Verbrenner-Aus : BMW-Manager warnt: China wird zum Profiteur des EU-Verbrennerverbots
Klaus von Moltke, Leiter der BMW Motoren GmbH in Steyr
- © BMWDer deutsche Automobilkonzern BMW äußert sich kritisch zum in der EU geplanten Verbot von Neufahrzeugen mit Verbrennungsmotor ab dem Jahr 2035. Nach Unternehmensangaben beruht dieser Plan teils auf fragwürdigen Annahmen und gedanklichen Fehlschlüssen. Zudem seien zentrale Voraussetzungen, etwa eine flächendeckende Ladeinfrastruktur, bislang nicht erfüllt.
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Statt lediglich den Ausstoß von CO₂ im Fahrbetrieb zu bewerten, müsse laut Klaus von Moltke, Leiter der BMW Motoren GmbH in Steyr, "der gesamte CO2-Rucksack" eines Fahrzeugs berücksichtigt werden. In einem Gespräch mit Journalisten in Wien kritisierte von Moltke, dass in der aktuellen EU-Gesetzgebung die Emissionen bei der Rohstoffgewinnung außen vor blieben. Zudem werde übersehen, "ob die Energie für die Nutzung tatsächlich CO2-neutral ist". Während der Betrieb eines Elektrofahrzeugs mit Braunkohlestrom erlaubt sei, werde gleichzeitig der Einsatz von HVO-100, einem bis zu 90 Prozent CO2-neutralen synthetischen Dieselkraftstoff, ab 2035 untersagt. Eine solche "lokale Betrachtung übersieht, dass CO2 keine Regionen- und Ländergrenzen kennt".
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BMW-Studie: So unterscheiden sich die CO₂-Emissionen von Diesel und Elektro
Wie von Moltke weiter ausführte, verursache ein rein elektrisches Fahrzeug bereits bei Rohstoffgewinnung und Produktion "etwa um die Hälfte mehr CO2 als ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor". Grundlage sei eine interne BMW-Studie. Demnach liege der gesamte CO2-Ausstoß eines BMW 520d über einen Lebenszyklus von 200.000 Kilometern – bei ausschließlicher Nutzung von HVO-100 – bei 14,4 Tonnen CO₂-Äquivalenten. Im Vergleich dazu belaufen sich die Emissionen des vollelektrischen BMW i5 auf 29,1 Tonnen, berechnet auf Basis des durchschnittlichen EU-Strommixes.
Was ist HVO-100?
HVO-100 steht für Hydrotreated Vegetable Oil in Reinform (100 %). Es handelt sich um einen synthetischen Dieselkraftstoff, der aus pflanzlichen Ölen oder Abfallstoffen wie Altspeiseöl hergestellt wird.
Herstellung:
HVO entsteht durch die hydrierte Umwandlung von biologischen Rohstoffen in paraffinischen Diesel. Im Gegensatz zu herkömmlichem Biodiesel (FAME) ist HVO chemisch stabiler, länger lagerfähig und kompatibler mit modernen Motoren.
CO₂-Bilanz:
Je nach Rohstoffherkunft kann HVO-100 die CO₂-Emissionen um bis zu 90 % im Vergleich zu fossilem Diesel reduzieren (über den gesamten Lebenszyklus gerechnet).
Vorteile:
- Kompatibel mit vielen bestehenden Diesel-Fahrzeugen (OEM-Freigabe erforderlich)
- Keine Umrüstung der Infrastruktur notwendig
- Geringere Feinstaub- und NOx-Emissionen
- Geruchsarm und sauber in der Verbrennung
Nachteile:
- Noch eingeschränkte Verfügbarkeit
- Höhere Produktionskosten als fossiler Diesel
- Nachhaltigkeit hängt stark vom eingesetzten Rohstoff ab
Rechtliche Lage (Stand 2025):
In einigen EU-Ländern (z. B. Schweden, Finnland) ist HVO-100 bereits weit verbreitet. In Deutschland und Österreich wird die Zulassung für den freien Verkauf an Endverbraucher diskutiert. Ein EU-weites Zulassungsverbot ab 2035 würde auch HVO-100 betreffen, sofern keine Ausnahmen für synthetische Kraftstoffe gemacht werden.
