Österreich wappnet sich weiter gegen einen Ausfall russischen Gases. Am Donnerstag hat der Nationalrat eine Regelung beschlossen, wonach der Staat Versorger mit der Vorhaltung und Speicherung von Erdgas beauftragen kann. Industriebetrieben, die Gas einspeichern, werden Sicherheiten gegeben. Die Industrie soll auch im Krisenfall über ihre Gasreserven selbst verfügen können. Erst wenn es die Systemstabilität erfordert, greift der Staat gegen eine Entschädigung auch auf diese Reserven zu. Die Regelungen im einzelnen:
Die Bundesregierung hat am Mittwoch im Ministerrat ein weitreichendes Maßnahmenpaket zur Befüllung der Erdgasspeicher beschlossen. Ungenutzte Gas-Speicherkapazitäten müssen abgegeben werden und der strategisch wichtige Gasspeicher Haidach in Salzburg soll nach Möglichkeit noch heuer an das österreichische Gasnetz angeschlossen werden. Weiters soll die strategische Gasreserve um 7,4 Terawattstunden (TWh) auf 20 TWh aufgestockt werden.
Durch die Aufstockung der Gasreserve wäre der Gasverbrauch von zwei Wintermonaten abgedeckt. Die zusätzliche Gasmenge der strategischen Reserve soll unter Berücksichtigung der Verfügbarkeit am Markt aus nicht-russischen Quellen stammen. "Die Maßnahme wird die Abhängigkeit von russischem Gas deutlich reduzieren", sagte Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) nach dem Ministerrat. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) betonte, man müsse die Resilienz des Standortes Österreich erhöhen und Wachstum generieren.
Österreich ist derzeit bei Gas zu 80 Prozent von Russland abhängig, durch die Aufstockung der strategischen Gasreserve mit nicht-russischem Gas soll der russische Anteil laut Gewessler um 10 Prozentpunkte auf 70 Prozent sinken. Diese Maßnahme wird über den Verordnungsweg erfolgen, eine entsprechende Verordnung werde sie dem Hauptausschuss des Nationalrates "rasch" vorlegen, sagte sie.
Außerdem sollen sämtliche Gasspeicher in Österreich an das österreichische Leitungsnetz angeschlossen werden. Derzeit ist der große Gasspeicher Haidach nur an das deutsche Netz angeschlossen. Ein Teil des Speichers wird von der Gazprom-Germania-Tochter Astora genutzt. Weil Gazprom Germania unter deutscher staatlicher Verwaltung steht, wird dieser Teil befüllt. Der andere Teil steht der Gazprom-Tochter GSA zur Verfügung und ist derzeit leer.
Die RAG Austria AG ist technischer Speicherbetreiber des Gasspeichers Haidach und betreibt auch zehn weitere Speicheranlagen in Österreich. "Durch die heutigen Meldungen wurde nun formell ein Netzanschluss des UGS Haidach direkt in Österreich in die Diskussion gebracht", heißt es von der RAG auf Anfrage der APA. "Die RAG Austria AG hat bereits mit einer entsprechenden Projektierung begonnen und ist selbstverständlich bemüht, diese Pläne rasch in Umsetzung zu bringen." Das wäre noch in diesem Jahr möglich, die Kosten werden auf 10 Mio. Euro geschätzt - wer diese Kosten tragen wird, sei allerdings noch nicht geklärt.
Ob das in Haidach eingespeicherte Gas dann primär für Österreich genutzt werden soll statt für Deutschland, sei keine Entscheidung der RAG. "Woher es kommt und wohin es fließt liegt nicht in unserem Einflussbereich. Die Vermarktung der Speicherkapazitäten (wohin das Gas geliefert wird) obliegt im Fall vom Speicher Haidach den Vermarktern Astora und GSA."
Lesen Sie hier: Der Notfallplan Gas. Was passiert wann?
Nicht an des heimische Gasnetz angeschlossene Speicher in Österreich müssen innerhalb von vier Monaten ab Inkrafttreten einen Antrag auf Netzzugang und Netzzutritt stellen. Darüber hinaus werden Gasspeichernutzer künftig verpflichtet, ungenutzte Speicherkapazitäten anzubieten oder zurückzugeben. Dies ermögliche es anderen Unternehmen, darauf zuzugreifen und die Speicher zu befüllen, hieß es. Bleiben Speicherkapazitäten systematisch ungenutzt, so sind diese durch das Speicherunternehmen nach vorhergehender schriftlicher Ankündigung zu entziehen.