Kündigungen : KTM baut weitere Stellen ab

Mitarbeiterin beim Bedienen der Schweißvorrichtung. Dank eines modularen Werkzeugkonzepts konnte die Rüstzeit von 90 auf 15 Minuten verkürzt werden, das
bedeutet 25 % weniger Vorrichtungskosten.

KTM wird wohl in Österreich mehr Stellen abbauen, als ursprünglich geplant

- © KTM

Der Stellenabbau beim oberösterreichischen Motorrad-Hersteller KTM in Mattighofen fällt größer aus als ursprünglich geplant. Neben der angekündigten Streichung von 300 Stellen in der Produktion sollen auch 120 Jobs in der 850 Mitarbeiter zählenden KTM Forschungs- und Entwicklungs GmbH wegfallen. Das geht aus einem Bericht der "Oberösterreichischen Nachrichten" (OÖN, Donnerstagausgabe) hervor, den Pierer-Mobility-Finanzvorstand Viktor Sigl im Gespräch mit der APA bestätigte.

>>> KTM-Chef Stefan Pierer investiert in Hochreiters AI-Architektur

Laut Sigl sollen bis zu zwei Drittel des Personalabbaus über natürliche Abgänge erfolgen. Dennoch gebe es seit Jahresbeginn Kündigungen: 15 wurden im Jänner ausgesprochen, 4 im Februar und 15 bis 20 sollen es im März sein. Dann werde ein Großteil der "unternehmensseitigen Maßnahmen" abgeschlossen sein, erwartet er.

Nie mehr die wichtigsten News aus Österreichs Industrie verpassen? Abonnieren Sie unser Daily Briefing: Was in der Industrie wichtig wird. Täglich um 7 Uhr in Ihrer Inbox. Hier geht’s zur Anmeldung!

Folgen Sie uns doch für mehr News aus Österreichs Industrie auf unserem neuen WhatsApp-Kanal: einfach Code scannen und auf "abonnieren" klicken!

- © Industriemagazin

Verlagerung der Produktion nach China und Indien

Grund für die Reduzierung der Forschung ist die angekündigte Verlagerung der Produktion neuer Modelle nach Indien und China. "Vor allem China ist uns in der Elektromobilität und der Connectivity (Vernetzung) voraus. Da brauchen wir in Mattighofen nichts neu erfinden." Auch die Zahl der freien Motorradtester wird reduziert, und zwar deutlich von 150 auf 90. Einen gewissen Sparwillen leugnet der Vorstand nicht: Man müsse sich darauf einstellen, dass die zweistelligen Wachstumskurven der vergangenen Jahre derzeit einfach nicht in Sicht seien, sagte Sigl zur APA.

>>> KTM: Pierer übernimmt italienische Motorrad-Kultmarke

Was den ursprünglich angekündigten Abbau von rund 300 Arbeitsplätzen in der Produktion betrifft, rechne er auch hier mit rund zwei Dritteln durch natürliche Abgänge und einem Drittel durch Kündigungen. Er wolle dies aber nur als grobe Schätzung verstanden wissen, die darauf beruhe, dass es üblicherweise 200 bis 300 natürliche Abgänge pro Jahr gebe. Damit sei auch in diesem Jahr zu rechnen. Möglicherweise könne die Zahl aber auch etwas sinken, weil auch "rundherum nicht mehr so händeringend nach Arbeitskräften gesucht wird", so Sigl.

Sigl KTM
Finanzvorstand Viktor Sigl - © KTM

Sigl: In China hat es der Mittelstand besser

Der Vorstand begründet die Entscheidung, nach Asien zu verlagern, mit den ungünstigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Europa. "Um die Rentabilität der Gruppe zu sichern, wird das Management Kostenreduktionsmaßnahmen im Geschäftsjahr 2024 im zweistelligen Millionenbereich durchführen." Zudem sollen zwei Fahrradmarken verkauft werden. "Verlagert wird die preissensible Mittelklasse an Motorrädern mit einem Hubraum von 700 bis 900 Kubikzentimeter um unsere Wettbewerbsfähigkeit langfristig abzusichern", erläuterte Pierer-Mobility-Finanzvorstand Viktor Sigl nach Bekanntgabe des Stellenabbaues der vornehmlich über natürliche Fluktuation gelingen soll. Dazu nannte er zwei wesentliche Gründe: "Die Zuliefersituation ist deutlich billiger als bei uns und das bei einem deutlich niedrigeren Lohn-und Gehaltsniveau als in Europa." Die Zulieferkosten sind wiederum ein wesentlicher Bestandteil der Kostenstruktur von Pierer Mobility und damit auch von KTM. Dies ist ein Problem der Zulieferer, denn irgendwo muss produziert werden: "Und was China betrifft hat es dort gerade für die Mittelklasse bessere Rahmenbedingungen als in Europa."

>>> Trotz Rekordjahr bei Pierer Mobility: Stellenabbau in Österreich und Verlagerung der Produktion nach Asien

Der KTM-Mutterkonzern Pierer Mobility erwirtschaftete im vergangenen Jahr aufgrund der Restrukturierung der Fahrradsparte deutlich weniger Betriebsergebnis (EBIT). Es lag im abgelaufenen Geschäftsjahr bei 160 Millionen Euro. Das sind 32 Prozent weniger als im Vorjahr. Es wurde eine EBIT-Marge von 6 Prozent erzielt. Wie das Unternehmen mitteilte, sank auch das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) um 15 Prozent auf 324 Millionen Euro.

KTM kauft italienische Kult-Marke

Jahrelang hatte sich Stefan Pierer um den Kauf der legendären italienischen Zweiradmarke Ducati bemüht, zu gut hätten die Ducati Motor Holding und vor allem die Rennabteilung Ducati Corse - erbitterte Gegner in der MotoGP-Weltmeisterschaft - in das Portfolio der Pierer Mobility rund um die Marke KTM gepasst. Doch letztlich, so wird kolportiert, scheiterte Pierer immer wieder an den Eigentümerfamilien von VW, Piech und Porsche. Diese hielten entgegen den Plänen ihres Vorstandsvorsitzenden trotz Schwierigkeiten an der italienischen Perle fest. Zuletzt war die Übernahme des kleineren italienischen Ducati-Rivalen MV Agusta der Plan B für Stefan Pierer. Und der ist nun - für viele überraschend früh - Wirklichkeit geworden.

>>> Die 250 größten Unternehmen in Österreichs Industrie

Die Pierer-Mobility-Tochter KTM ist mehrheitlich beim italienischen Motorradhersteller MV Agusta Motor SpA mit Sitz im norditalienischen Varese eingestiegen. Bereits im Herbst 2022 erwarb Stefan Pierers KTM 25,1 Prozent an MV Augusta - mit der Option, in den nächsten fünf bis sechs Jahren weitere 25 Prozent zu erwerben, wie es damals hieß.Nun wurde die Kaufoption vorzeitig ausgeübt und KTM hält die Mehrheit an der italienischen Kultmarke.