BMW-Manager kritisiert CO₂-Fokus: „Nicht zielführend und fahrlässig“
Auch Alexander Bamberger, Geschäftsführer der BMW Austria GmbH, übte Kritik an der aktuellen Herangehensweise der Politik. Die Fokussierung auf den CO2-Ausstoß am Auspuff sei "nicht zielführend" und sogar "fahrlässig". Er bemängelte unter anderem Defizite bei der Ladeinfrastruktur. "Eine Regulatorik, die Kundenbedürfnisse und Marktrealitäten ignoriert", gleichzeitig aber nicht in der Lage sei, "die erforderlichen Rahmenbedingungen für alternative Technologien zu schaffen, kann nicht erfolgreich sein", so Bamberger.
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Er warnte davor, dass durch diese Herangehensweise zwar Zielvorgaben definiert würden, alternative Lösungsansätze jedoch ausgeschlossen blieben. Das Resultat: "Wir ruinieren damit ein automotives Ökosystem, das die Kraft hätte, eine signifikante Änderung herbeizuführen – durch Technologieoffenheit, Innovationskraft und Knowhow aus Europa, allen voran Österreich und Deutschland." Das Motorenwerk in Steyr ist dabei die größte Fertigungsstätte für BMW-Antriebe weltweit.
BMW warnt: Einseitiger E-Fokus könnte Europas Abhängigkeit von China erhöhen
Trotz der Kritik betont das Unternehmen: BMW sei "überzeugt vom Konzept der E-Mobilität". Allerdings seien in vielen Teilen Europas noch wesentliche Fortschritte nötig, insbesondere beim Ausbau des Schnellladenetzes, bei Strompreisen sowie bei der Verfügbarkeit von Grünstrom.
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Ein alleiniger Fokus auf batterieelektrische Fahrzeuge könnte laut BMW und anderen Branchenvertretern zudem die Abhängigkeit Europas von China weiter verschärfen. Das asiatische Land dominiert nicht nur die Produktion von Fahrzeugbatterien, sondern stellt auch einen Großteil der benötigten Rohstoffe bereit – unter vorteilhafteren Rahmenbedingungen durch staatliche Unterstützung und weniger strenge Regulierungen als in der EU.
Hightech aus Österreich: BMW baut Wasserstoff-Kompetenz weiter aus
BMW baut sein Werk im oberösterreichischen Steyr zu einem zentralen Standort für Wasserstofftechnologie aus. Ab 2028 soll dort die Serienentwicklung eines neuen Brennstoffzellensystems starten. Dieses Projekt entsteht in Kooperation mit Toyota. Während die Forschungsarbeiten und der Prototypenbau im Wasserstoff-Kompetenzzentrum in München stattfinden, liegt die Verantwortung für die Industrialisierung – also die Vorbereitung auf die Serienfertigung – beim Entwicklungszentrum in Steyr.
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Zum geplanten System zählen neben den eigentlichen Brennstoffzellen, in denen Wasserstoff und Sauerstoff zu Strom reagieren, zahlreiche weitere Komponenten. Dazu gehören etwa das Wärmemanagement, Steuerungseinheiten, die Luftführung sowie das gesamte Wasserstoff-Subsystem. „Das Besondere ist, dass die komplexen Brennstoffzellenantriebe aus rund 150 Einzelteilen von speziell geschulten Beschäftigten montiert werden – und das mit hohem Handarbeits-Anteil und gleichzeitig höchster Qualitätsanforderungen. Wir nennen das unsere Hightech-Manufaktur,“ erklärte Standortleiter Klaus von Moltke am Mittwoch.
Erst vor wenigen Tagen hatte BMW in Steyr die Serienfertigung von E-Motoren gestartet – nun kommt mit dem Wasserstoffsystem ein weiteres Zukunftsfeld hinzu. Diese Entwicklung wurde sowohl von BMW-Motorenchef Klaus von Moltke als auch vom oberösterreichischen Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) begrüßt. Für die künftige Produktion des Brennstoffzellensystems sollen rund 50 Fachkräfte in Steyr eingesetzt werden.