Digitalisierung : Digitalisierung: Österreich kein Innovationsführer!

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Österreich ist kein Innovationsführer in den Bereichen Digitalisierung und Gründung.

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In den Bereichen Digitalisierung und Gründung wird Österreich bis 2030 nicht zu den führenden Innovationsländern in Europa gehören, so der Forschungsrat in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht zur wissenschaftlichen und technologischen Leistungsfähigkeit Österreichs. Laut Bericht gehören diese beiden Bereiche zu den "größten Schwächen bzw. Problembereichen" im Forschungs- und Innovationssystem der Alpenrepublik. Zudem sei die Tendenz sinkend und die Entfernung zu den Innovationsführern Europas groß.

Der Rat für Forschung und Technologieentwicklung (RFT) misst anhand von rund 250 Indikatoren jährlich den Auftritt von Forschungs-, Technologie-, und Innovations(FTI)-Systemen und verknüpft diese mit den von der Bundesregierung Ende 2020 verabschiedeten FTI-Zielen für das Jahr 2030. Der Bericht soll den vielen unterschiedlichen Akteuren eine Grundlage für strategische Schlussfolgerungen bieten, so die stellvertretende RFT-Vorsitzende Sabine Herlitschka. Zum Vergleich werden europäische Innovationsführer wie Dänemark, Finnland und Schweden herangezogen.

Lesen Sie hier: Wie Österreich 2021 abgeschnitten hat.

In diesen Bereichen kann Österreich punkten

Deutlich übertrumpfen kann Österreich die Vergleichsländer in der Forschungsfinanzierung. Auch die Entwicklung des Querschnittsthemas "Umwelt und Klima" sei im Vergleich positiv zu bewerten. Auf dem Niveau der führenden Innovationsländer befindet sich Österreich ebenfalls bei der internationalen Verflechtung, bei der Unternehmensforschung und der Standortattraktivität.

Gering ist der Abstand zu den Innovationsführern aus Nordeuropa in den Bereichen Bildung, tertiäre Bildung sowie akademische Forschung. Geschlechtergerechtigkeit und Kreislaufwirtschaft liegen im Mittelfeld. Für letzteres Thema wurden erstmals Indikatoren entwickelt. Österreich zeige hier ein "positives Gesamtbild", so Herlitschka. Allerdings spiele kreislauforientierte Innovationstätigkeit noch eine untergeordnete Rolle und die Verzahnung mit der Industriepolitik fehle.

Abstand zu Innovationsführern zu groß

Bei den Themen "Gründungen" und "Digitalisierung" ist Österreich am weitesten von den Innovationsführern entfernt. "Die Chance, dass wir diese bis 2030 erreichen, ist nicht gegeben", so RFT-Geschäftsführer Ludovit Garzik. Für Herlitschka muss man in beiden Bereichen "dran bleiben, weil das so starke Übersetzer sind".

Angesichts der vielen Krisen, die auch in Zukunft drohen werden, fordert Herlitschka einen "Sense of Urgency für alle Maßnahmen, die auf einen radikalen systemischen Wandel abzielen. Die First Mover werden gestalten, die anderen werden gestaltet."

Sabine Herlitschka ist eine der 125 wichtigsten Managerinnen im großen INDUSTRIEMAGAZIN Ranking. Lesen Sie hier noch mehr über Frauenpower.

Sabine Herlitschka, CEO Infineon Österreich
Sabine Herlitschka, stellvertretende RFT-Vorsitzende. - © Infineon Österreich

Gründungsbereich bleibt größte Schwächen des Innovationssystems

Zentrale Elemente der Leistungsfähigkeit des Innovationssystems und Katalysatoren für Transformationsprozesse sind Unternehmensgründungen - insbesondere forschungsbasierter und schnell wachsender Unternehmen. Die FTI-Strategie 2030 nennt dazu zwei konkrete Ziele: die Verdopplung wirtschaftlich erfolgreicher akademischer Ausgründungen und die Erhöhung des verfügbaren Risikokapitals auf 0,1 Prozent des BIP. Für den Teilbereich "Gründungen" liegen vier Indikatoren zu Grunde:

Gazellen: Der Indikator gibt die Dynamik schnell wachsender Unternehmen in wissensintensiven Sektoren an. Unbekannt ist jedoch, inwieweit die betreffenden Unternehmen ihr Wachstum tatsächlich auch durch Innovationsaktivitäten erzielen. Österreich erreicht hier von 100 Prozent einen Wert von 75 Prozent, der beste der vier Indikatoren im Bereich der Gründungen.

Motivation für unternehmerisches Handeln: Der Wert gibt das Verhältnis der Personen an, die aus Eigenantrieb unternehmerisch handeln und stellt es denen gegenüber, die mangels Alternativen unternehmerisch handeln. Bezogen auf Österreich liegt der Wert bei 19 Prozent.

Risikokapitalintensität: Der Indikator misst die Risikokapitalintensität anhand der insgesamt durch Fonds in Österreich investierte Mittel, bezogen auf das BIP. Mit 14 Prozent ist dieser Wert der niedrigste im Bereich der Gründungen.

Venture-Capital-Fonds-Finanzierungsstruktur: Hierzu zählen Finanzmittel, die nicht von Banken oder Regierungsagenturen investiert werden. Der Wert erreicht 70 von 100 Prozent.

Der Gründungsbereich bleibt laut Bericht des Forschungsrates eine der größten Schwächen des österreichischen Innovationssystems. Trotz leichter Verbesserungen im Vergleich zum vergangenen Jahr bleibt Österreich deutlich hinter den Top 3 sowie den Innovationsführern und liegt unter dem EU-Durchschnitt. Starke Auswirkungen auf die Gründerszene in ganz Europa hatte die COVID-19-Pandemie mit all ihren Folgen.

Deutlich verbessert hat sich im Jahresvergleich dennoch der Anteil der Gazellen - besonders schnell wachsender Unternehmen mit entsprechendem Beschäftigtenzuwachs.

Wie können die FTI-Ziele bis 2030 doch noch erreicht werden?

Im europäischen Vergleich sind die Bildungsangebote sowie deren Erreichbarkeit zu den Themen Unternehmertum und Unternehmensgründung "deutlich ungünstiger", so der Bericht des RFT. Die Vermittlung von unternehmerischen Fähigkeiten und Fertigkeiten sollte dazu in allen Bildungsstufen, besonders jedoch im Rahmen einer tertiären Ausbildung priorisiert und mit den notwendigen Ressourcen ausgestattet werden, rät der Forschungsrat. Auch in der vielfach geforderten Bildungsoffensive der MINT-Fächer sollte der Bereich des Unternehmertums eine zentrale Rolle spielen.

Ebenfalls essentiell für die österreichische Gründungsszene ist die Stärkung des heimischen Risikokapitalmarkts. "Zentral hierfür wäre die Schaffung eines entsprechend ausgestatteten Dachfonds aus Mitteln institutioneller Investoren", so der FTI-Monitor zum Bericht.