalte und Betriebe ohne staatliche Lenkung sichergestellt sei.

Für den Fall, dass Russland seine Gaslieferungen einstellt oder drosselt, existieren in Österreich eine "Kaskade an Maßnahmen": Per Verordnung zu bestimmen, wer im Notfall vorrangig mit Gas beliefert wird (der Energielenkungsfall), ist dabei der letzte Schritt. In einer ersten Phase würde die E-Control bestimmte Unternehmen auffordern, auf freiwilliger Basis ihren Verbrauch zu drosseln. Derzeit läuft eine intensive Datenerhebung, um auf einen solchen ersten Schritt vorbereitet zu sein. Sollte dieser Energielenkungsfall eintreten, könnten auch hoheitliche Eingriffe in privatrechtliche Reserven vorgenommen werden: Derzeit sind die Gasspeicher in Österreich zu rund 22 Prozent gefüllt, ein Teil davon gehört auch dem russischen Konzern Gazprom. Auf Ministerebene ist man um europäische Energievernetzung bemüht.

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Gasturbinen: Stillstand vermeiden durch eigene Bevorratung in der Industrie. - © Siemens