Sanktionen : Kommt nun doch ein EU-Gasembargo?

European Commissioner for Trade Valdis Dombrovskis answers journalists' questions ahead of a Eurogroup meeting at the EU headquarters in Brussels on March 14, 2022. (Photo by John THYS / AFP)

Valdis Dombrovskis: EU-Gas-Embargo ist nicht vom Tisch.

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Die EU-Kommission schließt ein Embargo für russische Energie-Importe nach Angaben ihres Vizepräsidenten Valdis Dombrovskis nicht aus. "Was die Europäische Kommission betrifft, ist nichts vom Tisch", sagte Dombrovskis am Rande eines Treffens der Eurogruppe am Montag. Vertreter Deutschlands und Österreichs hatten sich davor gegen ein Embargo ausgesprochen.

Die Kommission arbeite bereits am nächsten Sanktionspaket und er hoffe, dass sich die Mitgliedstaaten auf ehrgeizige nächste Schritte bei Sanktionen einigen könnten, sagte der lettische Politiker. "Es ist klar, dass wir als Europäische Union mehr machen müssen, um diesen Krieg und diese Gräueltaten zu stoppen."

Die Kommission prüfe Szenarien für den Fall, dass russische Gaslieferungen ausgesetzt würden - entweder wegen eines Embargos oder wegen eines einseitigen russischen Lieferstopps, sagte Dombrovskis. "Es gibt die Schlussfolgerung, dass es nicht ohne Probleme, aber möglich wäre, in solchen Situationen zurechtzukommen." Insgesamt sei die Einschätzung der Kommission bisher, dass der Krieg in der Ukraine zu einer "beträchtlichen Abschwächung" des Wirtschaftswachstums führen werde, aber nicht zu einer Rezession.

Österreich gegen Gas-Sanktionen


In Österreich hatten sich sowohl Politik als auch Industrie ganz klar gegen ein Embargo ausgesprochen. Bundeskanzler Karl Nehammer hat einmal mehr sein Nein zum Embargo für russisches Gas bekräftigt. Das "kommt nicht in Frage", sagte Nehammer dem Sender "Puls24" am Montag. Das sei "keine intelligente Maßnahme", es brauche aber "intelligente Sanktionen".

Es "furchtbar und eigentlich widerlich" vom russischen Gas abhängig zu sein, das 80 Prozent der heimischen Importe ausmacht, meinte Nehammer. Aber die Abhängigkeit sei nun einmal die Realität. Die langfristig geplante Unabhängigkeit vom russischen Gas sei auch eine "nachhaltige Konsequenz" für Russland. Kurzfristig sollte man aber keine Sanktionen verhängen, die einem selbst besonders schaden, sagt der Kanzler.

Auf Kritik aus Polen zu dieser Haltung Österreichs und auch Deutschlands entgegnete Nehammer, dass Polen neben einer Pipeline nach Norwegen auch auf Braunkohle und Atomkraft setzte. Das mache Österreich nicht. Industrie und Haushalte in Österreich würden Gas brauchen.

IV mahnt erneut


Auch IV-Präsident Georg Knill hat mehrfach vor einem unüberlegten Embargo gewarnt. „Wir stehen klar hinter den bisher beschlossenen Sanktionen und verurteilen die Invasion in der Ukraine. Dennoch darf ein Gas-Lieferstopp gerade von europäischer Seite nicht herbeigeredet werden. Insbesondere nicht auf Basis unrealistischer Einschätzungen wie der kürzlich präsentierten Pläne der Europäischen Kommission. Den Gashahn von heute auf morgen so stark zu drosseln, hätte gravierende Auswirkungen auf unser alltägliches Leben, unsere Energieversorgung und unsere Wirtschaft“, sagt Knill.

Natürlich gehe es in den nächsten Jahren darum, die Energieversorgung auf breitere Beine zu stellen. Ebenso brauche es einen verstärkten Ausbau erneuerbarer Energien sowie die Steigerung der Energieeffizienz. „All das wird aber bei Weitem nicht ausreichen, damit wir kurzfristig die enormen Mengen an russischem Gas ersetzen, das seit Jahrzehnten nach Österreich fließt“, so Knill, der vor den Konsequenzen eines Gas-Embargo eindringlich warnte: „Bei einem Total-Ausfall der Gaslieferungen aus Russland binnen weniger Tage kann die Versorgung zahlreicher produzierender Unternehmen mit Energie für längere Zeit nicht mehr aufrechterhalten werden. Die Folgen für Beschäftigte und ihre Familien, für Konsumenten, für Unternehmen sowie das Land insgesamt wären verheerend“, warnte der IV-Präsident. Ein Gas-Lieferstopp würde von der energieintensiven Industrie bis zum KMU alle treffen. Produktion und Lieferketten wären massiv gefährdet.

Auch grüne Umweltministerin gegen Embargo


Zuletzt hatte auch die grüne Umweltministerin Leonore Gewessler einem einem Totalausstieg aus russischem Gas die Absage erteiltun hat sich skeptisch zu einem völligen Verzicht auf Gas aus Russland - wie dies etwa die baltischen Staaten verkündet haben - gezeigt. Es würden auch ihr die Worte fehlen angesichts der Bilder aus der Ukraine und dem schrecklichen Angriffskrieg des russischen Präsidenten Wladimir Putin, betonte sie. Die Abhängigkeit von Rohstoffimporten aus Russland werde nun so schmerzlich bewusst wie noch nie zuvor.

"Österreich ist in überproportionalen Ausmaß abhängig von russischen Erdgaslieferungen", warnte sie. Der Anteil liege bei 80 Prozent, wobei dieser in der Vergangenheit nicht reduziert, sondern sogar erhöht worden sei. Die Ausgangssituation sei schwierig, auch weil Österreich über keinen Meereszugang verfüge, etwa für Flüssigerdgas (LNG).

"Jetzt geht es darum, alles zu tun, damit wir unabhängig werden von russischen Importen und, das steht hinter dem Konflikt, von fossilen Energien insgesamt", sagte Gewessler. Die Europäische Union habe einen Rahmen vorgeschlagen, nämlich bis 2027 die Abhängigkeit zu reduzieren: "Das wird nur in einem starken Schulterschluss gehen."

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