Managementtipp : Innovation: Warum es ohne nicht geht

Roman Wörner EY Österreich

Roman Wörner, Director bei EY-Parthenon

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Ab 2035 soll in der Europäischen Union nur noch das Elektroauto vom Band gehen. Werden wir bis dahin das Problem der Reichweite gelöst haben? 2040 will Österreich klimaneutral sein. Werden wir bis dahin in der Lage sein, Fabriken gänzlich ohne CO2-Ausstoß zu betreiben? 2050 liegt die Lebenserwartung in Österreich bei fast 90 Jahren. Wie werden wir sicherstellen, dass ein langes Leben lebenswert bleibt?

All diese Entwicklungen und viele weitere stellen Wirtschaft, Gesellschaft und Politik gleichermaßen vor bisher unbe­kannte Herausforderungen — und eröffnen gleichzeitig neue Geschäftsfelder und Möglichkeiten. Unternehmen, die an den richtigen Ideen arbeiten und investieren, werden am Ende nicht nur nachhaltig wachsen, sondern gleichzeitig auch zur Lösung sozialer oder ökologischer Probleme bei­tragen. Das sichert nicht nur die Gelder von nachhaltig fo­kussierten Investor:innen, sondern auch die besten Köpfe. Denn gerade im heutigen Zeitalter ist es Bewerber:innen wichtiger denn je, eine sinnstiftende Arbeit zu verrichten.

Damit Innovation gelingt und nach einer langen Zeit der Forschung und Entwicklung auch zu einem erfolgreichen Produkt wird, braucht es viel Mut für neue Ideen. Und es sind einige Grundprinzipien zu beachten. Wir haben deshalb die vielversprechendsten Innovationsprojekte mit unseren Kunden unter die Lupe genommen. Dabei sind wir auf fünf Faktoren gestoßen, die für erfolgreiche Projekte den ge­meinsamen Nenner bilden:

1. Strategie als Basis: Überlassen Sie die Ergebnisse Ihrer Innovationsarbeit nicht dem Zufall, sondern nehmen Sie In­novation als ein Instrument der Strategieimplementierung wahr. Damit Ihr Innovationsmanagement strategiegeleitet ist, müssen Sie zum einen klare Ziele formulieren, zum an­deren sollten Sie klare Themenbereiche definieren, inner­halb derer Sie durch Innovation einen Unterschied machen wollen.

Den Ausgangspunkt bildet dabei die Unternehmens­strategie. Diese wird systematisch auf Schwerpunktthemen untersucht, die sich typischerweise aus der Natur der Ge­schäftsfelder und den im Wettbewerbsvergleich angestreb­ten Zielen ergeben. Im pointierten Abgleich mit Branchen- und Technologietrends werden diese Schwerpunktthemen intelligent gebündelt und in sogenannte Suchfelder über­setzt, innerhalb derer dann gezielt Innovationsprojekte implementiert werden.

2. Intelligente Dezentralisierung: Innovation ist eine Kol­lektivaufgabe, braucht aber dennoch jemanden, der die Fä­den zusammenhält. Die richtige Balance ist entscheidend: Einerseits muss eine dezentrale Einbindung verschiedener Unternehmensbereiche gerade bei der Ideengenerierung und Projektarbeit stattfinden; andererseits gilt es vor allem im Hinblick auf Synergie- oder Governance-Gesichtspunk­ten wie beispielsweise bei übergeordneten Steuerungsfra­gen, zentralisiert vorzugehen.

Um das zu erreichen, bedarf es zweier Dinge. Erstens: Installieren Sie ein zentrales Inno­vationsteam. Dieses Team ist Informationsdrehscheibe, Prozess-Facilitator, Sparringspartner und in seltenen Aus­nahmefällen auch Träger eigener Innovationsprojekte.

Ziel ist die bestmögliche Unterstützung der dezentralen Ak­teur:innen in den Geschäftsbereichen. Zweitens: Etablieren Sie ein Innovationsboard mit Vertreter:innen der dezentra­len Einheiten. Zweck des Innovationsboards ist es, der Inno­vationsarbeit eine Richtung zu geben und Fragestellungen der Innovationsarbeit durch Expertenentscheidungen zu erklären, die auf hohem inhaltlichem Niveau und im über-geordneten Unternehmensinteresse getroffen werden.

