Lean Management Methoden in der Industrie : Die besten lean & green Strategien der Industrie

Der Lean & Green Ansatz zielt darauf ab, Lean Management strategisch, operativ und organisatorisch mit Umweltschutz und Ressourceneffizienz zu verbinden.
- © top images - stock.adobe.com„Nachhaltigkeit ist keine Parallelentwicklung in der Prozessoptimierung“, sagt Daniel Reichert, Projektleiter Lean & Green, des Beratungsunternehmen T&O Group. Die Berichtspflicht und die Vorgaben der Emissionsziele stellen viele Unternehmen vor zusätzliche Aufgaben. Der Lean & Green Ansatz zielt darauf ab, Lean Management strategisch, operativ und organisatorisch mit Umweltschutz und Ressourceneffizienz zu verbinden. In Unternehmensprozessen kann durch funktionierendes Lean & Green Management die Nachhaltigkeitsleistung zeitgleich mit klassischen Kennzahlen wie Qualität, Zeit und Kosten optimiert werden. Transparenz über die entscheidenden Stellhebel herzustellen und sie den Kernprozessen zuzuordnen, ist der erste Schritt.
So wird in die konkrete Steuerung einer zusätzlichen Zielgröße, wie die CO₂-Emissionen, eingebunden. Die Kostenminderung und die Verbesserung der Umweltbilanz greifen hier ineinander und helfen den Investitionsaufwand für die anstehende Green-Transformation der Wirtschaft deutlich zu reduzieren.

Signifikante Ersparnis
Lean and Green zahlt sich aus. Einblick in konkrete CO₂-relevante Projekterfolge mit maßgeblichen Kosteneinsparungen gibt Berndt Jung, Geschäftsführer des Consulting-Unternehmens StEP-up. So konnte man etwa die Ausbeute in einem Herstellungsprozesses von keramischem Pulver von 70 % auf über 95 % steigern. Durch die Reduktion von Fehlerbildern in einem Beschichtungsprozess kam es zu einer Nettoeinsparung von ca. € 342.000.
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Die Verdoppelung der Standzeit eines Schleifwerkzeuges minimierte die Kosten um rund € 20.000. Das Verkürzen der Presszeit um vier Minuten, von 34 auf 30 brachte ein Sparpotenzial von € 165.000. Und eine Ersparnis von € 85.000 brachte etwa die Verringerung des metallurgischen Ausschusses um 29 %. Das Ineinandergreifen der Optimierung von Lean & Green baut Brücken zwischen beiden Bereichen und integriert die Nachhaltigkeitsvorgaben in das Produktionsgeschehen.

Lean-Initiativen helfen bei der Produktivitätssteigerung ebenso wie bei der Reduktion des CO2-Fußabdrucks.Berndt Jung, Geschäftsführer StEP-Up
Aluminium-Recycling und Nachhaltigkeit: Die Erfolgsgeschichte der HAI-Gruppe
Bis zu 80 % ist der Recyclinganteil in Produkten der HAI-Gruppe. Aluminium-Recycling, Green Sourcing und die Verwendung von Green Energy stehen genauso an der Tagesordnung, wie der Fokus auf umweltfreundliche Prozesse. Seit der Unternehmensgründung 2007 arbeitet die Gruppe an Konzepten in der Kreislaufwirtschaft und entwirft Recyclingprozesse für Aluminium. Der Aluminium-Kreislauf startet beim strategischen Metalleinkauf. Danach folgen die Aufbereitung, Sortierung und das Einschmelzen bzw. das Veredeln, Gießen und Strangpressen, das wiederum in die Weiterverarbeitung mündet. Zur Bewertung der Produkte werden seit 2020 Ökobilanzen erstellt.
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Ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) beteiligt alle Mitarbeiter:Innen, jährlich werden über 4.000 Verbesserungsvorschläge eingereicht. Zusätzlich wird an den Dekarbonisierungszielen durch die Umsetzung einer Vielzahl an Einzelmaßnahmen gearbeitet, die in der Gesamtheit eine große Auswirkung haben. 2019 entschied sich das Unternehmen bewusst für Handlungen zur Reduzierung von Treibhausgasen und erreichte das selbst gesetzte Ziel bis 2025 25 % der Gruppenemissionen einzusparen, bereits 2022.

