PV-Boom in Österreich : Klimaneutralität bis 2040: Photovoltaik-Ausbau in Österreich erfordert massive Freiflächen-Nutzung

Die neue PV-Anlage am Dach des Burgtheaters sorgt für ein CO2-Ersparnis von 51 Tonnen pro Jahr

Auch auf dem Wiener Burgtheater wurden bereits PV-Module installiert

- © Tom Arnold

Österreich verfolgt eine ambitionierte Nachhaltigkeitsstrategie, die auf eine klimaneutrale Zukunft bis 2040 abzielt. Dabei stehen erneuerbare Energien im Zentrum der Bemühungen, allen voran der Ausbau von Photovoltaik, Wind- und Wasserkraft. Die Strategie sieht eine massive Reduktion der CO₂-Emissionen sowie eine vollständige Umstellung auf grüne Energiequellen vor, um sowohl ökologische als auch wirtschaftliche Vorteile zu erzielen. Trotz bereits erzielter Fortschritte, etwa durch sinkende Kosten und Förderprogramme, müssen die Ausbauziele in den kommenden Jahren weiter beschleunigt werden, um die ehrgeizigen Klimaziele termingerecht zu erreichen.

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Derzeit beträgt die installierte Photovoltaik-Leistung 6,4 Gigawatt-Peak (GWp), wovon allein im Jahr 2022 etwa 2,6 GWp hinzukamen. Um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen, muss die PV-Leistung bis 2040 auf etwa 30 GWp gesteigert werden, also nahezu verfünffacht werden. Laut dem integrierten Netzinfrastrukturplan benötigt Österreich bis dahin eine Stromerzeugungskapazität aus Photovoltaik von etwa 41 Terawattstunden (TWh). Derzeit können auf bereits genutzten Flächen 13,5 TWh realisiert werden, was jedoch noch weit von den erforderlichen Werten entfernt ist.

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Verdreifachung des Aufbaupotentials

Allein durch den Ausbau von Photovoltaikanlagen auf Hausdächern wird das Ziel der Klimaneutralität bis 2040 nicht erreicht werden können, warnt Oesterreichs Energie, die Interessenvertretung der E-Wirtschaft. Hubert Fechner, der das Potenzial des Photovoltaikausbaus in Österreich analysiert hat, erklärt: "Wir gehen davon aus, dass dafür bis 2040 für jede Anlage auf einem Dach zumindest noch einmal die gleiche Leistung auf einer Freifläche gebaut werden muss."

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Fechner betont weiter, dass dieser Ausbau parallel erfolgen müsse: "Und dieser Ausbau muss gleichzeitig erfolgen, sonst geht sich das nicht aus." Vor allem aufgrund sinkender Kosten bei Photovoltaik-Paneelen und Komponenten habe sich das Ausbaupotenzial in den letzten vier Jahren fast verdreifacht. Der aktuelle Stand zeigt, dass auf bereits genutzten Flächen zusätzliche PV-Anlagen mit einer Kapazität von rund 13,5 TWh installiert werden könnten. "Von den 41 TWh, die wir laut Österreichischem integriertem Netzinfrastrukturplan zur Erreichung der Klimaziele bei PV brauchen, sind wir damit aber weit entfernt."

Auf den Bahnsteigen des Westbahnhofes entsteht die größte PV-Anlage Wiens

- © APA/TANJA UNGERB?CK

Bis 2030 muss das Ziel 30 GWp sein

In den letzten Jahren hat der Photovoltaikausbau aufgrund sinkender Kosten und attraktiver Förderungen deutlich an Fahrt gewonnen. Anfang 2023 waren Anlagen mit einer Gesamtleistung von 6,4 Gigawatt-Peak (GWp) in Betrieb, wobei allein im Vorjahr etwa 2,6 GWp hinzugekommen sind. Dennoch sei das, wie Barbara Schmidt, die Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, anmerkt, nicht ausreichend: "Das ist viel, aber zur Erreichung der Klimaneutralität bei weitem nicht genug." Die E-Wirtschaft schätzt, dass bis 2040 die Photovoltaikleistung auf etwa 30 GWp gesteigert werden muss, um das Ziel zu erreichen. Schmidt ist jedoch zuversichtlich, dass die Klimaziele durch den weiteren Ausbau von Wind- und Wasserkraft erreichbar sind: "Mit Wind- und Wasserkraftausbau werden wir die Ziele erreichen."