"Installieren Sie ein zentrales Inno­vationsteam. Es ist Informationsdrehscheibe, Prozess-Facilitator und Sparringspartner."
Roman Wörner, Director EY-Parthenon

3. Gesteuert: Sorgen Sie in Ihrem Innovationsmanagement für Übersicht und Transparenz. Im Vordergrund stehen dabei zwei Perspektiven: Komposition und Reifegrad. Zum einen gilt es, jederzeit den Überblick über das Innovationsportfolio zu behalten; eine intelligente Innovationslandkarte unterstützt Sie bei der laufenden Standortbestimmung.

Zum anderen muss sichergestellt sein, dass jedes Innovati­onsvorhaben seinem Reifegrad entsprechende Unterstüt­zungsleistungen erhält und einer Plausibilitätsprüfung un­terzogen wird. Ein wichtiges Werkzeug in dieser Sache ist der Innovations-Funnel. Er macht sichtbar, an welchem Punkt der Reifegradskala zwischen Idee und marktfähiger Lösung Innovationsvorhaben stehen, und sorgt durch defi­nierte Gates für klare Steuerung. Es ist erfolgsentschei­dend, in der Steuerung die richtige Balance zu finden — am Beginn des Funnels meist qualitativ, am Ende aber immer als tragfähiger Business Case.

4. Methodisch und offen: Innovationsarbeit lebt von den richtigen Arbeitstechniken. Neben einer grundsätzlich stark projektorientierten Vorgehensweise, mit der heutzutage zahlreiche Unternehmen vertraut sind, haben sich hier in erster Linie agile Ansätze bewährt. Diese gilt es geschickt mit innovationsspezifischen Methoden der Ideation (z.B. Design Thinking) und Incubation (z.B. Hackathons) zu verknüpfen.

Unter dem Titel „Open Innovation“ befassen sich zahl­reiche Innovationsmethoden mit der bewussten Einbindung externer Partner:innen. Diese ermöglichen es, auf Ressour­cen zuzugreifen, die weit über die Grenzen des eigenen Un­ternehmens hinausreichen. Ziel ist es, ein Netzwerk und Ökosystem aufzubauen, das den Zugang zu wesentlich mehr als den im Unternehmen vorhandenen Ressourcen erlaubt und so den Handlungsspielraum deutlich erhöht. Speziell in komplexen Gefügen gilt: Innovation ist kein So­lo-Act, sondern eine Team-Challenge!

5. Kultur: Innovation lässt sich bekanntlich nicht verordnen, sie passiert — und zwar im richtigen kulturellen Kontext. Kultur macht Innovation, aber Innovation macht auch Kul­tur! Nutzen Sie die Chance, mit der Gestaltung Ihres Inno-vationssystems bewusst die Kultur zu prägen. Die Rollen, die Sie schaffen, die Prozesse, die Sie installieren, die Me­thoden, die Sie nutzen, und die Haltungen, die Sie vorleben, setzen klare kulturelle Impulse.

Innovation ist eine vielfältige Herausforderung. Es muss gelingen, die Menschen im Unternehmen für das Hervorbringen neuer Ideen zu begeistern, ihnen die richtigen Werkzeuge an die Hand zu geben und die Kreativität in Richtung der strategischen Ambitionen der Organisation zu kanalisieren. Die Themen Nachhaltigkeit und Digitalisierung spielen dabei eine Schlüsselrolle.

Jene Unternehmen, die es schaffen, durch Innovation ihre Geschäftsmodelle nachhaltiger und digitaler zu machen, leisten nicht nur einen Beitrag zu ihrem eigenen Erfolg sondern auch zu einer besseren Zukunft. Also legen Sie los, gehen Sie mutig die ersten Schritte und innovieren Sie – aber richtig.

Autor: Roman Wörner ist Director bei EY-Parthenon, der Strategieberatungsmarke bei EY Österreich und auf die Industriebranche spezialisiert.