Wir möchten sicherstellen, dass Aluminium-Schrott aus allen Produkt-Segmenten effizient recycelt wird, um Recycling-Raten zu steigern und damit einen Beitrag zur Klimaneutralität und Kreislaufwirtschaft zu leisten.Markus Schober, COO HAI Gruppe
Die Verbindung von Lean Management und Nachhaltigkeit in der Unternehmenskultur
Lean Management ist mehr als ein einmaliges Projekt, sondern sollte in der DNA eines jeden Unternehmens verankert sein, ist die Meinung von Andreas Fill, CEO des Maschinenbauers Fill. Die Lean und Green Projekte laufen bei Fill unter dem Titel „FLOW“. Man arbeitet daran, Prozesse entlang der langen Wertschöpfungskette im Fluss zu halten. Konkrete laufende Maßnahmen sind etwa die Durchlauf- und Liegezeiten und die Verschwendung fortwährend zu monitoren und zu reduzieren. Neben Innovationen im Produktbereich und der laufenden Entwicklung der Mitarbeiter:Innen ist eine wettbewerbsfähige Prozesslandschaft für das Unternehmen von entscheidender Bedeutung. Das bedeutet gut funktionierenden Schnittstellen und durchdachte Kommunikationskanäle.
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Dass effiziente, innovative Lösungen auch nachhaltig sein müssen, liegt bei Lean Management auf der Hand. Hier setzt Fill neben dem hochwertigen Maschinenbau, auch auf Maßnahmen, um den Energieverbrauch drastisch zu reduzieren. Das Einbeziehen ökologischer Maßnahmen in die Firmenstrategie bildet sich etwa im Vorhaben ab 2026 zu 100 % energieautark zu sein ab. „Dabei drücken wir bei der einen oder anderen Investitionsrechnung mal ein Auge zu“, erklärt Andreas Fill.
Den Umstieg auf Biomasse im Jahr 2006 und den Einsatz der ersten Photovoltaikanlage hätte man aus rein kaufmännischer Sicht gar nicht machen dürfen. Es handelte sich dabei um eine Risikoinvestment für eine bessere Zukunft. Im Nachhinein betrachtet waren dies aber die richten Entscheidungen, weiß Fill. Denn kontinuierliche Unternehmensentwicklung steht am Plan. „Um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben, bedarf es neuer Denkansätze und es ist dabei nicht immer leicht, sich von bis dato erfolgreichen Strukturen und Prozessen zu trennen“, sagt der Fill CEO.

Nachhaltige Energie für Salzproduktion bei Salinen Austria AG
Erstmals seit 7000 Jahren halten Windkraft und Sonnenenergie Einzug in die Salzproduktion, denn die Weichen wurden in der Energiestrategie der Salinen Austria AG neu gestellt. Jährlich werden an den Standorten Altaussee, Hallstatt und Bad Ischl vier Millionen Kubikmeter Sole gewonnen, aus denen 1,2 Millionen Tonnen Salz produziert werden. Nun will das Unternehmen einen Schritt zu mehr Nachhaltigkeit setzen und unabhängiger vom volatilen Strom- und Gaspreismarkt werden. Ab Sommer 2023 steuert die im Frühjahr auf dem Dach des Hochregallagers installierte Photovoltaikanlage Energie zur Salzproduktion bei. Ab 2024 wird zusätzlich Windkraft eingesetzt.
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Im Rahmen eines Power Purchase Agreements (PPA) mit der Windkraft Simonsfeld bezieht der Salzhersteller grüne Energie aus Niederösterreich. Von 2024 bis 2026 versorgt der Windpark Dürnkrut 1 die Ebenseer Salzproduktion. Mit dem Einsatz von Windkraft und Sonnenenergie wird erstmals in der Geschichte ein beträchtlicher Teil des Energiebedarfs der Salzproduktion nachhaltig abgedeckt. „Wir können einen Großteil der Salzspezialitäten für den europäischen Raum mit grüner Energie herstellen. Salz aus Österreich setzt neue Maßstäbe in der Nachhaltigkeit“, sagt Peter Untersperger, Vorstandsvorsitzender der Salinen AG.

Dekarbonisierung des Bausektors
„Holz bindet CO₂ während seines Wachstums und speichert Kohlenstoff in Holzkonstruktionen auf lange Zeit“, erklärt Georg Jeitler, Leitung Forschung & Entwicklung der Hasslacher Gruppe. Mit Holzprodukten den Bausektor dekarbonisieren ist daher ein Ziel des Holzproduzenten. Er stellt Systemlösungen für den nachhaltigen Holzbau her. So lieferte das Unternehmen etwa die erste ressourcenschonende Verkehrszeichenbrücke. Knapp 30 m oder vier Fahrspuren überspannt die Brücke auf der Südautobahn in Österreich: Die CO₂-sparende Holzkonstruktion aus Brettschichtholz bindet rund 35 t CO₂. Die Brücke wurde im Holzindustrieunternehmen produziert und mit allen Verbindungsmitteln, der notwendigen Elektronik, einem Feuchtemonitoringsystem sowie den Verkehrszeichen versehen.
Die Schöpfer: Wie radikale Innovation die Industrie verändert.
Die Träger und Stützen sind innovative Hybride aus heimischer Fichte und Lärche. Auch für Ladestationen, E-Tankstellen und Mobility Hubs werden Holzbaulösungen produziert und liefern damit ökologische Alternativen zu Stahl- und Betonstrukturen. Der Vorfertigungsgrad der Systeme ist hoch und verkürzt so die Bauzeit. Zusätzlich ist die Installation von PV-Anlagen auf den hochwertigen Dächern angedacht. Zur Messbarkeit der Ökobilanz stellt die Hasslacher Gruppe fundierte Daten zur Erstellung einer Gebäudezertifizierung zur Verfügung. Diese Environmental Product Declarations (EPD) beschreiben die Auswirkungen der einzelnen Produkte auf die Umwelt.