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Fechner, der die Studie erstellte, sieht ein zusätzliches Potenzial von etwa 10,7 TWh auf Gebäuden, trotz technischer, wirtschaftlicher und sozialer Einschränkungen. Auf Verkehrsflächen, Deponien und Wasserflächen könnten weitere 2,8 TWh realisiert werden. Außerdem werde die Kombination von Photovoltaik und Landwirtschaft eine wichtige Rolle spielen, unterstreicht Fechner. Schmidt sieht den Aufruf zur verstärkten PV-Nutzung auf Freiflächen auch als Signal an die Bundesländer. Darüber hinaus sei ein Netzausbau unerlässlich, denn: "Die Sonne schickt keine Rechnung, das stimmt – aber der Netzbetreiber schickt eine Rechnung."

PV-Boom in Österreich: Jährlich installierte Leistung in Megawatt Peak (MWp)

- © APA

Europas Solarindustrie in der Krise

Die europäische Solarindustrie steckt in einer tiefen Krise. Einst galt sie als Vorreiter im globalen Wettbewerb, doch die Konkurrenz aus Asien, insbesondere China, hat die heimischen Hersteller in den letzten Jahren zunehmend unter Druck gesetzt. Die Herausforderung durch preisgünstigere Solarzellen und -module aus China hat zu einem massiven Rückgang der Produktion in Europa geführt, wodurch viele Unternehmen ihre Standorte schließen oder ins Ausland verlagern mussten.

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Ein wesentlicher Faktor für die Misere der europäischen Solarindustrie ist der massive Preisverfall bei Solarmodulen. China, das heute etwa 80 Prozent der globalen Solarproduktion kontrolliert, hat durch staatliche Subventionen und den Aufbau einer hocheffizienten Lieferkette die Kosten für Solartechnologie deutlich gesenkt. Europäische Hersteller, die aufgrund höherer Arbeits- und Energiekosten nicht mit den Preisen aus Asien mithalten können, verlieren dadurch kontinuierlich Marktanteile.

Zwar hat die Europäische Union bereits versucht, durch Anti-Dumping-Zölle gegen Billigimporte vorzugehen, doch diese Maßnahmen hatten nur kurzfristigen Erfolg. Langfristig blieb die europäische Solarproduktion schwach. Die hohen Produktionskosten, kombiniert mit fehlenden Skaleneffekten, haben dazu geführt, dass europäische Unternehmen nur schwer gegen die gut finanzierten und stark subventionierten chinesischen Wettbewerber bestehen können.

Das Unternehmen Fronius als Hersteller der intelligentesten Teile einer Solaranlage, des Wechselrichters, war mit einem Umbruch am Markt konfrontiert. An den Häfen Europas stapelten sich die billig in China hergestellten Solarmodule. Die Preise für die relativ energie- und rohstoffintensiv zu produzierenden Panele aus Solarzellen fielen daraufhin dramatisch. Reihenweise bauten Fertiger der Solarzellen ihre Produktion Europa zurück. Der Rückgang am Markt für Wechselrichter war deutlich spürbar, aber noch nicht dramatisch. Doch mittlerweile bahnt sich dieselbe Krise auch auf dem Markt für Wechselrichter an. Die Preise für die intelligenten und durchaus auch sicherheitsrelevanten Geräte, die die Gleichspannung des Stroms aus dem Panel in Wechselstrom wandelt, sind in den letzten Monaten um 30 Prozent gefallen. Der Grund auch hier: Anbieter aus Fernost sind um 30 bis 40 Prozent billiger und die Läger sind, auch weil die Produktion hochgefahren wurde, randvoll. Eine Entwicklung, wie wir sie schon im Panelbereich gesehen haben, wiederholt sich: Im Juni erst meldete das Unternehmen Solarnative, Entwickler des weltweit kleinsten Wechselrichters aus Frankfurt, beim zuständigen Gericht Insolvenz an. Bei Fronius wurden im Juni 350 Mitarbeiter entlassen. Doch wie sind wir eigentlich an diesem Punkt in der Solarkrise in Europa angekommen? Und wie geht es, besonders bei Fronius, jetzt eigentlich weiter?