Elektromobilität : ABB-Umbau stockt wegen Ukraine-Krieg

ABB CEO Björn Rosengren

ABB CEO Björn Rosengren: Ausgliederung des Turobolader-Geschäfts vorerst verschoben

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Der Krieg in der Ukraine bremst den Umbau des Elektrotechnikkonzerns ABB. Das Schweizer Unternehmen schiebt den Entscheid zur Verselbstständigung des Turbolader-Geschäfts auf, wie Konzernchef Björn Rosengren laut Redetext am Donnerstag auf der Generalversammlung sagte. Statt wie bisher bis zum Ende des laufenden Quartals will ABB nun erst bis Mitte Jahr einen Entschluss fassen. Rosengren verwies auf die Verunsicherung, die der Krieg bei den Anlegern ausgelöst habe.

ABB wolle sich zwar weiterhin von dem kürzlich in Accelleron umbenannten Geschäft trennen. "Aber wir werden die endgültige Entscheidung nicht überstürzen." Der Konzern favorisiere weiterhin eine Ausgliederung über eine Notierung an der Schweizer Börse. Der Hersteller von leistungsstarken Turboladern für Diesel- und Gasmotoren erwirtschaftete im vergangenen Jahr mit gut 2.300 Mitarbeitern einen Umsatz von rund 750 Millionen Dollar (682,75 Mio. Euro).

Zur Stärkung des Kerngeschäfts in der Elektrifizierung und Automatisierung peile ABB im Gegenzug mindestens fünf kleine bis mittlere Zukäufe pro Jahr an. "Wir haben eine Reihe neuer M&A-Möglichkeiten identifiziert, die wir uns en detail anschauen werden", sagte Rosengren. Dank der starken Bilanz und den Erlösen aus dem laufenden Geschäft sei der Siemens-Konkurrent in der Lage, Übernahmen zu stemmen und gleichzeitig Barmittel an die Aktionäre auszuschütten.

Bereich E-Mobility soll wie geplant heuer an die Börse

Am Fahrplan für das Geschäft mit Ladesäulen für Elektrofahrzeuge hält ABB weiter fest. Unter der Voraussetzung von ansprechenden Marktbedingungen will ABB den Bereich E-mobility weiterhin im zweiten Quartal an die Schweizer Börse bringen. Auch die Pläne zum Ausstieg aus dem Bereich Power Conversion blieben unverändert.

Der Wert der schnell wachsenden Einheit, die vom Boom der Elektrofahrzeuge profitiert, könnte den Personen zufolge bei rund drei Milliarden Dollar liegen. ABB werde von Lilja & Co beraten. Die Banken Morgan Stanley und UBS dürften mit der Organisation der Transaktion betraut werden. ABB, Lilja und die Banken wollten sich nicht äußern.

ABB-Chef Björn Rosengren hatte Ende April angekündigt, den Bereich zu einer eigenen rechtlichen Einheit zu machen. Damit solle die Grundlage für eine eigenständige Börsennotierung geschaffen werden. Rosengren stellte aber auch klar, dass ABB die Kontrolle an dem Geschäft behalten wolle.

Der Bereich beschäftigt 850 Mitarbeiter und ist in über 85 Ländern tätig. Nach jahrelangen Wachstumsraten von 50 Prozent pro Jahr kam das E-Mobilitätsgeschäft 2020 auf einen Umsatz von 220 Millionen Dollar. Einem der Insider zufolge dürfte das Wachstumstempo zwar nachlassen, aber deutlich über dem Durchschnitt des gesamten Konzerns bleiben. Denn immer mehr Menschen steigen von benzinbetriebenen Autos auf Elektrofahrzeuge um. Alleine die EU peilt bis 2025 eine Million und bis 2030 drei Millionen Ladestationen an. 2020 waren es erst 225.000.

Die Analysten von Goldman Sachs schätzten im Mai, dass der Umsatz des Geschäfts im nächsten Jahr 495 Millionen Dollar (416,5 Mio. Euro) erreichen könnte. Den Wert der Einheit veranschlagten sie auf 3,4 Milliarden Dollar. Investoren setzen große Erwartungen in die Hersteller von Geräten zum Aufladen von Elektrofahrzeugen. US-Konkurrenten wie ChargePoint und Blink Charging werden mit mehr als dem 30-Fachen ihres für 2023 erwarteten Umsatzes gehandelt.