Sesselrücken bei Thyssenkrupp : Thyssenkrupp: Vorstand erweitert, Gewerkschaft schäumt

Thyssenkrupp Thyssen Konzernzentrale Essen Stahl Stahlindustrie Werkstoffindustrie

Thyssenkrupp erweitert Vorstand

- © Peter Martens

Der Industriekonzern Thyssenkrupp richtet sich wiederholt strategisch neu aus, schreibt das Handelsblatt. Der Aufsichtsrat des Konzerns sollte auf einer Sondersitzung am späteren Mittwoch die Weichen für eine stärkere zentrale Kontrolle über die Geschäftsbereiche stellen, erfuhr die Zeitung aus Konzernkreisen. Treiber sei Vorstandschef Miguel Lopez, der sich von der Neuordnung eine bessere Steuerung des Konzerns erhoffe.

Wie Thyssenkrupp mitteilte, soll mit der Bestellung der Vorstand stärker auf die operative Leistung sowie auf die Weiterentwicklung des Portfolios ausgerichtet werden. Die Neuausrichtung beinhaltet auch, dass die Sparten von Thyssenkrupp künftig einzelnen Vorstandsmitgliedern zugeordnet werden.

Zudem habe der Aufsichtsrat über eine Vorstandserweiterung abgestimmt. „Die Verbesserung der finanziellen Stärke unserer Geschäfte und die Dividendenfähigkeit des Unternehmens bestimmen maßgeblich unsere Agenda; hinzu kommen die Wachstumspotenziale aus der grünen Transformation und die Dekarbonisierung unserer eigenen Geschäfte. Diese Themen werden wir in dem erweiterten Vorstand künftig mit noch mehr Kraft vorantreiben können", sagt López.

In der außerordentlichen Sitzung des Aufsichtsrats sei es allerdings zum Eklat gekommen, schreibt die FAZ: Denn die Bestellung von zwei neuen Vorstands-Mitgliedern sei mit den Stimmen der Anteilseigner gegen die komplette Arbeitnehmerbank in dem Kontrollgremium entschieden worden.

Die Gewerkschaft IG Metall nannte das in einer Mitteilung einen „Kulturbruch in der Mitbestimmung“, zum ersten Mal in der Geschichte des Traditionskonzerns habe es so einen Vorgang trotz der geschlossenen Ablehnung der Arbeitnehmerseite gegeben.

Die Arbeitnehmerseite kritisiert vor allem, dass die Erweiterung des Vorstandes den laufenden Sparprogrammen widerspreche. "Auch ein Dutzend Vorstände wird dieses Unternehmen nicht gegen die eigenen Mitarbeitenden führen können. Wasser predigen und Wein trinken wird nicht zum Erfolg führen", hieß es.

Die Anteilseigner und der neue CEO López hätten mit der bewährten Mitbestimmungspraxis bei Thyssenkrupp gebrochen. Dies werde Spuren hinterlassen und dem bis jetzt ausgewogenen und konstruktiven Dialog im Aufsichtsrat dauerhaft Schaden zufügen.

Neue Mitglieder im Vorstand

Der Aufsichtsrat der Thyssenkrupp beschloss die Neubestellung von Volkmar Dinstuhl, Ilse Henne und Jens Schulte zu ordentlichen Mitgliedern des Vorstands. Jens Schulte, derzeit Finanzvorstand der Schott AG, wird als CFO Nachfolger von Klaus Keysberg. Dessen Wunsch, zum Ende seines laufenden Vorstandsvertrags aus dem Unternehmen auszuscheiden, ist bereits seit Anfang September 2023 bekannt. Der Wechsel in der Funktion soll voraussichtlich in der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres erfolgen. Siegfried Russwurm, Aufsichtsratsvorsitzender Thyssenkrupp: „Mit der Bestellung von Jens Schulte als künftigem CFO gewinnen wir einen in börsennotierten wie in Stiftungsunternehmen ausgewiesenen Finanz- und M&A-Experten.

Volkmar Dinstuhl, zuletzt CEO von thyssenkrupp Multi Tracks sowie zuständig für M&A-Projekte, und Ilse Henne, Mitglied des Vorstands thyssenkrupp Materials Services, werden zum 1. Januar 2024 in den Vorstand der thyssenkrupp AG berufen.

Russwurm: "Mit Ilse Henne und Volkmar Dinstuhl berufen wir zwei Persönlichkeiten in den Vorstand, die thyssenkrupp aus unterschiedlichsten Funktionen im Unternehmen seit vielen Jahren kennen und mit Leidenschaft, Ausdauer und strategischer Klarheit Zukunft gestalten. So war Volkmar Dinstuhl maßgeblich für den erfolgreichen IPO von thyssenkrupp nucera verantwortlich, Ilse Henne ist u.a. auf den Feldern Prozessdigitalisierung und Cybersecurity profiliert. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit.“

Alle Bestellungen erfolgen gemäß Deutschem Corporate Governance Kodex für drei Jahre.

Nie mehr eine wichtige News aus der Industrie verpassen? Abonnieren Sie unser Daily Briefing: Was in der Industrie wichtig wird. Täglich um 7 Uhr in ihrer Inbox. Hier geht’s zur Anmeldung!

Mit ihren Bestellungen wird in Ergänzung der bisherigen im Vorstand abgedeckten Querschnittsfunktionen Strategie, Personal und Finanzen zugleich eine Neuausrichtung des Vorstands auf die operative Steuerung des Unternehmens mit den Schwerpunkten Performance und Portfolio verbunden. Entsprechend ordnet die ab Januar 2024 geltende Geschäftsverteilung die Segmente einzelnen Vorstandsmitgliedern zu: Automotive Technology: Dr. Volkmar Dinstuhl; Decarbon Technologies und Steel Europe: Miguel López; Marine Systems: Oliver Burkhard; Materials Services: Ilse Henne. (red)

Miguel Lopez Thyssenkrupp
„Die Verbesserung der finanziellen Stärke unserer Geschäfte und die Dividendenfähigkeit des Unternehmens bestimmen maßgeblich unsere Agenda; hinzu kommen die Wachstumspotenziale aus der grünen Transformation und die Dekarbonisierung unserer eigenen Geschäfte. Diese Themen werden wir in dem erweiterten Vorstand künftig mit noch mehr Kraft vorantreiben können", sagt López. - © Thyssenkrupp