Deutsche Stahlindustrie : Thyssenkrupp schreibt erneut Milliardenverlust
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Der deutsche Industriekonzern Thyssenkrupp hat im 2023/24 (per Ende September) erneut einen Milliardenverlust verzeichnet
- © ThyssenkruppDer deutsche Industriekonzern Thyssenkrupp hat im Geschäftsjahr 2023/24 (Stichtag: Ende September) erneut einen Milliardenverlust eingefahren. Laut Unternehmensangaben lag der Fehlbetrag bei 1,4 Milliarden Euro, nachdem im Vorjahr ein Minus von 2 Milliarden Euro verzeichnet worden war. Grund für das Ergebnis sind unter anderem Abschreibungen von rund 1 Milliarde Euro auf das Stahlgeschäft sowie weitere Wertberichtigungen im Stahlhandel und im Automotive-Bereich. Hinzu kommen Kosten im Rahmen der laufenden Restrukturierung.
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Umsatzrückgang und schwache Auftragseingänge
Ein Rückgang der Nachfrage sowie sinkende Stahlpreise führten zu einem Umsatzminus von 7 Prozent auf 35 Milliarden Euro. Der Auftragseingang sank um 11 Prozent auf 32,8 Milliarden Euro. Besonders betroffen waren das Stahl- und Handelsgeschäft sowie der Automobilbereich. Einzig die Marinesparte konnte Wachstum verzeichnen. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) fiel um knapp 20 Prozent auf 567 Millionen Euro und entsprach damit der gesenkten Prognose des Konzerns.
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Trotz des schwierigen Umfelds erreichte Thyssenkrupp zum Jahresabschluss solide operative Zahlen: Der Quartalsumsatz blieb mit 8,8 Milliarden Euro auf Vorjahresniveau, während das bereinigte EBIT um 72 Prozent auf 151 Millionen Euro anstieg. Alle Sparten – mit Ausnahme des Stahlgeschäfts – verbesserten ihre Ergebnisse. Positiv entwickelte sich auch der freie Mittelzufluss vor Übernahmen und Fusionen, der bei etwa 1 Milliarde Euro lag. Dennoch verbuchte das Unternehmen durch Wertberichtigungen einen Nettoverlust von 1,1 Milliarden Euro.
Für das neue Geschäftsjahr plant Thyssenkrupp die Rückkehr in die Gewinnzone. Das Konzernergebnis soll zwischen 100 und 500 Millionen Euro liegen, bei einem Umsatzzuwachs von bis zu 3 Prozent auf mindestens Vorjahresniveau. Das bereinigte EBIT wird zwischen 600 Millionen und 1 Milliarde Euro erwartet. Dabei soll der Erfolg durch alle Geschäftsbereiche getragen werden. Einen wichtigen Beitrag leistet auch das Transformations- und Sparprogramm des Konzerns.
Stahlgeschäft vor tiefgreifenden Veränderungen
"Das laufende Geschäftsjahr ist ein Übergangsjahr auf dem Weg, unsere mittelfristigen Finanzziele auch in einem herausfordernden Umfeld zu erreichen", erklärte CEO Miguel López. Der Konzern strebt eine bereinigte EBIT-Marge von 4 bis 6 Prozent an – im Vergleich zu 1,6 Prozent im Vorjahr. Besondere Aufmerksamkeit gilt den strategischen Entscheidungen rund um die Bereiche Steel Europe und Marine Systems.
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Nach dem Rückzug des Finanzinvestors Carlyle aus dem Bieterprozess plant Thyssenkrupp eine Verselbstständigung der Marinesparte. Ein Spin-off wird favorisiert, gleichzeitig bleibt der Bereich für industrielle Partnerschaften offen. Zusätzlich laufen Gespräche mit der deutschen Regierung über eine mögliche staatliche Beteiligung.
Das kriselnde Stahlgeschäft von Thyssenkrupp steht weiterhin vor einer grundlegenden Neuaufstellung. Nach internen Streitigkeiten und Rücktritten im Vorstand der Stahlsparte übernimmt der neue Chef Dennis Grimm. Er kündigte härtere Einschnitte an, um die Sparte auf Kurs zu bringen. Im Zuge dieser Umstrukturierung verkaufte Thyssenkrupp 20 Prozent seiner Anteile an der Sparte an die tschechische Gesellschaft EPCG des Milliardärs Daniel Kretinsky. Geplant ist die Gründung eines Gleichberechtigten Gemeinschaftsunternehmens.
Die Stahlsparte von Thyssenkrupp steht im Zentrum der Restrukturierung. Aufgrund sinkender Nachfrage und steigender Energiekosten plant das Unternehmen, die Produktionskapazität im größten Hüttenwerk Europas in Duisburg von derzeit 11,5 Millionen Tonnen auf 9 bis 9,5 Millionen Tonnen pro Jahr zu reduzieren. Diese Maßnahme wird voraussichtlich auch Stellenstreichungen nach sich ziehen.