Energie : Verbund-Chef Strugl will Rekordgewinn für Erdgas-Ausstieg nutzen
Der Verbund-Konzern könnte wegen der enorm gestiegenen Strom-Großhandelspreise heuer einen Rekordnettogewinn von bis zu zwei Milliarden Euro einfahren, wovon durch die Dividende auch Haupteigentümer Republik Österreich profitieren würde. Schon voriges Jahr verdiente man etwa 40 Prozent mehr und erhöht die Ausschüttung. Als Konsequenz aus dem Ukraine-Krieg will Österreichs größter Stromkonzern den Erneuerbaren-Ausbau beschleunigen, durch eigene Investitionen und auch Zukäufe.
"Wir müssen alles tun, um weniger von fossilen Energieimporten abhängig sein", sagte Verbund-Chef Michael Strugl am Donnerstag im Bilanzpressegespräch. Es gebe daher keine Alternative zu einem beschleunigten Erneuerbaren-Ausbau. "Wir wollen massiv in diesen Ausbau investieren, brauchen aber die entsprechenden Rahmenbedingungen dafür. Wir wollen noch schneller machen, brauchen aber die Hilfe der Politik und der Behörden."
Allein in das organische Wachstum will der Verbund binnen drei Jahren - von 2022 bis 2024 - knapp über 2 Mrd. Euro investieren, samt Substanzerhaltung 3 Mrd. Euro, sagte Finanzvorstand Peter F. Kollmann. 2023/24 sollen fürs Wachstum 530 Mio. Euro in die Wasserkraft fließen. Wie schon 2021 verkündet, wird die Pumpspeicheranlage am Standort Kaprun (Salzburg) ausgebaut, Limberg 3 soll mit 480 Megawatt (MW) Leistung im Jahr 2025 ans Netz gehen; in Kärnten geht es um Reißeck II Plus. Die Tochter APG steckt in den drei Jahren 830 Mio. in den Netzausbau. Denn es gebe "keine Energiewende ohne Netzwende", so Kollmann. Geplant ist zudem eine Expansion bei Windkraft, etwa in Spanien, wo zuletzt erneut ein Zukauf verkündet wurde. Bei Photovoltaik verfolgt man Projekte in Österreich - und auch in Brandenburg (Deutschland), dort sollen bis zu 1.500 MW PV entwickelt werden. Zudem will man ein Geschäftsfeld Wasserstoff aufbauen, um sich in diesem Sektor europäisch zu positionieren, sagte Strugl.
Strugl: Abfederung der hohen Strompreis rechtlich oft gar nicht möglich
Den Wunsch vieler Kunden nach einer Abfederung der hohen Preise begegnete Strugl mit einem Hinweis auf das Aktien- und Kartellrecht. Wegen der hohen Strom-Großhandelspreise darf der Verbund-Stromkonzern seinen Kunden die Elektrizität gar nicht billiger verkaufen, auch wenn man sie selbst günstiger produziert, sagte der Verbund-Chef. Für die diskutierten Möglichkeiten zum weiteren Abfedern der hohen Energiekosten würde Strugl Direktzuschüsse bzw. Entlastungen bei den Abgaben präferieren.
Durch die seit einigen Jahren auf Österreich beschränkte Stromhandelszone, die früher mit Deutschland gemeinsam bestand, seien die wettbewerbs- und kartellrechtlichen Sensitivitäten noch ausgeprägter geworden. Um rechtskonform vorzugehen, müsse man eine marktbasierte Preisbildung vornehmen, um nicht gegenüber anderen Marktteilnehmern einen potenziellen Missbrauchstatbestand zu setzen, erläuterte Strugl im Bilanzpressegespräch zum Diskriminierungsverbot.
Im Falle von "Kampfpreisen" wäre man sofort mit einer Wettbewerbsklage konfrontiert. Auch konzernintern müsse man dementsprechend handeln, sonst könne das als verdeckte Einlagenrückgewähr gewertet werden. Zudem verpflichte das Aktiengesetz den Vorstand, kaufmännisch vorzugehen, um nicht einen Untreuevorwurf zu rechtfertigen.
Zu möglichen weiteren staatlichen Energiehilfen in Österreich zum Abfedern der hohen Energiekosten verwies Strugl auf die kürzlich von der EU-Kommission vorgelegte "Toolbox". Die meisten Staaten hätten von diesen Vorschlägen Gebrauch gemacht, die sich auf Direktzuschüsse oder Transferzahlungen - in Österreich der schon fixierte Energiekostenausgleich im Umfang von 600 Mio. Euro - bzw. auf allfällige Entlastungen bei Steuern und Abgaben beziehen.
Zu den Ökostromkosten habe die Regierung durch deren Wegfall für heuer schon für eine wesentliche Entlastung gesorgt, wodurch von Dezember auf Jänner die Stromkosten sogar gesunken seien. Samt den 600 Mio. Euro ergebe sich das bekannte Entlastungsvolumen von 1,7 Mrd. Euro. Markteingriffe dagegen lehne er ab, die seien sehr kritisch zu sehen - ebenso Sondersteuern, so Strugl, der auch Präsident des E-Wirtschafts-Branchenverbandes Oesterreichs Energie ist.