Strafzölle auf chinesische E-Autos : EU erhebt ab 4. Juli bis zu 38,1 Prozent auf chinesische E-Autos

Milan, Italy - November 1, 2017: SAIC Motor logo on the website homepage.

Ab 4. Juli sollen die Strafzölle gegen chinesische E-Autos kommen: Bis zu 38,1 Prozent werden dann wohl fällig werden

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Die EU-Kommission hat angekündigt, Strafzölle auf chinesische Elektroautos zu erheben, die nach Europa importiert werden. Diese Maßnahme wurde am Mittwoch in Brüssel vorgestellt. Ziel ist es, die Ergebnisse der Anti-Dumping-Untersuchung mit den chinesischen Behörden zu diskutieren. Falls keine Einigung erzielt wird, sollen die Zölle ab dem 4. Juli vorläufig in Kraft treten, und die Zollbehörden der 27 EU-Länder müssten die Importgebühren in Form einer Garantie erheben. Peking kritisierte die Ankündigung erwartungsgemäß. Die Industriellenvereinigung warnt vor einer "protektionistischen Spirale".

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Die geplanten Zölle variieren je nach Automobilhersteller: Für BYD ist ein Importzoll von 17,4 Prozent vorgesehen, für Geely (zu dem auch Volvo-Pkw gehört) 20 Prozent und für SAIC, den chinesischen Partner von Volkswagen, 38,1 Prozent. Hersteller, die bei der Untersuchung kooperiert haben, sollen einen durchschnittlich gewichteten Zollsatz von 21 Prozent zahlen. Nicht kooperierende Hersteller werden mit einem Zoll von 38,1 Prozent belegt. Derzeit gilt ein einheitlicher Zollsatz von 10 Prozent für alle Elektroautos.

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EU-Mitgliedstaaten müssen noch zustimmen

Die Zölle werden endgültig erhoben, wenn sie von den EU-Mitgliedstaaten bestätigt werden. Hierbei gilt eine besondere Regel, schreibt die Kommission in ihrer Aussendung: Laut der Kommission müssen mindestens 55 Prozent der Länder, die zusammen mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren, zustimmen, damit die Zölle dauerhaft eingeführt werden. Stimmt eine qualifizierte Mehrheit dagegen, werden die Zölle wieder fallen gelassen. Bei fehlender Mehrheit entscheidet die Kommission.

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"China wird die Entwicklung genau beobachten und entschlossen alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die legitimen Rechte chinesischer Unternehmen zu schützen", zitiert die Nachrichtenagentur Reuters das Handelsministeriums in Peking in einer ersten Reaktion. Das chinesische Außenministerium hatte die Untersuchung zuvor als "Protektionismus" bezeichnet. Die EU versuche, einen Vorwand zu finden, um Zölle auf importierte Autos aus China zu erheben, was gegen internationale Handelsregeln verstoße, sagte der Sprecher Lin Jian am Dienstag in Peking.

Geht es nach der EU-Kommission, sollen auf BYD ab 4. Juli Zölle von 17,4 Prozent auferlegt werden

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EU prüft Strafzölle auf chinesische Elektroautos

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte im September 2023 eine Untersuchung zu chinesischen Subventionen für Autobauer initiiert, da sie befürchtete, China könnte den europäischen Markt mit billigen Elektrofahrzeugen überschwemmen, was den europäischen Herstellern schaden würde. Während Frankreichs Autoindustrie den Schritt begrüßt, befürchtet Deutschland, dessen Automobilhersteller stark vom chinesischen Markt abhängen, mögliche Vergeltungsmaßnahmen aus Peking. Viele deutsche Autobauer haben zudem ihre Produktion nach China verlagert und wären von den Zöllen selbst betroffen.

Eine Umfrage des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) zeigt, dass eine Mehrheit der deutschen Industrieunternehmen Strafzölle auf chinesische Elektroautos unterstützt. Diese Haltung könnte von negativen Erfahrungen der Vergangenheit beeinflusst sein, wie die europäische Solarindustrie, die stark unter chinesischer Konkurrenz litt.

Stefan Pierer spricht sich gegen Zölle der EU aus

Auch Befürworter der Zölle in Frankreich könnten von chinesischen Gegenmaßnahmen betroffen sein. Nach der Ankündigung der EU hatte Peking eine Untersuchung zu europäischen Likör-Importen eingeleitet, die vor allem französische Cognac-Hersteller ins Visier nimmt. In Österreich äußerte sich kürzlich KTM-Eigentümer Stefan Pierer klar gegen Strafzölle. Er bezeichnete sie Ende Mai in den "Salzburger Nachrichten" als "das Dümmste, was die EU machen könnte".

