Kommunikation : Geschäfte in Russland – Strategien für Unternehmen

Dan Laufer ist Faculty Member an der WU Executive Academy und berät Unternehmen hinsichtlich Kommunikation und Schadensbegrenzung.

Dan Laufer: „Kommunizieren alleine reicht nicht, man muss auch die entsprechend richtigen Taten setzen“.

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Internationale Konzerne und Unternehmen mit Geschäften in oder Geschäftsbeziehungen nach Russland reagieren unterschiedlich auf den Ukraine-Krieg und die Sanktionen des Westens.

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Von den international beschlossenen Sanktionen gegen Russland sind nicht nur Volkswirtschaften betroffen, sondern vor allem auch westliche Konzerne und Unternehmen, die seit vielen Jahren mit und in Russland Geschäfte machen. Dan Laufer von der WU Executive Academy ist Experte für strategische Krisenkommunikation. Er hilft Unternehmen dabei, in Krisen ihre Reputation zu wahren und Schadensbegrenzung zu betreiben. Doch auch er sagt: „Kommunizieren alleine reicht nicht, man muss auch die entsprechend richtigen Taten setzen“.

Welche Reaktionen haben Konzerne bisher im Umgang mit dem Ukraine-Krieg gezeigt? Und wie sollten sie ihre Entscheidungen am besten kommunizieren? Laufer hat vier typische Szenarien identifiziert, wie westliche Unternehmen auf die wirtschaftlichen Auswirkungen des Ukraine-Krieg reagieren, und rät zu folgenden Kommunikationsstrategien.

Rückzug aus Russland

Strategie 1: Kompletter Rückzug aus Russland.

Alle Standorte in Russland werden geschlossen, die Mitarbeiter gekündigt. Das Unternehmen zieht sich auf unbestimmte Zeit aus dem Land zurück. „Das haben viele Konzerne auch im Zuge der Sanktionen getan. Es ist aber stets die Frage, wie groß der Anteil meines Business in Russland war. Nicht jeder kann sich das leisten aus der Unternehmensperspektive heraus“, so Laufer.

Mehr als 750 von untersuchten 1000 Konzernen und Ketten hätten sich komplett aus dem Land zurückgezogen, wie eine Auflistung der Yale School of Management zeigt (mehr dazu hier).

„Unternehmen, die ihr Business vollständig in Russland gestoppt haben, wurden in der Öffentlichkeit am positivsten wahrgenommen. Zum Teil auch wegen der internationalen Sanktionen mussten sie entsprechend agieren. Sie haben wegen des Geschäftsentganges nicht nur höhere Kosten, sondern auch höhere Einnahmen", so Laufer. "Denn: Die Konzerne werden für den Exit aus Russland mit höheren Aktienkursen belohnt – so etwa bei der Société Generale geschehen. Umgekehrt müssen Unternehmen, die in Russland bleiben, mit den höchsten Kosten und großem Schaden in ihrer Reputation und Marke rechnen."

So sollte die Kommunikation aussehen: „Kommunizieren Sie den Rückzug mit dem Argument, dass es im Moment keine andere Lösung für das Unternehmen gibt. Bleiben Sie aber mit den Stakeholdern und Kooperations- und Geschäftspartnern in Russland weiterhin in gutem Kontakt."

Laufer gibt auch zu bedenken: „Nicht alle Unternehmen konnten sofort das Land verlassen, einige sind geblieben – nicht immer, weil sie es wollten.“ So gebe es mitunter „komplizierte Regularien, die einen raschen Rückzug verhindern. Franchise-Unternehmen sind beispielsweise an bestimmte Auflagen und Verträge gebunden. Ist das der Fall, so ist es wichtig, den schrittweisen Rückzug bzw. den Noch-nicht-Rückzug offen und proaktiv gegenüber den Mitarbeitern, in der Öffentlichkeit und gegenüber Kunden zu kommunizieren. Andernfalls würde der Ruf des Unternehmens rasch beschädigt werden.

Auf Eis gelegt oder Business as usual

Strategie 2: Business mit Russland auf Eis legen. Wenn der russische Markt zum wichtigen Teil des Kerngeschäfts gehört, ist es auch für westliche Unternehmen schwierig, alle Zelte abzubrechen.

So sollte die Kommunikation aussehen: "Auch hier ist es besonders wichtig, mit den Stakeholdern in gutem Austausch und Kontakt zu bleiben und auch hier die Entscheidung nachvollziehbar zu argumentieren – ebenso, dass die Entscheidung nichts mit der Qualität der Zusammenarbeit zu tun hat", rät Laufer. "Zudem helfen regelmäßiger Austausch und Updates dabei, nach Kriegsende womöglich wieder das Geschäft aufnehmen zu können.“

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Strategie 3: Expansionspläne auf Eis, aber sonst aktiv. Davon rät Dan Laufer allerdings ab: „Das reicht vielen Kunden und Meinungsmachern in der Öffentlichkeit nicht als Positionierung gegen Russland, sondern wirkt wie Whitewashing."

Auch hierfür gibt es einen Kommunikationstipp – nämlich wie die Kommunikation nicht aussehen sollte. „Auch wenn Unternehmen behaupten, dass sie nicht expandieren, laufen ihre Geschäfte in Russland ja wie gehabt weiter. Als negativ wahrgenommene Aktionen kann man mit Kommunikation ab einem gewissen Grad nicht mehr kompensieren. Diese Unternehmen müssen also damit rechnen, dass zumindest ihre westlichen Kunden ihnen diese Entscheidung dann übelnehmen.“

Strategie 4: Business as usual.

„Diese Unternehmen sind in der Minderheit und auch meist keine westlichen Konzerne, sondern chinesische oder asiatische Unternehmen, die ihr Kerngeschäft mit Russland betreiben, zum Teil auch pro-russisch sind und in arge Turbulenzen kämen, wenn sie ihr Business in Russland aufgeben würden“, sagt Laufer.

Wenn diese Unternehmen auch viele Kunden im Westen haben, könnte sich das aber negativ auf sie auswirken.

Dan Laufers Fazit:„Manchmal ist es einfach wichtig, nach den eigenen Werten als Unternehmen zu handeln – und dabei den Schaden so gering wie möglich zu halten. In der Regel belohnt das auch die Kundschaft, wenn man offen Stellung bezieht."