Russland/Ukraine : VW-Chef Herbert Diess: Krieg viel schlimmer als Corona

Volkswagen-CEO Herbert Diess

"Ich glaube, dass Europa und Deutschland sehr stark leidtragend sein können bei einem lang anhaltenden Ukraine-Konflikt." Herbert Diess.

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Der Krieg Russlands gegen die Ukraine könnte laut VW-Konzernchef Herbert Diess noch heftigere Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft haben als die Corona-Krise. Eine in die Länge gezogene militärische Auseinandersetzung würde die Region wohl "sehr viel schlimmer" treffen als die Verbreitung des Covid-19-Erregers, sagte der Manager am Donnerstag.

Auf Dauer beschädigte globale Lieferketten dürften demnach "zu riesigen Preiserhöhungen, Knappheit an Energie und Inflation" führen, warnte der Vorstandsvorsitzende von Volkswagen, Europas größtem Autokonzern. "Das könnte sehr riskant sein für die europäische und die deutsche Wirtschaft."

Diess gab sich als Anhänger "maximaler Sanktionen", die aber durch Verhandlungen ergänzt werden müssten. Ziel müsse sein, aus einer Position der Stärke durch Verhandlungen auf Augenhöhe, möglichst bald ein Ende des Ukraine-Krieges herbeizuführen, sagte Diess am Mittwochabend am Rande einer Veranstaltung in Hamburg.

"Ich glaube, dass Europa und Deutschland sehr stark leidtragend sein können bei einem lang anhaltenden Ukraine-Konflikt", so Diess. Gefragt, ob sich Volkswagen vor dem Hintergrund von Chinas Position in dem Konflikt Sorgen um sein Geschäft in der Volksrepublik machen müsse, antwortete er: "Das tun wir momentan noch nicht." Momentan seien die Auswirkungen insbesondere in Deutschland durch ausbleibende Lieferungen von Kabelbäumen zu spüren, bei denen sich der Westen der Ukraine zu einem wichtigen Produktionsstandort entwickelt hat.

"Man kann auch noch nicht sagen, was sich wirtschaftspolitisch und volkswirtschaftlich in Deutschland daraus entwickelt. Das ist eine sehr unübersichtliche Situation, die uns sehr große Sorgen macht", sagte der Volkswagen-Chef.

Wie andere deutsche Autohersteller bekommt auch VW starke Auswirkungen auf die Produktion zu spüren. Wegen des Teilemangels musste die Produktion in Werken wie Zwickau, Wolfsburg oder Hannover gedrosselt werden.

VW analysiert die unmittelbar drohenden Konsequenzen für die eigene Beschaffung sowie die volkswirtschaftlichen Problemszenarien im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg in einer Taskforce.

"Der Krieg in der Ukraine bestürzt uns alle", schrieben Einkaufschef Murat Aksel, Personalvorstand Gunnar Kilian und Betriebsratschefin Daniela Cavallo in einem Brief an die Belegschaft. "Nach dem russischen Angriff hofft Volkswagen auf eine schnelle Einstellung der Kampfhandlungen und eine Rückkehr zur Diplomatie."

Volkswagen hat außerdem vor kurzem seine Geschäfte in Russland eingestellt und die Produktion in Kaluga und Nischni Nowgorod bis auf weiteres gestoppt. "Vor dem Hintergrund des russischen Angriffs hat der Konzernvorstand entschieden, die Produktion von Fahrzeugen in Russland bis auf weiteres einzustellen", hieß es aus Wolfsburg. Die rund 7000 VW-Mitarbeiter in Russland werden zunächst weiter bezahlt.

Auch Exporte der größten europäischen Autogruppe nach Russland würden "mit sofortiger Wirkung gestoppt".

Zudem führt der Krieg zu Verwerfungen auf den Rohstoffmärkten. Die Preise für Öl und Gas sowie Rohmaterial zogen weiter an, Unternehmen fürchten einen Mangel bei wichtigen Teilen und Betriebsstoffen.

Zuvor hatte die Corona-Pandemie die Autobranche bereits aus dem Tritt gebracht. Im Frühjahr 2020 fuhren die deutschen Autokonzerne vielfach rote Zahlen ein, nachdem wochenlang wegen Lockdowns nicht produziert werden konnte. Der Chipmangel, der 2021 die Produktion vielerorts lahmlegte, kann zumindest zum Teil ebenfalls als Folge der Pandemie gesehen werden. Allerdings profitierten die Autobauer jüngst dank der weiter hohen Nachfrage stark von steigenden Verkaufspreisen. (apa/red)