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Die Industriellenvereinigung (IV) zeigte sich besorgt über die heutige Ankündigung. In einer Aussendung wurde erklärt, dass EU-Schutzinstrumente "in gewissen Bereichen durchaus sinnvoll" seien. "Europäische Reaktionen dürfen jedoch nicht zu einer protektionistischen Spirale führen, die letztlich europäische Hersteller benachteiligt und nur Verlierer schafft. China ist ein wesentlicher Absatzmarkt und Produktionsstandort für österreichische Unternehmen und muss als solcher erhalten bleiben." Die EU solle auf die "Zunahme protektionistischer Tendenzen" mit einer "aktiven Handelspolitik" reagieren.

Von Reuters befragte Ökonomen reagierten unterschiedlich auf die EU-Pläne. Der Ifo-Präsident Clemens Fuest hält den Schritt für keine gute Idee und rät der EU, davon abzusehen. Fuest argumentiert, dass mögliche Gegenmaßnahmen Chinas sowie eine Verzögerung der Elektrifizierung des europäischen Autoverkehrs die Folge sein könnten.

"Die Entscheidung war letztlich zwingend, denn China subventioniert die eigene Industrie massiv und verzerrt dadurch den Wettbewerb", sagte hingegen der Wettbewerbsökonom Jens Südekum von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

China sieht sich aktuell mit einer schwachen Inlandsnachfrage konfrontiert, was die Unternehmen dazu zwingt, verstärkt auf Exporte zu setzen. Als Reaktion haben die USA ihre Zölle auf chinesische Elektrofahrzeuge kürzlich von 25 auf 100 Prozent erhöht, was den Druck auf den europäischen Markt weiter verstärken könnte.

Preisanstieg wird erwartet

Die von der EU-Kommission angekündigten Strafzölle auf chinesische Elektroautos dürften in Europa zumindest zu einem leichten Preisanstieg führen. Diese Meinung vertritt der Wifo-Handelsexperte Harald Oberhofer. Zwar beeinflussen neben der Nachfrage auch andere Faktoren den Marktpreis, doch "zusammengefasst würde ich aber davon ausgehen, dass es schon einen leichten Preisanstieg geben könnte", sagte er am Donnerstag im "Ö1 Journal um acht".

Dass die Branche, die durch die Strafzölle eigentlich geschützt werden soll, sich selbst dagegen ausspricht, sei "tatsächlich nicht oft der Fall", so Oberhofer. Klaus Edelsbrunner, Obmann der österreichischen Kfz-Händler in der Wirtschaftskammer, erklärte im Ö1-Journal: "Wir vom Fahrzeughandel waren eigentlich dagegen." Er verwies auf österreichische Händler, die chinesische Autos verkaufen und daher von den Zöllen betroffen seien. Zudem stellte Edelsbrunner die Wirksamkeit der Zölle infrage: "BYD, die in Ungarn selber ein Werk bauen, die sind dann innerhalb der EU und außerhalb der Strafzölle, das verstehe ich nicht ganz."

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Die Kritik der Autobranche begründet sich in der internationalen Vernetzung des Automobilmarktes und besonders im Engagement der deutschen Autobauer in China, wo diese etwa ein Fünftel bis ein Viertel ihres Gewinns erwirtschaften, erläuterte Oberhofer. Die Branche befürchte nun Gegenmaßnahmen aus China, wie etwa höhere Zölle auf Premiumautos aus Europa, was die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Hersteller beeinträchtigen könnte. Auch österreichische Zulieferer könnten darunter leiden.

Gleichzeitig könnten die Zölle laut Oberhofer aber auch dazu führen, dass die Verkaufszahlen europäischer Hersteller in Europa steigen und mehr in Europa produziert wird, wovon auch österreichische Unternehmen profitieren könnten. "Es hängt natürlich davon ab, was China genau tut", so der Handelsexperte, "kurzfristig könnte der negative Effekt überwiegen." Valentin Wedl, Handelsexperte bei der Arbeiterkammer, erwartet kurzfristig ebenfalls höhere Preise für E-Autos. "Aber mittel- bis langfristig muss die EU auch das Ziel verfolgen, die industrielle Basis und die Industriearbeitsplätze in Europa abzusichern und vor dem Hintergrund ist das Verhalten der EU-Kommission einleuchtend", sagte er im Ö1-Morgenjournal.

Der schleppende Hochlauf der Elektromobilität bringt die Zulieferindustrie in Österreich und Deutschland zunehmend in Schwierigkeiten. Von großen System- und Modulzulieferern wie Bosch, Continental oder Mahle bis hin zu den kleinen, hochspezialisierten Komponenten- oder Teile-Lieferanten: Die deutlich geringeren Abrufzahlen der Markenhersteller führen zu Leerlauf, Umsatzrückgängen und bringen Amortisationspläne in Gefahr. Weil man zwischen OEMs und Zulieferern einfach die alten Rahmenverträge aus Verbrenner-Zeiten übernommen hat, als Abrufzahlen planbarer und drastisch Rahmenveränderungen nicht geregelt waren, ist derzeit in vielen Unternehmen unklar, wer auf den Millionenkosten sitzen bleibt.