Stahlindustrie : Thyssenkrupp und Co. schrauben Produktion zurück – Strom für Stahlkonzerne zu teuer

Warmbreitbandstraße der Salzgitter Flachstahl
© YouTube/Salzgitter AG

Die Riesen der Stahlindustrie – Konzerne wie Thyssenkrupp und Salzgitter – schrauben ihre Produktion zurück. Im März habe die Schwerindustrie rund 3,3 Mio. Tonnen Rohstahl produziert und damit knapp zwölf Prozent weniger als im Vorjahresmonat, teilte die Wirtschaftsvereinigung Stahl am Donnerstag mit. Die Zahlen zeigten erste Auswirkungen des Ukraine-Kriegs und der dramatischen Lage auf den Energiemärkten.

Thyssenkrupp hat in Österreich ein Anarbeitungszentrum für Werkzeugstahl, NE-Metallen und Edelstahl, sowie ein Brenncenter. Auch Salzgitter ist in Österreich vertreten.

Im ersten Quartal sei die deutsche Rohstahlproduktion um 3,7 Prozent auf 9,8 Mio. Tonnen geschrumpft. Der Stahlindustrie macht neben den stark gestiegenen Energiepreisen eine schwächelnde Nachfrage der Automobilindustrie zu schaffen. Thyssenkrupp Steel Europe hatte in der vergangenen Woche mitgeteilt, rund 1.300 von etwa 18.000 Mitarbeitern in Kurzarbeit zu schicken.

Die stark gestiegenen Stromkosten bereiten der energieintensiven Stahlindustrie immer größere Sorgen. Als eines der ersten Werke in Deutschland stoppten nun die Lech-Stahlwerke im bayerischen Meitingen die Produktion. "Wir legen die Produktion tageweise still", sagte ein Unternehmenssprecher am Donnerstag. "Eine Produktion ist wirtschaftlich nicht sinnvoll." Die Strompreisentwicklung werde weiter genau verfolgt und dann darauf reagiert.

Das Elektro-Stahlwerk produziert nach Unternehmensangaben jährlich über eine Millionen Tonnen des Werkstoffs. Der Stromverbrauch entspreche der einer Stadt mit rund 300.000 Einwohnern. Inklusive Tochterunternehmen seien an dem Standort mehr als 1.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beschäftigt. Es ist das einzige Stahlwerk in Bayern.

"Die Strom- und Gaspreise waren bereits in den Monaten vor dem russischen Angriff auf die Ukraine dramatisch angestiegen und sie hatten sich gegenüber Anfang 2021 annähernd verdreifacht", erklärte die Wirtschaftsvereinigung Stahl. Gründe seien etwa die Auswirkungen der Coronakrise, Witterungsbedingungen, drastisch gestiegene CO2-Preise, aber auch bereits die geopolitischen Spannungen gewesen. "Wir sehen mit großer Besorgnis, dass sich der Kostenanstieg durch den Ausbruch des Krieges noch weiter beschleunigt." Die Stahlindustrie sei von den Auswirkungen auf die Energiepreise massiv betroffen. "In besonderem Maße gilt dies für die stromintensiven Prozesse wie die Elektrostahlproduktion, aber auch den Erdgaseinsatz in der Weiterverarbeitung."

Elektro-Stahlwerke, bei denen Schrott geschmolzen wird, verbrauchen deutlich mehr Strom als die klassischen Hochöfen, wo Eisenerz und Kokskohle zum Einsatz kommen. Aus den anfallenden Gasen kann hierbei Strom produziert werden, der einen Großteil des Bedarfs abdeckt.

Thyssenkrupp Steel Europe versorgt am Standort Duisburg sogar noch mehrere Tausend angrenzende Haushalte. Doch auch Thyssenkrupp Steel bekommt die hohen Preise zu spüren. "Allein in den letzten sechs Monaten sind unsere Ausgaben für Gas und Strom um einen dreistelligen Millionenbetrag gestiegen", hatte der Chef von Thyssenkrupp Steel Europe, Bernhard Osburg, Mitte vergangenen Monats gesagt. Thyssenkrupp habe den Vorteil, zwei Drittel des benötigten Stroms durch Prozesse am Stahlstandort Duisburg selbst zu produzieren. Allein das verbleibende Drittel führe jedoch zu diesen Zusatzkosten.

Der zweitgrößte deutsche Stahlhersteller Salzgitter betreibt ein Elektro-Stahlwerk in Peine. Hier werde die Flexibilität der Anlage genutzt, um Strompreisspitzen zu vermeiden, sagte ein Sprecher. Die Strompreise würden genau beobachtet und Schichten rausgenommen, wenn die Preise zu hoch seien. Dies sei etwa am Mittwoch der Fall gewesen. Ähnlich reagiert auch Weltmarktführer Arcelor Mittal, in Österreich mit einem Standort in Neuhofen an der Krems vertreten. Die Elektro-Stahlwerke in Deutschland, Luxemburg, Polen, Rumänien und Spanien liefen im Stop-and-go-Betrieb. Die Preisexplosion beim Strom verursache erhebliche Zusatzkosten. (apa/red)