Geschäftsbeziehungen : B&C steigt nach Unstimmigkeiten bei Schur Flexibles aus

Schur Flexibles
© Rudolf Loidl

Die B&C-Gruppe trennt sich von ihrer im Jahr 2021 vom US-amerikanischen Private-Equity-Unternehmen Lindsay Goldberg erworbenen 80%-Beteiligung am Verpackungshersteller Schur Flexibles (Wiener Neudorf, NÖ). Der Ausstieg erfolgt, nachdem von B&C bei Schur Flexibles massive Unregelmäßigkeiten in den Bilanzen der Vorjahre und grobe Verfehlungen durch ehemalige Manager entdeckt worden sollen. "B&C sieht sich als Käuferin getäuscht und als Opfer eines Betrugsfalles", hieß es von B&C am Dienstag in einer Aussendung.

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Laut B&C soll sich nach dem Einstieg herausgestellt haben, dass die von renommierten Wirtschaftsprüfern seinerzeit testierten Schur-Bilanzen aus den Vorjahren unrichtig und manipuliert waren. Demnach sollen die Geschäftsergebnisse und die Finanzsituation von Schur Flexibles massiv überhöht dargestellt gewesen sein. Gegen das ehemalige Schur-Management wurden inzwischen Strafverfahren wegen mehrerer Straftatbestände eingeleitet.

Der von B&C im Jahr 2021 für die Schur-Anteile bezahlte Kaufpreis war aufgrund dieser Vorkommnisse aus heutiger Sicht weit überhöht. B&C sieht sich als Käuferin getäuscht und als Opfer eines Betrugsfalles.

Um die notwendige Rekapitalisierung und Restrukturierung der Finanzen und Kredite von Schur Flexibles zu ermöglichen, überträgt B&C nun ihre Anteile an Schur Flexibles an eine neue Eigentümergruppe rund um das US-amerikanische Investmenthaus Apollo und andere Schur-Gläubiger. Eine diesbezügliche Vereinbarung wurde am 4. Juni 2022 in Frankfurt/Main unterzeichnet. Das Closing der Vereinbarung wird nach Prüfung durch die zuständigen Behörden und Herbeiführung der erforderlichen Bedingungen im Herbst 2022 erwartet.

Darüber hinaus wird die B&C-Gruppe versuchen, den Schaden, der ihr durch die im Raum stehenden Bilanzfälschungen und sonstigen strafbaren Handlungen der verschiedenen Beteiligten entstanden ist, durch Schadenersatzansprüche und bestehende Garantie-Versicherungen einzubringen. Weitere rechtliche Schritte auf Basis der laufenden Aufarbeitungen sind aus B&C-Sicht wahrscheinlich.

Noch Anfang des Jahres galt die Schur Flexibles Gruppe als schnell wachsend. Der Fokus lag auf profitablem Wachstum, mit besonderem Schwerpunkt auf der Optimierung der Prozesse in den Geschäftsbereichen der Gruppe. Dafür wurde Juan Luís Martínez Arteaga vom Operations-Vorstand zum neuen CEO.

Juan Luís Martínez Arteaga, CEO Schur Flexibles
Juan Luís Martínez Arteaga, CEO von Schur Flexibles - © Schur Flexibles / Christina Haeusler

Die B&C hatte die Übernahme der Schur Flexibles im Mai des Vorjahres kundgetan. 20 Prozent von Schur Flexibles verbleiben beim bisherigen Eigentümer, Lindsay Goldberg. Die 2012 gegründete Schur-Flexibles-Gruppe hat nach etlichen Zukäufen 22 Produktionsstandorte in Deutschland, Finnland, Dänemark, Schweden, den Niederlanden, Polen, der Slowakei, Griechenland, Frankreich, Großbritannien und Italien.

Insgesamt beschäftigt Schur Flexibles gut 2.000 Personen und hatte zuletzt einen Jahresumsatz von rund 540 Mio. Euro. Der Unternehmenswert einschließlich übernommener Finanzierungen lag bei rund 900 Mio. Euro. Die B&C-Gruppe ist unter anderem Mehrheitseigentümer der börsennotierten Unternehmen Lenzing, AMAG und Semperit.