Elektromobilität : Zölle auf chinesische E-Autos: Chinesen wollen zukünftig in Europa produzieren
Der chinesische Elektroautohersteller Geely zeigt sich von den neuen Sonderzöllen der Europäischen Union auf Importe von E-Fahrzeugen aus China unbeeindruckt. Die Marke Lynk & Co, ein Joint Venture von Geely und der schwedischen Tochter Volvo, plant nicht, die zusätzlichen Zölle von etwa 19 Prozent an die Kunden weiterzugeben. Dies bestätigte Nicolas Appelgren, Europachef von Lynk & Co, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters am Rande der Autozuliefermesse Automechanika in Frankfurt.
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Im Oktober soll ein vollelektrisches Kompakt-SUV von Lynk & Co in Europa auf den Markt kommen. Appelgren betonte: „Wir müssen den Preis für das Auto marktgerecht festlegen und uns daraufhin weiterentwickeln.“ Der Zoll stelle dabei „kein Messer an der Kehle“ dar, fügte er hinzu.
Chinesen wollen zukünftig in Europa produzieren
Dennoch plant Geely, künftige E-Autos für den europäischen Markt lokal zu produzieren. Man sei derzeit auf der Suche nach einem geeigneten Standort für ein Werk in Europa, so Appelgren. Vor zwei Jahren gab es bereits Gespräche mit der polnischen Regierung. Geely-Manager Victor Yang unterstrich auf einer Pressekonferenz: „Selbst wenn sich einige in Europa gegen uns stellen, werden wir uns niemals gegen den europäischen Markt wenden.“
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Auch andere chinesische Elektroautohersteller wie Chery, Great Wall Motor und der Branchenprimus BYD planen, Fahrzeuge direkt in Europa zu fertigen, um die Zölle zu umgehen. Dies erhöht den Druck auf die europäischen Autobauer, wie man zuletzt bei Volkswagen beobachten konnte. Obwohl die EU mit den Strafzöllen die heimische Industrie schützen möchte, sind davon auch in China produzierte Autos europäischer Marken betroffen. So äußerte der Chef von Seat, Wayne Griffiths, kürzlich, dass der Zoll das Ende des in China gefertigten Cupra-Modells bedeuten und die finanzielle Zukunft des Unternehmens gefährden könnte.
Selbst wenn sich einige in Europa gegen uns stellen, werden wir uns niemals gegen den europäischen Markt wenden.
Chinesische Wertschöpfungskette in Europa
Geely und andere chinesische Newcomer nutzten die Automechanika in Frankfurt, eine Messe für Autozulieferer, als Plattform, um ihre Elektroautos vorzustellen. „Wir wollen, dass die Elektroautos chinesischer Hersteller, die noch relativ unbekannt sind, das Vertrauen der Branche gewinnen“, sagte der Messeleiter Olaf Musshoff. Die chinesischen Zulieferer stellten mit knapp 900 Unternehmen eine beachtliche Präsenz, von insgesamt 4.200 Ausstellern aus über 170 Ländern, dar. Dies zeigt, dass sich in Europa eine chinesische Wertschöpfungskette entwickelt, ähnlich wie es die deutsche Autoindustrie vor Jahrzehnten in China tat.
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Im Vergleich dazu waren auf der Messe nur halb so viele deutsche Zulieferer vertreten. Eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung PwC warnt, dass die deutschen Zulieferer unter eingeschränktem Zugang zu Kapital und Kostendruck leiden. Im Gegensatz dazu profitieren chinesische Konkurrenten, die oft staatlich unterstützt werden, und investieren mehr in Schlüsseltechnologien wie Batterien und Software, wodurch sie Marktanteile von deutschen und japanischen Herstellern gewinnen.
Angesichts einer schwächeren Nachfrage im eigenen Land investiert der chinesische Automobilsektor verstärkt in internationale Expansion. In den ersten sieben Monaten des Jahres stieg der Anteil chinesischer Marken an den Pkw-Verkäufen in Europa laut Daten des Beratungsunternehmens Inovev von 12 Prozent im Vorjahr auf 17 Prozent. Der Autoexport aus China erreichte einen neuen Höchststand, und Geely verkaufte allein im ersten Halbjahr rund 200.000 Fahrzeuge in Europa.